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Goran Svilanovic: Wir sprechen über den Kosovo-Status in der falschen Hoffnung, dass die Status-Frage alle übrigen Probleme lösen wird

6. Juni 2003

– Außenminister von Serbien-Montenegro betrachtet Aufnahme des Dialogs und Vertrauensbildung als vorrangig

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Köln, 5.6.2003, DW-radio/Serbisch, Ljiljana Guslov-Renke

Im Rahmen unserer Interview-Serie anlässlich des vierten Jahrestages [am 10.6.] der internationalen Kosovo-Verwaltung haben wir heute den Außenminister von Serbien und Montenegro zu Gast. Das Gespräch mit Minister Svilanovic führte Ljiljana Guslov.

Frage:

Was ist in den letzten vier Jahren in Bezug auf die Lösung des Kosovo-Problems erreicht worden?

Antwort:

Die Bürger von Serbien und Montenegro sowie unsere Regierung sind absolut und völlig unzufrieden mit der aktuellen Situation in Kosovo. Ich denke dabei in erster Linie an die Tatsache, dass die Rückkehr nach Kosovo absolut ethnisch gefärbt war. Zurückgekehrt sind ausschließlich die Albaner und niemand sonst. Die Serben und die Roma verlassen weiterhin Kosovo. In diesem Zusammenhang kann ich nur die Tatsache erwähnen, dass wir in diesem Augenblick eine große Zahl vorwiegend Roma haben, die aus dem Kosovo auf das Territorium von Mazedonien während der Bombardierung geflüchtet waren. Bis jetzt konnten sie nicht zurückkehren, und zwar wegen des ausdrücklichen Verbots der UNMIK mit der Begründung, dass es die albanische Gemeinschaft in diesem Augenblick nicht akzeptieren würde, dass sie in ihre Dörfer und Städte im Kosovo zurückkehren.

Frage:

Welche Schritte müssen kurzfristig unternommen werden?

Antwort:

Man sollte sich ernsthafter in der Bekämpfung der organisierten Kriminalität, des Menschen-, Waffen- und Drogenhandels, des Zigaretten- und Alkoholschmuggels engagieren, was zur Zeit für Kosovo bezeichnend ist. Wir verfolgen dabei einen Prozess, der sehr ernst zu nehmen ist und auf den wir heute überhaupt keinen Einfluss nehmen konnten. Es ist der Prozess der Übertragung der Kompetenzen auf die gewählten Organe im Kosovo, die bis jetzt nicht gezeigt haben,

dass sie die Verpflichtungen, die sie haben, auch wirksam erfüllen können.

Es gibt ein falsches Bild von der Lösung der Status-Frage - und das heißt in den Augen der politischen Elite des albanischen Volkes die Unabhängigkeit von Kosovo - dass das alle anderen Probleme lösen würde. Die Probleme sind tief verwurzelt, und sie sind im wesentlichen nicht anders als die Probleme in Serbien und Montenegro und in den Nachbarländern, und zwar die sehr schwere soziale Situation, die Wirtschaftsrezession, der Investitionsmangel und eine stark organisierte Kriminalität. Das erfordert starke Institutionen, die sich dagegen wehren und eine wirtschaftliche Entwicklung ermöglichen.

Kosovo ist ein Problem von Serbien und Montenegro. Das ist auch ein regionales Problem und wir verstehen die Besorgnis der Regierungen in den Nachbarländern, weil wir wissen, dass sie an der Stabilität einiger Länder interessiert sind und dass sie als eine Gefahr für diese Stabilität die ungelöste Status-Frage Kosovos sehen.

Frage:

Wie könnte die Status-Frage gelöst werden?

Antwort:

Wenn wir stabile Institutionen hätten, die sowohl in den Nachbarländern als auch in Kosovo funktionieren würden, hätten die Gespräche über den Status wahrscheinlich anders ausgesehen. Aber in diesem Augenblick, da keine der Fragen im Kern gelöst ist oder so gelöst ist, dass das Leben auf dem Balkan erträglich wird, sprechen wir über den Status in der falschen Hoffnung, dass die Status-Frage alle anderen Probleme lösen wird.

Mir scheint es, dass auf der politischen Ebene der Prozess der Dezentralisierung wesentlich ist, der auch ein Prozess der Gegenwart anderer Völker im Kosovo ist. Ich glaube, dass es der normale Weg wäre, die Herstellung des Dialogs und die Vertrauensbildung in den Fragen, die wir gemeinsam lösen können, zu erzielen - um dann zu komplizierten Fragen zu kommen, wie der Definierung des Status. Das sollte einen ungestörten Fortschritt aller Menschen in Serbien und Montenegro und damit auch im Kosovo ermöglichen, der zur europäischen und euro-atlantischen Integration führt, wo wir zusammen mit anderen die Stabilität der Region und natürlich den wirtschaftlichen Fortschritt ausbauen sollten.

Die Europäische Union ist eines der Ziele, das - ganz klar - alle in Kosovo, in Serbien und Montenegro und in den Nachbarländern teilen. Das könnte einer der Schlüssel sein. Ein anderer Schlüssel ist der Ausbau eines kollektiven Sicherheitssystems, der Beitritt zur "Partnerschaft für den Frieden" und später zur NATO.

(...) (md)