Griechische Migrationspolitik: Das Prinzip Abschreckung
4. September 2025Der erste Gesetzentwurf, der nach der Sommerpause im griechischen Parlament diskutiert und verabschiedet wurde, betraf die illegale Einwanderung. Die konservative Regierung unter Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis will strengere Maßnahmen ergreifen, um die Rückführung von Personen, die keinen Anspruch auf Asyl haben, zu erleichtern.
Die Idee hinter dem Gesetzentwurf von Migrationsminister Thanos Plevris ist Abschreckung: Wer illegal in Griechenland ankommt, wird im Gefängnis landen. Und wer illegal in Griechenland lebt, kann keine Hoffnung haben, je einen legalen Status zu erlangen. Bisher hatten irreguläre Zuwanderer immerhin die Chance, nach mindestens sieben Jahren Aufenthalt und Arbeit in Griechenland eine Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen und unter besonderen Umständen auch zu bekommen.
Mit den neuen Maßnahmen sollen Menschen, die über das Mittelmeer nach Europa flüchten, davon abgehalten werden, in Griechenland an Land zu gehen. Im Juni und Juli machten vor allem die auf der beliebten Ferieninsel Kreta ankommenden Flüchtlinge Schlagzeilen. Die meisten von ihnen waren in Libyen in die Boote gestiegen. Doch auf Kreta und der vorgelagerten Insel Gavdos waren sie nicht willkommen.
"Kein freundliches Land"
Schon am Anfang der Parlamentsdebatte wollte Plevris seinen Standpunkt unmissverständlich klar machen, indem er sich an einen fiktiven Flüchtling wandte, der über Libyen nach Europa gelangen will: "Diejenigen, die dir gesagt haben, dass Griechenland ein freundliches Land ist, haben dich getäuscht", sagte er. Der Minister, der seine politische Karriere als Rechtsradikaler in der christlich-orthodoxen nationalistischen Partei LAOS begonnen hat und 2012 zur liberal-konservativen Nea Dimokratia gewechselt ist, wollte beweisen, dass niemand strenger gegenüber den "Illegalen" sei als er selbst.
Die wichtigste Neuregelung in seinem Gesetz: fünf Jahre Gefängnis für Asylbewerber, deren Antrag in zweiter Instanz abgelehnt wurde. Er sei stolz auf die künftige Prozedur, erklärte Plevris und beschrieb die Einzelheiten geradezu genüsslich: "Wenn dein Antrag abgelehnt wird, kommt die elektronische Fußfessel zum Einsatz. Du musst das Land verlassen, weil du jetzt illegal bist. Aber weil es die Richtlinie vorschreibt, gebe ich dir bis zu deiner Abreise einen Zeitrahmen, in dem ich dich überwachen werde. Sobald ich dich unter Aufsicht habe, werde ich dich zurückschicken, dorthin, wo du herkommst. Und sobald der Moment kommt, hast du die Wahl: Entweder gehst du für fünf Jahre ohne Bewährung ins Gefängnis oder du kehrst zurück."
Plevris ist davon überzeugt, dass die Härte des Gesetzes abschreckend wirken wird. Als Erfolgsbeispiel nannte er die - sehr umstrittene - vorläufige Aussetzung des Asylrechts im Juli 2025 für jeden Geflüchteten, der aus Tobruk in Libyen nach Kreta kommt. Seitdem wurden viel weniger Ankünfte auf der Insel registriert. Im August waren es nur 689, gegenüber 3624 im Juli. Ob Plevris' Härte zu dieser Reduzierung geführt hat oder die starken Winde, die im August das Mittelmeer gefährlich machten, ist ungeklärt.
Internationale Organisationen gegen das Gesetz
Fakt ist dagegen, dass alle Behörden und Organisationen, die direkt oder indirekt mit Migration zu tun haben, ihre Vorbehalte und Einwände gegen den Gesetzentwurf von Plevris geäußert hatten. Sowohl Vertreter des Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) und des Europarates als auch der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und der Nationalen Kommission für Menschenrechte meldeten sich zu Wort. Auch Amnesty International (AI), der Griechische Rat für Flüchtlinge, die griechischen Anwaltskammern und sogar der griechische Ombudsmann sprachen sich gegen den Gesetzentwurf aus. Doch dem Minister waren die Einwände der Fachleute und der Widerspruch der Menschenrechtsverteidiger egal.
"Die Behörden erlassen keine Gesetze, sondern die Regierung", sagte er und berief sich auf die Mehrheit der Griechen, die sich laut Umfragen eine härtere Politik wünschten. In der Tat befürworteten in einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Greek Public Opinion (GPO) für das Portal Parapolitika.gr vom 25. Juli fast 80 Prozent der Befragten die Festnahme und Rückführung von Migranten, die illegal nach Griechenland einreisen.
Rechtsextreme nicht zufrieden
In der Parlamentsdebatte versuchte der griechische Migrationsminister vor allem, gegenüber den rechten Oppositionsparteien zu punkten. Auf der einen Seite, sagte er, stünden die Rechte einer Person, deren Asylantrag abgelehnt wurde - und auf der anderen Seite die Rechte der griechischen Bürger, die wollten, dass ihr Heimatland geschützt und die illegale Einwanderung bekämpft werde. "Auf dieser Waage neigt sich das Pendel zugunsten der Griechen, ob es Ihnen gefällt oder nicht", donnerte er gegenüber all jenen, die auf die Einhaltung der Menschenrechte pochten.
Trotz seiner Rhetorik konnte Plevris die Stimmen der Oppositionsparteien rechts von der konservativen Nea Dimokratia (ND) nicht für sein Gesetz gewinnen. Seine Entschlossenheit, den Geflüchteten das Leben schwer zu machen, ging ihnen nicht weit genug.
Fremdenfeindliche Demagogie
Auch alle Oppositionsparteien links der ND stimmten gegen das Gesetz. Die sozialdemokratische PASOK beschuldigte Plevris der extremen fremdenfeindlichen Demagogie. Syriza warf der Regierung vor, für Griechenland die Rolle des "Gefängniswärters" zu akzeptieren, anstatt kollektive Lösungen, legale und sichere Durchgangswege und ein gemeinsames Asylprüfungssystem in Europa zu fördern. Die Kommunistische Partei sprach von einem unmenschlichen, rassistischen Gesetz. Und alle zusammen behaupteten, dass mit diesem Gesetz die legitimen Rückführungen von Personen, die keinen Anspruch auf Asyl haben, nicht leichter würden. Dafür brauche man Diplomatie, mehrere Abkommen mit den Herkunftsländern und mit den sogenannten "sicheren" Drittstaaten.
Laut dem griechischen Flüchtlingsrat sind die Ankündigungen über Rückführungen nicht einfach umzusetzen, vor allem nicht so schnell, wie es nötig wäre, um die Haftanstalten zu entlasten. Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass die Zahl der inhaftierten Personen bald stark ansteigen wird. Die griechischen Gefängnisse sind jedoch schon jetzt hoffnungslos überfüllt, und mit dem neuen Gesetz wird die Situation noch katastrophaler.
Im Jahr 2024 wurden insgesamt 5865 Ausländer aus Griechenland zurückgeführt. 38 Prozent waren Georgier, 35 Prozent Albaner, 6,6 Prozent Pakistaner und 2,1 Prozent kamen aus Bangladesch.
Die griechische Öffentlichkeit hat sich nicht besonders mit dem Antimigrationsgesetz beschäftigt, fast keine griechische Zeitung fand am Tag nach der Verabschiedung für das Thema einen Platz auf der Titelseite.