Freiheit nach sieben Monaten Haft in Israel
26. Januar 2025Sieben Monaten war Amal Shujayyeh in einem israelischen Gefängnis, nun ist sie wieder frei. Mitten in der Nacht wurde die palästinensische Studentin am 20. Januar mit einem Bus nach Beitunia im von Israel besetzten Westjordanland gebracht. Freunde und Familie, die angespannt auf ihre Rückkehr gewartet hatten, schlossen die 23-Jährige in ihre Arme. "Die Freude ist unbeschreiblich", sagte Shujayyeh der Deutschen Welle gut eine Woche nach ihrer Rückkehr nach Hause Deir Jarir. "Wir danken Gott."
Ihre Freilassung ist Teil des umfassenden Abkommens zwischen Israel und der im Gazastreifen herrschenden, terroristischen Palästinenserorganisation Hamas: Zunächst für 42 Tage sollen die Waffen schweigen. In dieser Zeit sollen 33 Menschen wieder freikommen, die am 7. Oktober 2023 von palästinensischen Terroristen aus Israel verschleppt worden waren. Im Gegenzug sagte Israel zu, 2000 Palästinenser freizulassen, die aus mehr oder weniger schweren Gründen in israelischen Gefängnissen saßen. Und Amal Shujayyeh war eine von ihnen.
Unter den Palästinensern, die freigelassen werden sollen, sind Steinewerfer, aber auch solche, die Israelis getötet hatten. Shujayyeh saß aus einem anderen Grund in einem israelischen Gefängnis. Sie studierte Journalismus an der Birzeit-Universität in der Nähe von Ramallah und war in ihrem letzten Studienjahr, als israelische Soldaten sie im Juni 2024 festnahmen. Der Vorwurf: Anstachelung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung.
Doch alles, was sie getan habe, habe sich im Rahmen der Universitäts-Richtlinien bewegt, versichert Amal Shujayyeh. Offenbar seien die studentischen Aktivitäten der Besatzungsmacht ein Dorn im Auge gewesen, sagt sie. Auch wenn den Israelis klar gewesen sei, das alles offiziell von der Universitätsverwaltung genehmigt und gebilligt wurde.
Leben im israelischen Gefängnis
Die Studentin erinnert sich lebhaft an den Tag ihrer Festnahme: "Als wir in der Haftanstalt ankamen, musste wir uns wie alle weiblichen Gefangenen für eine Durchsuchung nackt ausziehen", erinnert sie sich. "Das ist eine erniedrigende und zutiefst unangenehme Erfahrung, die alle palästinensischen Frauen machen müssen, wenn sie in ein israelisches Gefängnis kommen."
Durchsuchungen in ihrer Zelle gab es täglich, oft auch spät in der Nacht, berichtet Shujayyeh. Dabei seien Kleidungsstücke beschlagnahmt worden, persönliche Gegenstände, aber auch Geschirr und Töpfe. "Uns wurde das Nötigste weggenommen, sogar Haarbürsten, die sie als 'Luxusartikel' betrachteten." Auch Bücher seien beschlagnahmt worden. Ihre Familie durfte sie während ihrer Inhaftierung nicht besuchen. "Wir sahen unsere Familien nur für ein paar Sekunden während der digital übertragenen Gerichtssitzungen", sagt Shujayyeh. "Wenn ich ihnen signalisieren wollte, dass ich okay bin, kappte der Soldat die Verbindung. Es war ein Gefühl von Unterdrückung und Demütigung."
Schilderungen, wie die von Amal Shujayyeh, würde man oft von Palästinensern hören, die aus israelischer Haft freikommen, heißt es von der palästinensischen Nichtregierungsorganisation Addameer. Zudem gebe es Berichte über Hunger in überfüllten Gefängnissen und eine schlechte medizinische Versorgung dort, so die Gefangenenhilfsorganisation.
Viele palästinensische Gefangene erfahren gar nicht, warum sie festgenommen wurden. Israels Politik der "Verwaltungshaft" erlaubt es dem Staat, Personen auf der Grundlage geheimer Beweise zu inhaftieren. Ohne formelle Anklage, ohne Prozess. Nach Angaben der israelischen Rechtshilfeorganisation Hamoked hat sich seit Beginn des Israel-Hamas-Krieges im Oktober 2023 die Zahl der Gefangenen aus dem Gazastreifen, dem Westjordanland und Ostjerusalem auf mehr als 10.000 verdoppelt.
Angst vor erneuter Inhaftierung
Wie die US-Nachrichtenagentur AP berichtet, gehören zum Abkommen zwischen Israel und der Hamas auch Zusagen für die nun freigelassenen Palästinenserinnen und Palästinenser. Demnach dürfen sie nicht wegen der gleichen Anschuldigungen von israelischen Sicherheitskräften erneut festgenommen werden. Zudem sei es nicht erlaubt, sie wieder ins Gefängnis zu stecken, um dort die Reststrafe zu verbüßen.
In diesem Punkt zeigt sich Addameer skeptisch: "Alle Gefangene, die ins Westjordanland oder nach Ostjerusalem entlassen werden, müssen ständig zu Gerichtsterminen erscheinen", sagt Jenna Abdulhasna von der palästinensischen Gefangenenhilfsorganisation. Es sei sehr gut möglich, dass auch die jetzt freigekommenen Palästinenser wieder von israelischen Stellen ins Visier genommen und ins Gefängnis gesteckt werden. "Denn bei allen bisherigen Austauschabkommen wurden Freigelassene erneut verhaftet", so Abdulhasna, "auch bei dem Abkommen vom November 2023".
Der nächste Gerichtstermin für Studentin Amal Shujayyeh steht am 3. Februar an. Aber im Moment konzentriert sie sich darauf, wieder in ihr gewohntes Leben zurückzufinden. Sie hofft, ihren Podcast aus der Studienzeit fortsetzen zu können. "Die Verhaftung wird uns nicht davon abhalten, unsere Botschaft zu verbreiten und unser Anliegen mit der Welt zu teilen", sagt Shujayyeh. "Wir müssen vorsichtiger sein, aber wir werden es tun."
Ihr wichtigstes Ziel ist es aber, ihr Studium abzuschließen und Journalistin zu werden. Die 23-Jährige ist fest entschlossen, in Zukunft über das Leben der Palästinenser zu berichten.
Adaptiert aus dem Englischen von Arnd Riekmann.
Die DW hat den Artikel am 27.01.2025 um eine Information zu einer Festnahme ergänzt.