"Wunder" in der Champions League - die größten Aufholjagden im Europapokal
Livrpool gegen Mailand 2005, Manchester gegen die Bayern 1999 - immer wieder schaffen es Fußball-Teams, einen schier aussichtslosen Rückstand noch zu drehen. Ein Rückblick auf die großen Comebacks.
Kein "dolce vita" für die Roma-Stars
Am 1. Oktober 1980 schreibt der FC Carl Zeiss Jena Europapokal-Geschichte. Im Hinspiel bei der AS Rom geht man noch mit 0:3 baden. Doch im Jenaer "Paradies" erkämpft sich der Außenseiter einen zum 4:0-Heimsieg und damit den Einzug in die zweite Runde. Der Höhenflug setzt sich fort und endet für Trainer Hans Meyer (Foto) und sein Team erst im Finale gegen Dinamo Tiflis (1:2).
Als der "Betze" noch eine Festung war
Der 1. FC Kaiserslautern ist heute weit vom Europapokal entfernt. Das ist in den 1980ern anders. Im März 1982 dreht der FCK gegen Real Madrid den Spieß im UEFA-Cup-Viertelfinale noch um. Nach einem 1:3 in Madrid fertigen die "Roten Teufel" die Königlichen um Ulli Stielike (3.v.l.) mit 5:0 ab. Madrid sieht dreimal Rot, und auf den Rängen wird gesungen: "Zieht den Spaniern die Badehosen aus!"
Königlich gekontert
Doch Real kann auch anders: An einem Dezembertag im Jahr 1985 reist Borussia Mönchengladbach mit einem sensationellen 5:1-Hinspielsieg im Rücken nach Madrid, um den Einzug in die dritte Runde des UEFA-Pokals klar zu machen. Doch die "Königlichen" schlagen zurück und gewinnen 4:0. Gladbach ist raus, Real Madrid gewinnt später gegen den 1. FC Köln das Finale und den Titel.
Das "Wunder von der Grotenburg"
Bayer 05 Uerdingen (seit 1995 KFC Uerdingen) gewinnt 1985 den DFB-Pokal und spielt im Europapokal der Pokalsieger. Das Viertelfinal-Hinspiel bei Dynamo Dresden geht mit 0:2 verloren. Im Rückspiel steht es zur Halbzeit 1:3. Eigentlich aussichtslos! Doch dann folgt das "Wunder": Mit sechs Toren nach der Pause schießen sich die Uerdinger noch ins Halbfinale und schreiben deutsche Fußball-Geschichte.
Späte Wende im Endspiel gegen Espanyol
Nach einem 0:3 im Hinspiel bei Espanyol Barcelona ist das UEFA-Cup-Finale 1988 für Bayer Leverkusen eigentlich gelaufen. Doch die Werkself schafft es, das Ergebnis im Rückspiel vor heimischem Publikum noch auszugleichen. Alle Tore fallen erst in der zweiten Halbzeit. Schließlich setzt sich Leverkusen im Elfmeterschießen durch und gewinnt die erste Trophäe der Klubgeschichte.
"Euro-Eddy" und der große Coup
Keiner, der sie miterlebt hat, wird beim Karlsruher SC die Nacht des 2. Novembers 1993 vergessen: Nach einer klaren 1:3-Pleite beim favorisierten FC Valencia scheint das KSC-Aus schon besiegelt. Doch das Team von Kult-Trainer Winnie Schäfer überrennt die Spanier im Rückspiel förmlich. Allen voran Edgar "Euro-Eddy" Schmidt, der viermal trifft und beim 7:0 zum Helden wird.
Immer wieder Bremer "Wunder von der Weser"
Regelrecht auf Comebacks programmiert ist Ende 1980er Jahre Werder Bremen. Das Team von Trainer Otto Rehhagel verliert 1987 im UEFA-Cup das Hinspiel bei Spartak Moskau mit 1:4 - es folgt ein 6:2 im Rückspiel. 1988 gibt es nach einem 0:3 bei Dynamo Berlin einen 5:0-Sieg im Rückspiel. 1993 in der Vorrunde der Champions League machen die Bremer aus einem 0:3 zur Pause noch einen 5:3-Erfolg.
