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Görlach Global: Taiwan, Trump und das große Pokerspiel

Alexander Görlach
5. März 2025

Taiwan bangt um die US-Unterstützung: Wird Trump die Insel schützen oder sie in einem "Deal" mit China opfern? Entscheidend bleibt, wie lange die USA auf Taiwans Halbleiter angewiesen sind, schreibt Alexander Görlach.

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Taiwan High Tech | High-Tech/Halbleiter-Ingenieure
Dee Chipgigant TSMC baut die US-Produktion für Halbleiter aus.Bild: Wally Santana/AP Photo/picture alliance

Auf Taiwan verfolgt man aufmerksam, wie sich das Drama zwischen der Trump-Administration und der von Russland überfallenen Ukraine entwickelt. Seit Beginn der Invasion vor nun mehr als drei Jahren haben viele Taiwaner Sympathien für den Kampf der Ukrainer entwickelt. Zwar gibt es Unterschiede zur eigenen Lage, doch einige Parallelen sind nicht von der Hand zu weisen. In beiden Fällen steht eine demokratische Gesellschaft durch eine diktatorische Übermacht, die ihren Einfluss ausweiten will, unter Druck. Die Menschen auf Taiwan fiebern daher mit den Ukrainern mit und hoffen auf deren Erfolg gegen Moskau.

China hat für Verbündete gesorgt

Chinas Machthaber Xi Jinping beobachtet genau, wie sich Putins Krieg entwickelt – nicht zuletzt, um mögliche Lehren für sein eigenes Vorgehen gegenüber Taiwan zu ziehen. Klar ist jedoch, dass Peking in den vergangenen Jahren verstärkt diplomatische Anstrengungen unternommen hat, um international seine Sichtweise auf Taiwan zu verbreiten. Besonders im Globalen Süden haben einige Staaten die chinesische Rhetorik übernommen. Sollte Xi dennoch eines Tages einen Angriff wagen, könnte er sich darauf verlassen, dass einige Länder auf Chinas Seite stehen.

Alexander Görlach | Autor DW-Kolumne | Görlach Global
DW-Kolumnist Alexander GörlachBild: privat

Aus Donald Trumps Umfeld verlautete mittlerweile mehr als einmal, dass der US-Präsident gedenkt, einen "ganz großen Deal" mit China zu machen. Wie dieser genau aussehen und was er enthalten soll, bleibt unklar. Gleichzeitig hat Trump die Strafzölle auf chinesische Importe erneut um zehn Prozentpunkte erhöht, womit sie in seiner aktuellen Amtszeit nun bei 20 Prozent liegen. Diese Maßnahmen belasten Chinas Wirtschaft, doch ob sie Teil eines größeren Verhandlungspokers sind, ist offen. Wie dieser "ganz große Deal" mit Peking aussehen soll – insbesondere vor dem Hintergrund der gleichzeitigen Annäherung der USA an Russland, die Beobachtern zufolge darauf abzielt, Moskau und Peking zu entzweien – bleibt weiterhin unklar.

Schutz Taiwans durch Halbleiter garantiert?

Auf Taiwan gibt es die Sorge, dass Donald Trump die Unterstützung für die Insel zurückfahren könnte, wenn es ihm politisch oder wirtschaftlich opportun erscheint und Xi das von ihm fordern würde. Zwar hat Trump erst kürzlich erklärt, eine chinesische Invasion Taiwans wäre "katastrophal", doch seine langfristige Haltung bleibt unvorhersehbar. Solange Amerikas Versorgung mit den fortschrittlichsten Chips von der Insel abhängt, könnte eine gewisse Schutzgarantie wahrscheinlich sein.

TSMC investiert 100 Milliarden US-Dollar in die USA – Ankündigung durch Präsident Trump
Ankündigung durch Präsident Trump: TSMC investiert 100 Milliarden US-Dollar in die USA. Bild: Abaca/IMAGO

Bislang war die Unterstützung Taiwans im US-Kongress überparteilicher Konsens – sowohl Demokraten als auch Republikaner betonten das Recht der Insel, über ihr eigenes Schicksal zu entscheiden. Doch Trump tut alles, um die wichtigsten Entscheidungen in der Hand des Präsidenten zu bündeln, um so das US-Parlament übergehen zu können.

Derweil hatte sich der US-Präsident an die Adresse Taiwans beschwert, dass die kleine Inselnation die USA ihrer Perspektive in der Halbleiter-Produktion genommen habe. Daher hat Taiwans führender Chiphersteller TSMC jetzt angekündigt, zusätzlich zu den bereits zugesagten 65 Milliarden weitere 100 Milliarden Dollar in ein Werk in Arizona zu investieren. Dann sollen künftig auch die hochkomplexen und kostbaren Chips direkt in den USA produziert werden.

Taiwan hatte bislang seine sensiblen Produktionsstätten ausschließlich auf der Insel behalten. Dieser "Silikon-Schild” war eine Sicherheitsgarantie, dass die USA und ihre Verbündeten Taiwan tatsächlich zu Hilfe eilen würden, sollte China angreifen. Wenn schon nicht aus Liebe zu Taiwan, dann doch wenigstens, um sich den Zugang zu den sehr wichtigen Chips zu sichern.

Ohne die USA geht es nicht

Sollten die USA nun als Schutzschild ausfallen, müssten die Länder in der Region, die ebenfalls um ihre Sicherheitsallianz mit Trump-Amerika fürchten, neue Wege zur Zusammenarbeit finden. Im Falle Taiwans bestehen bereits gute Verbindungen zu den Philippinen und Japan. Beide Länder sehen sich Provokationen Pekings und – im Falle Japans – auch seines Vasallen Nordkorea ausgesetzt. Unter der Biden-Administration hat Washington kleinere Bündnisse, sogenannte "mini-laterals", in der Region gestärkt, um eine lokale Sicherheitsarchitektur aufzubauen. Doch ob diese im Ernstfall ohne die USA gegen China bestehen könnte, ist fraglich.

In Taiwan wächst die Sorge um die Partnerschaft mit den USA

Denn wie in Europa auch, kann das große Ganze nur dann funktionieren, wenn die USA irgendwie im Boot bleiben. Fraglich ist auch, ob Japan oder die Philippinen für Taiwan einen Krieg mit China riskieren würden. Wenn Donald Trump Taiwan nicht kaltblütig abstößt, wie einige befürchten, dann wird er in jedem Fall den Preis für den Fortbestand existierender Sicherheitsgarantien ganz sicher weiter in die Höhe treiben.