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Frankreich bestellt Impfstoff ab

5. Januar 2010

Frankreich und Deutschland brauchen viel weniger Impfstoff gegen die Schweinegrippe als ursprünglich bestellt. Die EU-Seuchenbehörde sieht noch kein Ende der Epedemie. Die Zahl der Todesopfer liegt bei knapp 2000.

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Nadel sticht in Oberarm (Foto: AP)
Weniger Impfungen als geplantBild: AP

94 Millionen Dosen an Impfstoff gegen die Schweinegrippe hatten die französischen Behörden bei Pharmakonzernen bestellt. Die Hälfte davon will Frankreich jetzt nicht mehr abnehmen, sagte Gesundheitsministerin Roselyne Bachelot am Montag (04.01.10) dem Fernsehsender TF1. Die internationalen Gesundheitsbehörden gehen davon aus, dass eine statt zwei Impfungen reichen, um gegen den H1N1-Erreger immun zu werden. Die französische Regierung verhandelt jetzt mit den Herstellern, deren Verträge jedoch Entschädigungen für den Fall vorsehen, dass der Impfstoff nicht abgerufen wird. Nur fünf Millionen Franzosen haben sich bislang impfen lassen. Die Regierung in Paris war von 40 Millionen Impfwilligen ausgegangen.

Überschüssige Impfdosen

Eine Mitarbeiterin prüft am die erste Lieferung des zwei Komponenten Impfstoffes Pandemrix gegen die Schweinegrippe in der Apotheke des Universitaetsklinikums Essen (Foto: AP)
Der Massenansturm auf das Serum blieb ausBild: AP

In Deutschland wollen die zuständigen Bundesländer ebenfalls nur noch die Hälfte der ursprünglich bestellten 50 Millionen Impfdosen kaufen. Bei Stornierung der Aufträge sind die Länder auf die Kulanz der Unternehmen angewiesen. Darüber soll am Donnerstag (07.01.2010) in Berlin mit den Pharmafirmen verhandelt werden.

Auch in Deutschland lassen sich erheblich weniger Menschen gegen Schweinegrippe impfen als ursprünglich geplant. Der Präsident der "Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina" in Halle, Volker ter Meulen hatte bereits am Wochenende davor gewarnt, die Gefahren der Schweinegrippe herunterzuspielen und so die Impfmüdigkeit zu fördern. Der Virologe sagte im Deutschlandradio Kultur, die Schweinegrippe-Pandemie sei noch nicht vorbei. Das Virus könne sich noch verändern und berge die Gefahr, schwere Erkrankungen hervorzurufen.

Gutes Geschäft für Arzeimittelhersteller?

Die Organisation "Transparency International", die weltweit gegen Korruption zu Felde zieht, hatte schwere Vorwürfe gegen die Pharmaindustrie erhoben. Die Krankheit sei zu einer Katastrophe aufgebauscht worden und habe sich als "Papiertiger" entpuppt, sagte Anke Martiny von Transparency International. Sie habe den Verdacht, der Aufruf zur Schweinegrippe-Impfung nutze vor allem den Herstellern, erklärte Frau Martiny. Eine offene wissenschaftliche Diskussion über die Impfempfehlung habe es nicht gegeben.

Seuche ist noch nicht vorbei

Die EU-Behörde für Seuchenkontrolle in Stockholm schreibt in ihrem jüngsten Schweinegrippe-Report vom Dienstag (05.01.10), dass die Pandemie in Europa noch nicht vorbei sei. Die meisten der 31 beobachteten Länder würden eine mittlere Aktivität des Virus berichten. Nur in Bulgarien und Griechenland seien die Ansteckungsraten im Moment besonders hoch.

Backsteinfassade des ECDC Stockholm (Fotoquelle: Wikipedia)
Hinter alten Backsteinmauern werden Viren gezählt: Europäische Seuchenbehörde in Stockholm

In Westeuropa klingt die Grippewelle langsam ab. Sie verlagert sich Richtung Osten. Die Zahl der offiziell registrierten Schweinegrippe-Toten lag bei 1952 für die EU-Staaten, Norwegen, die Schweiz, Island und Liechtenstein. Weltweit hat die Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen mittlerweile 12.220 Menschen erfasst, die an einer Infektion mit H1N1 gestorben sind. Über die Zahl der Infizierten gibt es keine Erkenntnisse mehr, da nicht mehr alle Erkrankten auch auf Schweinegrippe getestet werden.

Die Seuchenkontroll-Behörde der EU weist darauf hin, dass die Zahl der Todesfälle in den letzten Wochen des abgelaufenen Jahres kontinuierlich angestiegen ist. Ein kurzer Einbruch am Jahresende sei vor allem darauf zurückzuführen, dass die Statistiken in einigen Ländern über die Weihnachtsfeiertage nicht weitergeführt wurden.

WHO-Chefin lässt sich impfen

Die Chefin der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Margaret Chan, wies in Genf darauf hin, dass die Zahl der Schweinegrippe-Opfer wahrscheinlich wesentlich höher liege, weil die Tests in vielen Staaten nicht systematisch durchgeführt würden. In Kürze sollen weniger entwickelte Länder wie die Mongolei oder Aserbaidschan Impfstoff erhalten, der von Industriestaaten oder Pharmaunternehmen gespendet wurde, teilte die WHO mit. Margaret Chan hat sich selbst erst am 30.12.2009 gegen Schweinegrippe impfen lassen. Zuvor habe sie wegen Dienstreisen keine Zeit dazu gehabt, teilte eine Sprecherin mit.

Autor: Bernd Riegert (rtr, dpa, epd)
Redaktion: Nicole Scherschun