Das Trauma des FC Bayern
Die Spieler des FC Bayern verstehden die Fußball-Welt nicht mehr: Im Champions-League-Finale im Mai 1999 in Barcelona führen die Münchener gegen Manchester United nach 90 Minuten mit 1:0 und müssen eigentlich nur noch die Nachspielzeit überstehen. Doch dann das: zwei Ecken, zwei Tore, United gewinnt 2:1. "Es war eine bittere Pille", beschreibt Mario Basler die bayerische Gefühlswelt treffend.
Die rote Wiederauferstehung
Ähnlich wie den Bayern ergeht es im Mai 2005 der AC Mailand: 3:0 führen die Italiener im Finale in Istanbul gegen den FC Liverpool, der bereits klinisch tot wirkt. Doch dann gleichen die "Reds" innerhalb von 15 Minuten aus. Xabi Alonso schießt das 3:3. Im Elfmeterschießen setzt sich Liverpool mit 3:2 durch, auch der Deutsche Dietmar Hamann versenkt seinen Elfer. Der Rest ist eine rote Party.
Vier Minuten, die alles drehen
In Zahlen ist diese Aufholjagd nicht sehr beeindruckend: Borussia Dortmund spielt im April 2013 im Champions-League-Viertelfinale beim FC Malaga 0:0 und gewinnt im Rückspiel mit 3:2. Allerdings führt Malaga bis in die Nachspielzeit noch mit 2:1. Vier Minuten und zwei BVB-Tore später tobt ein Jubel-Orkan durchs Dortmunder Stadion. Und Siegtorschütze Felipe Santana (2.v.l.) ist nicht mehr zu halten.
Abgeschriebene leben länger
Der FC Barcelona ist 2017 im Champions-League-Achtelfinale im Grunde bereits ausgeschieden. 0:4 endet das Hinspiel bei Paris St. Germain. Doch dank eines Blitzstarts führen die Katalanen im Rückspiel schnell mit 3:0. Dann der Schock: Gegentreffer durch Cavani. In den Schlussminuten gelingen tatsächlich noch drei Tore und Barcelona schreibt mit seinem 6:1-Erfolg Geschichte.
Das Wunder von Rom
Wieder Barça: Das schon sicher geglaubte Champions-League-Halbfinale gegen die AS Rom entgleitet dem FC Barcelona 2018 nach einem 4:1-Heimsieg im Hinspiel noch. Das Starensemble um Lionel Messi liegt im Rückspiel in der italienischen Hauptstadt früh mit 0:1 zurück und verliert am Ende tatsächlich mit 0:3 - Trainer Ernesto Valverde kann sein Schicksal nicht fassen.
Barça-Drama - die Dritte
Barça-Tragik zum dritten Mal in Folge - wieder mit dem schlechteren Ende für Spaniens Meister, der beim "Wunder von Anfield" wie im Vorjahr einen Drei-Tore-Vorsprung verspielt. Der FC Liverpool dreht seine 0:3-Niederlage aus dem Hinspiel im Camp Nou, indem er zu Hause glatt mit 4:0 gewinnt. Divock Origi und Georginio Wijnaldum (l.) erzielen je einen Doppelpack.
Ein Spiel ist erst vorbei, wenn es vorbei ist
Diese Lektion muss Ajax Amsterdam im Mai 2019 auf schmerzhafte Weise lernen. Im Halbfinal-Rückspiel der Champions League gegen Tottenham deutet lange alles auf den Finaleinzug der Niederländer hin: Nach einem 1:0-Auswärtssieg in London führt Ajax im eigenen Stadion mit 2:0, doch die Spurs drehen das Ding noch. In der 96. Minute fällt das entscheidende 3:2 durch Lucas Moura. Ajax ist raus.