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"Für die internationalen Kräfte in Kosovo ist die Phase der Ernüchterung gekommen"

11. Juni 2003

- Serbisches Präsidiumsmitglied im Kosovo-Parlament Oliver Ivanovic über die Lage in der Region vier Jahre nach dem Kosovo-Krieg

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Köln, 1.6.2003, DW-radio/Serbisch, Ljiljana Renke-Guslov

Die Lösung des Kosovo-Problems verlangt die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft bereits mehr als vier Jahre. So viel Zeit ist seit dem Ende des Kosovo-Krieges vergangen. Nichtsdestotrotz hat die internationale Gemeinschaft in den vergangen vier Jahren Gelegenheit erhalten, konkret zu handeln. Wie viel ist erreicht worden und wie soll es weiter gehen bis zu einer endgültigen Lösung des Status? Dies fragten wird das serbische Präsidiumsmitglied im Kosovo-Parlament, Oliver Ivanovic.

Frage:

Was ist in den letzten vier Jahren erreicht worden?

Antwort:

Obwohl wir viele Gründe dafür haben, unzufrieden zu sein, können wir nicht die Tatsache ignorieren, dass sich die Lage stabilisiert hat. Es gibt nicht mehr so viel Kriminalität, nicht mehr so viel Morde wie 1999. Es gibt auch weniger Entführungen als 1998 und 1999. Es ist natürlich nicht alles ein Verdienst der UNMIK und der KFOR. Es gibt vielmehr weniger Serben, das heißt weniger Menschen, deren Leben in Gefahr ist. Die Serben bewegen sich weniger, sie sind hauptsächlich in ihren Enklaven. Am Ende muss man sagen, dass die Anwesenheit der internationalen Gemeinschaft in gewissem Maße dazu beigetragen hat, über viele Fragen anders zu denken.

Frage:

Welche Schritte müssen kurzfristig unternommen werden?

Antwort:

Nach dem euphorischen Auftritt europäischer und amerikanische Vertreter im Jahr 1999, vor allem wegen des Sieges über die Jugoslawische Armee und Polizei und des Gefühls, alles schnell lösen zu können, kommt, glaube ich, die Ernüchterung. Wir sind in die dritte Phase gekommen, in der die Ernüchterung kam und die Situation, aus der die internnationale Gemeinschaft versucht, irgendwie herauszukommen. Die UMNIK entwickelt eine Ausweg-Strategie, um aus der Situation herauszukommen. Ich habe das Gefühl, dass sie bereit ist, viel dafür zu unternehmen. Darunter sogar Dinge, die nicht korrekt und fair sind. Hier denke ich an die endgültige Lösung der Kosovo-Frage. Es wird immer klarer, dass die Unabhängigkeit allein nicht alle Probleme lösen wird. Zum Beispiel, das Problem der Kriminalität im Kosovo, das sich auch auf die Nachbarländer und ganz Europa ausdehnt. Es ist wichtig, eines zu begreifen: den Albanern fällt es schwer, auf ihre Unabhängigkeit zu verzichten, und den Serben fällt es schwer, auf Kosovo zu verzichten, denn es ist für sie viel mehr als nur ein Stück Land.

Unter diesen Umständen glaube ich, dass es kurzfristig wichtig ist, dass die internationalen Kräfte das organisierte Verbrechen bekämpfen müssten, bevor sie anfangen, die Zahl ihrer Soldaten zu verringern. Nur so kann man die Bedingungen für die Rückkehr der Vertriebenen schaffen. Ohne die Ausmerzung der Kriminalität, ohne die Kooperation mit dem Haager Tribunal, wird es schwer sein, etwas zu erreichen. Dies wären meiner Ansicht nach nur kurzfristige Lösungen.

Frage:

Wie könnte die Status-Frage gelöst werden?

Antwort:

Die Frage des Status von Kosovo und Metohija stellt die letzte Phase dar. Und ich sehe in absehbarer Zeit keine erfolgreiche Lösung in Sicht. Eine erfolgreiche

Lösung wäre, wenn beide Seiten mit der endgültigen Lösung zufrieden wären. Wenn ich das sage, dann denke ich an die Albaner als Mehrheit in Kosovo, aber auch an die Serben, die zweifelsohne die Kehrseite der Medaille darstellen. Augenblicklich sehen die Kosovo-Albaner in der Unabhängigkeit die Lösung. Die Serben indessen sehen sie in der Wiedereinführung der Verfassung von 1989. Es ist schwierig, beide Seiten zu versöhnen. Das bedeutet, in dieser Phase haben auch Verhandlungen keinen Sinn. Mir scheint, dass das, was in der Resolution 1244 steht, eine hohe Stufe der Autonomie, die definitive Lösung wäre. Die Albaner werden, glaube ich, damit nicht zufrieden sein, wenn ihnen nicht gleichzeitig das angeboten wird, wofür sie ständig plädieren – für die euro-atlantische Integration. Das bedeutet, die endgültige Lösung des Kosovo-Status und die euro-atlantischen Integrationen sind miteinander gekoppelt und müssen simultan, also gleichzeitig verlaufen. (md)