Hiroshima: Stille am 80. Jahrestag des Atombombenabwurfs
6. August 2025Zehntausende Menschen haben in der japanischen Stadt Hiroshima der Opfer des Atombombenabwurfs vor 80 Jahren gedacht. Bürgermeister Kazumi Matsui warnte in seiner Ansprache vor einer weltweiten Aufrüstung, die zu beobachten sei. Die Lehren, welche die internationale Gemeinschaft aus den geschichtlichen Tragödien hätte ziehen müssen, würden missachtet, betonte Matsui.
Zugleich rief er die junge Generation auf, den Kampf gegen Nuklearwaffen fortzusetzen: Sie stelle die Führungskräfte von morgen und müsse erkennen, "dass fehlgeleitete Entscheidungen in Fragen der Militärausgaben, der nationalen Sicherheit und der Atomwaffen völlig unmenschliche Folgen haben können", so der Bürgermeister.
Genau um 8.15 Uhr (Ortszeit) legten die rund 55.000 Teilnehmer der Gedenkfeier eine Schweigeminute ein. Es war der Zeitpunkt, an dem US-Pilot Paul Tibbets auf Befehl seines Präsidenten Harry Truman mit einem B-29-Bomber die erste jemals eingesetzte Atombombe mit dem Codenamen "Little Boy" ("kleiner Junge") über Hiroshima abgeworfen hatte.
An jenem 6. August 1945 wurden Zehntausende Bewohner der japanischen Stadt im Südwesten der Hauptinsel Honshu sofort getötet. Insgesamt starben bis zum Ende des letzten Kriegsjahres schätzungsweise 140.000 Menschen.
Drei Tage nach dem Abwurf über Hiroshima warfen die Vereinigten Staaten noch eine zweite Atombombe über der Stadt Nagasaki auf der Insel Kyushu ab. Kurz darauf kapitulierte das japanische Kaiserreich.
"Atomwaffen weder produzieren noch besitzen, noch erlauben"
Japans Ministerpräsident Shigeru Ishiba erklärte, es sei die Aufgabe seines Landes, "die Führung zu übernehmen auf dem Weg zu einer Welt ohne Atomwaffen". Die Regierung werde an den drei Prinzipien festhalten, wonach Japan Atomwaffen weder produziert noch besitzt, noch auf eigenem Boden erlaubt.
Allerdings rüstet Japan angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, des Machtstreben Chinas und der Bedrohung durch Nordkorea militärisch stark auf. Einzelne Stimmen in der öffentlichen Debatte fordern sogar eine atomare Bewaffnung des Landes. Den verbliebenen Überlebenden, den "Hibakusha", fällt es zunehmend schwerer, die Erinnerung wachzuhalten. Die Wirkung ihrer Augenzeugenberichte und Appelle gegen Nuklearwaffen verblasst.
Experten wie Mordecai George Sheftall, Professor für moderne japanische Kulturgeschichte an der Universität Shizuoka, beschreiben einen schleichenden Niedergang des seit Jahrzehnten tief in Japans Gesellschaft verankerten Pazifismus. So würden Friedenserziehungsprogramme durch konservative Politiker und Bildungsbürokraten ausgehöhlt.
In der Folge wüssten japanische Jugendliche heutzutage so gut wie nichts über den Krieg, erklärte der Wissenschaftler vor ausländischen Journalisten - "abgesehen von dem, was sie aus sensationsheischenden Manga-Comics, rührseligen TV-Dramen und Kinofilmen oder reißerischen Internetinhalten aufschnappen können".
"Verstehen, was passiert ist"
Die japanische Organisation Nihon Hidankyo, die im vergangenen Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden war, vertritt die 99.130 "Hibakusha", die es laut dem Gesundheitsministerium noch gibt. Der Ko-Vorsitzende der Organisation, Toshiyuki Mimaki, sagte japanischen Medien vor der Gedenkzeremonie: "Ich wünschte mir, dass ausländische Gesandte das Friedensdenkmal besuchen und verstehen, was passiert ist."
Diesmal waren nach Angaben der Stadtverwaltung Vertreter von 120 Ländern und Regionen bei den Feierlichkeiten dabei, allerdings nicht aus den Atommächten Russland, China und Pakistan. Am Rande gab es Demonstrationen gegen wachsende Waffenbestände in vielen Regionen der Erde. Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI hatte im Juni vor einem "gefährlichen neuen nuklearen Wettrüsten" gewarnt und dies damit begründet, dass fast alle der neun Atomwaffenstaaten ihre Arsenale modernisierten.
jj/wa (dpa, afp)
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