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Glückliche Dankbarkeit

31. Dezember 2013

„Gott nahe zu sein ist mein Glück“, so lautet die Losung für das Jahr 2014. Ralf Meister, Bischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, denkt darüber nach, wie dieser Satz uns im neuen Jahr begleiten kann.

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Liebe im Alter
Bild: picture-alliance/Frank May

Glücklich sein zu müssen ist anstrengend

Ein biblisches Motto über jedem Jahr ist die Jahreslosung. Für 2014 heißt sie „Gott nahe zu sein ist mein Glück“. Das scheint sich nahtlos in die inflationäre Fülle der Ratgeberliteratur rund um die Frage „Wie werde ich glücklich?“ einzufügen. Wie werde ich glücklich im Beruf, in der Ehe, mit meinem Körper? Wie werde ich glücklich mit meinen vergeblichen Liebschaften? Jede und jeder wird über glückliche Momente oder versagtes Glück, also Unglück, erzählen können.

Menschen sind auf der Suche nach Glück, kaufen Bücher und Zeitschriften, lesen Studien und Umfragen, die ihnen erklären, wie es zu finden ist. „Jeder ist seines Glückes Schmied“, so formuliert schon der Volksmund. Der Glaube daran, dass Glück bei gutem Willen machbar ist, passt trefflich in eine Zeit, die an die Machbarkeit der Dinge glaubt Und damit wächst zugleich der Druck, glücklich zu sein. Glücklichsein wird zum Muss. Und dies nun auch noch mit biblischer Unterstützung?

Doch welche Überraschung: Glück in der Bibel gibt es nicht. Jeder Blick in theologische Nachschlagewerke enttäuscht: Kein Glück im Sinne von: „Schicksal, Geschick oder Ausgang einer Sache“, wie es das Wort im Deutschen ursprünglich bezeichnet.

Wahres Glück findet sich nur in der Nähe zu Gott

Blickt man auf den gesamten Text, dem die Losung entnommen ist, den Psalm 73, dann wird deutlich, dass der Beter dieses 73. Psalms in einer Situation der Anfechtung ist. Er fragt sich, was denn nun wirklich gut für sein Leben ist. Und diese Frage schlägt eine Brücke zum Begriff Glück. Es geht nicht allein um die ethisch-rationale Frage nach dem Guten. Vielmehr geht es um die ganze Weite des Lebens mit seinen emotionalen und irrationalen Wendungen.

Wer hat Glück? Und warum? So fragt der Psalmbeter. Im Alten Testament wird das oft eindeutig beantwortet: Gottgefälliges Leben wird folgerichtig und automatisch von Gott mit einem erfüllten Leben gesegnet, umgekehrt ein gottloses Leben bestraft. Diese Theologie sieht in der Ordnung der Schöpfung Gottes auch einen Zusammenhang zwischen dem Handeln und dem Ergehen des Menschen. Der Beter des Psalms aber sieht das anders. Er verarbeitet die Erfahrung, dass diese weisheitliche Lebensordnung eben nicht zutrifft.

Für den Psalmbeter sind alle damaligen Bilder vom Glück – Gesundheit, Erfolg, Reichtum, öffentliches Ansehen, gesellschaftlicher Einfluss –nur scheinbares Glück. Wahres Glück findet sich allein in der Nähe zu Gott.

Das Glück, das Gott uns schenkt, verändert nicht die Welt, aber uns

Es ist ein anderes Glück, als wir uns das vielleicht vorstellen. Es umfasst auch Leid und Ungerechtigkeit. Diese werden nicht relativiert, aber sie werden anders angesehen. Diese Gottesbeziehung bedeutet letzten Endes, dass Gott mich liebt. Diese Liebe, dieses Glück ist ein Geschenk und völlig unverdiente Gnade.

Ich kann es mir wünschen, ich kann es mir erhoffen, aber ich kann es nicht einfordern. Ein Recht darauf gibt es nicht. Ich kann nur dafür dankbar sein. Und ich wünsche uns, dass im neuen Jahr diese Erfahrung immer wieder real wird: Gottes Nähe und Gottes Liebe, die uns glücklich und dankbar machen. Gottes Nahen ist gut für uns.

Ralf Meister
Bild: Privat

Ralf Meister ist 1962 in Hamburg geboren und seit 26. März 2011 Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Er war zuvor drei Jahre Generalsuperintendent in Berlin und sieben Jahre Propst in Lübeck. Meister war Autor von Morgenandachten im NDR und im Deutschlandfunk und über sechs Jahre Sprecher beim "Wort zum Sonntag" in der ARD. Er ist verheiratet und Vater von drei Kindern.