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Frauen in Usbekistan

12. Dezember 2002

- Tagelohn-Arbeit für viele der letzte Ausweg

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Köln, 11.12.2002, DW-radio / Russisch

Mardiker-Basar - so heißt bei den Usbeken die Tagelöhner-Börse, wo sich Interessierte in der Regel in ihrer Not hin begeben, um sich für die schwärzeste aller Schwarzarbeiten zu verdingen. Diese Börsen suchten in Usbekistan einst nur Männer auf. Heute ist aber vieles anders geworden. Auf den Billigarbeitskraft-Börsen sind immer häufiger Vertreterinnen des schönen oder - wenn man so will - des schwachen Geschlechts zu finden. Obwohl - warum eigentlich schwach, wenn sie die schwerste und schmutzigste Arbeit verrichten müssen? (...) Unsere Taschkenter Sonderkorrespondentin Natalija Buschujewa berichtet:

"Die schwere materielle Lage ist es - meinen Fachleute -, die Frauen aus verschiedenen Regionen der Republik zwingt, sich zum so genannten Mardiker-Basar zu begeben, um irgendeine Arbeit zu finden, auch wenn es nur Gelegenheitsarbeit oder Schwarzarbeit ist und auch wenn sie schlecht bezahlt wird", heißt es in einem analytischen Bericht des Zentrums 'Öffentliche Meinung'. Hier der O-Ton von Frauen auf dem Taschkenter Mardiker-Basar:

"Normale Arbeit gibt es nicht. Betriebe und Fabriken werden geschlossen. Drei, vier Monate lang werden keine Löhne ausgezahlt."

"Wir sind gezwungen, hier herzukommen. Man braucht schließlich etwas zum Anziehen. Alle kommen hierher. Aus Tschirtschik, aus Namagan, aus Fergana... Sie alle sind hier - aus allen Regionen."

"Ich bin aus Syrdarja. Wenn es gut geht, bleibe ich für immer hier."

"Manchmal wartet man zwei, drei Tage hintereinander und geht wieder - ohne Arbeit, wartet bis zu vier, fünf Stunden und geht wieder nach Hause, ohne etwas erledigt zu haben."

"Natürlich, wenn du Beziehungen und Geld hast, findest du überall Arbeit. Wenn nicht, findest du keine. Das ist die reine Wahrheit."

Das Auftauchen von Frauen auf dem Tagelöhner-Markt bereitet sehr vielen gesellschaftlichen Organisationen Sorge. Die Vorsitzende des Direktorenrats der Kokander Niederlassung des Geschäftsfrauen-Verbandes des Landes, Sachiba Ergaschewa, erklärte, sehr viele Frauen in Usbekistan seien gezwungen, schwere Tagelohn-Arbeit zu verrichten und das sei ein sehr großes Problem:

"Weibliche Tagelöhner-Märkte stellen ein sehr ernsthaftes Problem dar. Es gibt sie nicht nur in Städten, sondern auch in Bezirken, in der Provinz, in irgendwelchen Dörfern. Die Frauen versammeln sich am frühen Morgen. Man bringt sie zur Arbeit auf die Felder. Sie leisten sehr schwere körperliche Arbeit. Die Arbeitgeber dürfen nicht überprüft werden. Die Frauen sind rechtlich in keiner Weise geschützt. Sehr viele Frauen fahren auch nach Kasachstan oder nach Kirgisistan zur Baumwollernte oder um andere landwirtschaftliche Arbeiten zu übernehmen. Es kommt sehr häufig vor, dass sie hinfahren, dort arbeiten und dafür keine Kopeke bekommen, denn sie haben rechtlich keinerlei Schutz."

Die Frauen sagen, bei dieser Arbeit werde man mit den unterschiedlichsten Situationen konfrontiert, auch mit extremen:

Es geht nicht um Gewalt, es kommt einfach vor, dass man arbeitet, arbeitet und dafür nichts bekommt. Es wird noch nicht einmal die erbärmliche Summe gezahlt, die versprochen wurde."

"Mir wurde gedroht. Mir wurde gesagt, wenn du auch nur aufzumucken wagst, bringen wir dich um. Wenn so etwas geschieht, will man kein Geld mehr. Man geht in aller Stille - einfach um wieder wegzukommen." (...) (TS)