Großer Andrang auf der Via Dolorosa
2. April 2010Tausende Gläubige sind am Freitag (02.04.2010) durch Jerusalem gepilgert. Seit den frühen Morgenstunden mischten sich in den engen Gassen der Altstadt orthodoxe Gruppen mit großen Kreuzen sowie katholische und protestantische Gläubige. Auf der Via Dolorosa gingen Christen die 14 Stationen vom Kalvarienberg bis zur Grabeskirche nach, die Jesus nach Überlieferung des Neuen Testaments vor seiner Kreuzigung zurücklegte.
Zur Absicherung der christlichen Feiertage Karfreitag und Ostern hat die israelische Polizei nach eigenen Angaben 2500 Mann im Einsatz. Zwischenfälle wurden bislang nicht gemeldet.
Zollitsch räumt Fehler ein
In Deutschland nahmen viele katholische und evangelische Bischöfe in ihren Karfreitagspredigten zu den Missbrauchsfällen in kirchlichen Einrichtungen Stellung. Der Vorsitzende der Deutschen Katholischen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, räumte Fehler im Umgang mit den Opfern ein.
Die Kirche habe den Missbrauchsopfern in den vergangenen Jahrzehnten zu wenig geholfen, heißt es in einer schriftlichen Erklärung des erkrankten Freiburger Erzbischofs. "Heute wird uns bewusst, dass in einer anderen gesellschaftlichen Situation durch die Enttäuschung über das schmerzliche Versagen der Täter und aus falsch verstandener Sorge um das Ansehen der Kirche der helfende Blick für die Opfer nicht genügend gegeben war", betonte Zollitsch. "Auch das ist eine leidvolle Realität, der wir uns zu stellen haben."
Die Nachrichten über den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch Mitarbeiter der Kirche erfüllten die Kirche mit Trauer, Entsetzen und Scham. "Es erschüttert uns, welches Leid den Opfern zugefügt wurde, die oft über Jahrzehnte hinweg ihre Verletzungen nicht in Worte fassen konnten."
"Verrat am Evangelium"
Zollitschs Vorgänger an der Spitze der Deutschen Bischofskonferenz, der Mainzer Kardinal Karl Lehmann, warf den Tätern einen Verrat am Evangelium vor. Sie schwächten und verrieten die göttliche Botschaft, die gerade die Kinder in die Mitte stelle, sagte Lehmann im Mainzer Dom.
Der evangelische Bischof von Berlin, Markus Dröge, sagte in seiner Karfreitagspredigt, das Ausmaß an Erniedrigung und seelischer Grausamkeit, das den Kindern und Jugendlichen von vertrauten Personen angetan wurde, sei unvorstellbar. Die Perspektive der Opfer habe nun endlich Vorrang und könne zur Sprache kommen.
Papst hält sich bedeckt
Papst Benedikt XVI. ging in seiner Predigt am Gründonnerstag im Petersdom in Rom nicht auf die Missbrauchsfälle ein. Er rief jedoch die Priester auf, "in der Gemeinschaft mit Jesus Christus Menschen des Friedens zu sein, der Gewalt entgegenzustehen und der größeren Macht der Liebe zu vertrauen".
Der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz, Stephan Ackermann, forderte eine Verschärfung der kirchlichen Leitlinien. Dem Berliner "Tagesspiegel" vom Samstag sagte der Bischof von Trier: "Wenn es einen Missbrauchsfall gibt, muss ein forensisches Gutachten über den Täter erstellt werden, egal, ob der Fall verjährt ist oder nicht. Das müssen wir unbedingt in die Leitlinien der Bischofskonferenz aufnehmen."
Der Bischof widersprach der unter anderem von seinem Kollegen Walter Mixa geäußerten Auffassung, die Liberalisierung der Jahre nach 1968 sei für die Missbrauchsfälle mitverantwortlich. Ackermann wies daraufhin, dass die jetzt bekanntgewordenen Taten bis in die 50er Jahre zurückreichten. "Für den Missbrauch an Kindern und Jugendlichen können wir die sexuelle Revolution nicht verantwortlich machen." Verantwortlich seien die Täter.
Mixas Angebot abgelehnt
Mixa hatte am Donnerstag Vorwürfe, er habe in den 1970er rund 80er Jahren als Pfarrer in Schrobenhausen Kinder eines Heimes in der bayerischen Stadt geprügelt, entschieden zurückgewiesen. Ein Gesprächsangebot Mixas wurde nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" von bislang zwei der sechs ehemaligen Heimkinder abgelehnt, die ihre Vorwürfe mit eidesstattlichen Versicherungen untermauert hätten.
Autor: Michael Wehling (kna, epd, dpa, afp)
Redaktion: Dirk Eckert