"Finnland lauschen" auf dem Schleswig-Holstein Musik Festival
21. September 2001Wunderbare Tango-Musik aus Finnland haben wir gehört. Doch nicht nur im Tango setzt das Land international Maßstäbe. Derzeitig erlebt die finnische Musikkultur eine Blütezeit wie seit Zeiten von Jean Sibelius nicht mehr. Viele große Komponisten und Musiker kommen aus der finnischen Schmiede, der Sibelius-Akademie. Esa-Pekka Salonen, Direktor des Los Angeles Philharmonic Orchestras oder Sakari Oramo, Chefdirigent des City of Birmingham Orchestra, sind Beispiele. Das Schleswig-Holstein Musik Festival 2001, das sich langsam dem Ende nähert, lud dazu ein, das Land der Tausend Seen in seiner musikalischen Bandbreite zu erleben.
"Es ist meine Überzeugung, dass Musik großartig ist, wenn der Zuhörer einen Augenblick der Ewigkeit durch das Fenster der Zeit abfängt." Mit den Worten des bedeutenden finnischen Komponisten Einojuhani Rautavaara begrüßt das Schleswig-Holstein Musik Festival 2001 seine Besucher. Sie sind im Rahmen des Schwerpunktes "Finnland lauschen" eingeladen, die Musiknation Finnland näher kennen zu lernen. Komponistenpersönlichkeiten und internationale Interpreten, als auch ein niveauvolles, lebendiges Musikleben ließen Finnland in den letzten 20 Jahren zu einer musikalischen Hochburg Nordeuropas werden.Eine neue Generation
Der weltweit berühmteste Komponist Finnlands, Jean Sibelius (1865-1957), ist nach wie vor von zentraler Bedeutung für Finnland. