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KonflikteNahost

Gaza: Kairos Wiederaufbauplan als Alternative zur "Riviera"

5. März 2025

Laut den ägyptischen Vorstellungen sollen die Bewohner des Gazastreifens dort auch in Zukunft leben können. Die Überlegungen des US-Präsidenten sehen bekanntlich anders aus. Teuer wird es aber in jedem Fall.

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Zahlreiche Zelte eines Camps für Vertriebene im Westen der Stadt Gaza
Die triste Realität: Ein Camp für Vertriebene im Westen der Stadt Gaza Bild: Jehad Alshrafi/AP Photo/picture alliance

Der von Ägypten erarbeitete Wiederaufbauplan für den palästinensischen Gazastreifen soll auch der Europäischen Union und den USA vorgelegt werden. Das sagte Ägyptens Außenminister Badr Abdel-Atti zum Ende eines Gipfeltreffens der Arabischen Liga in Kairo. Sein Land wolle für den Plan eine möglichst breite internationale Unterstützung gewinnen und damit den umstrittenen Vorschlägen von US-Präsident Donald Trump etwas entgegensetzen.

Ägyptens Außenminister Badr Abdel-Atti und sein Amtskollege aus Bahrain, Abdul Latif bin Rashid Al Zayani, gut gelaunt im Gespräch
Gute Laune: Ägyptens Außenminister Badr Abdel-Atti (r.) und sein Amtskollege aus Bahrain, Abdul Latif bin Rashid Al ZayaniBild: Amr Abdallah Dalsh/REUTERS

Der von Ägypten ausgearbeitete Plan sieht über einen Zeitraum von rund fünf Jahren zunächst die Beseitigung der Trümmer im Gazastreifen und dann den Bau von vorübergehenden und dauerhaften Unterkünften für die dort lebenden Palästinenser vor. Insgesamt ist von hunderttausenden neuen Wohnungen für drei Millionen Bewohner die Rede. Zudem sollen bis 2030 ein Flug- und ein Seehafen gebaut werden und auch Industriegebiete, Hotelanlagen und Parks entstehen, um Tourismus im derzeitigen Kriegsgebiet zu entwickeln. 

50 Milliarden Euro notwendig   

Die Kosten werden auf umgerechnet rund 50 Milliarden Euro geschätzt. Zusagen für die Finanzierung von arabischen oder anderen Geberländern oder auch internationalen Institutionen sind bisher nicht bekannt.

Das Papier erwähnt ein palästinensisches Gremium aus Technokraten, das während einer sechsmonatigen Übergangsphase die Kontrolle über den Gazastreifen übernehmen soll. Anschließend soll dann die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) von Präsident Mahmud Abbas die Herrschaft über den Küstenstreifen bekommen. Abbas' Palästinenserorganisation Fatah lehnt eine Herrschaft mit den rivalisierenden Islamisten der Hamas ab. Stattdessen strebt Abbas eine direkte Übernahme der Kontrolle durch die PA an. Die Hamas will die 2007 mit Gewalt erlangte Macht im Gazastreifen bislang aber nicht abgeben und auch nicht die Waffen niederlegen.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas begrüßt den irakischen Staatschef Abdul Latif Raschid
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas (l.) begrüßt beim Gipfeltreffen den irakischen Staatschef Abdul Latif Raschid Bild: Palestinian Presidency/Handout/Anadolu/picture alliance

Die Hamas, die von vielen westlichen und auch einigen arabischen Staaten als Terrororganisation gelistet wird, begrüßte jedoch, dass die Teilnehmer des Gipfels sich gegen die Vertreibung von Palästinensern aus dem Gazastreifen gestellt hätten. Auch die Pläne zum Wiederaufbau des Küstenstreifens bewertete die Islamistenorganisation positiv. 

Israel: Gipfel mit "veralteten Perspektiven"

Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums kritisierte hingegen, bei dem Gipfel in Kairo sei nicht über "die Realitäten der Lage nach dem 7. Oktober 2023" gesprochen worden, sondern über "veraltete Perspektiven". Die Hamas sei nicht für ihren mörderischen Terroranschlag in Israel verurteilt worden. Israel lehne auch eine Beteiligung der Palästinensischen Autonomiebehörde und des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA ab.

Der Plan von Trump sei dagegen "eine Gelegenheit für die Menschen im Gazastreifen, eine freie Wahl auf der Basis ihres eigenen Willens zu haben", so der Sprecher weiter. Der US-Präsident hatte kürzlich mit seinem Vorstoß Aufsehen erregt, den Gazastreifen unter Kontrolle der Vereinigten Staaten in eine wirtschaftlich florierende "Riviera des Ostens" zu verwandeln und die dort lebenden Palästinenser dafür in arabische Staaten der Region "umzusiedeln".

Vorbehalte auch des Weißen Hauses

Der ägyptische Plan stieß dann auch auf Vorbehalte in Washington. Das Weiße Haus teilt mit, dass der in Kairo angenommene Vorschlag die "derzeitige Unbewohnbarkeit" des schmalen Küstenstreifens nicht berücksichtige. Trump stehe zu seinem Vorschlag, einen von der Hamas befreiten Gazastreifen wiederaufzubauen.

Der von den arabischen Staaten beschlossene Plan empfiehlt auch direkte Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern und enthält die erneute Forderung einer Zweistaatenlösung. Angesichts der fragilen Waffenruhe im Gazastreifen und der Möglichkeit, dass der Krieg zwischen Israel und der Hamas wieder aufflammt, scheinen solche Gespräche derzeit aber faktisch ausgeschlossen. In der Abschlusserklärung riefen die Gipfelteilnehmer zudem den UN-Sicherheitsrat dazu auf, Friedenstruppen in den Gazastreifen und ins israelisch besetzte Westjordanland zu entsenden. Damit würden die Sicherheit für Palästinenser wie auch für Israelis verstärkt und der Weg zu einem Palästinenserstaat geebnet, hieß es.

Der ägyptische Staatschef Abdel Fattah al-Sisi begrüßt den syrischen Interimspräsidenten Ahmed al-Scharaa
Der ägyptische Staatschef Abdel Fattah al-Sisi (r.) empfing in Kairo auch den syrischen Interimspräsidenten Ahmed al-ScharaaBild: Egyptian Presidency Media Office/AP Photo/picture alliance

Zu dem Gipfel in Kairo hatte Ägyptens Präsident und Gastgeber Abdel Fatah al-Sisi unter anderen Palästinenserpräsident Abbas, den syrischen Interimspräsidenten Ahmed al-Scharaa, den König von Bahrain, den Emir von Katar wie auch UN-Generalsekretär António Guterres und EU-Ratspräsident António Costa empfangen. An dem Treffen nahmen Staats- und Regierungschefs aus mehr als 20 Ländern teil.  

sti/se/pg (afp, dpa, rtr)

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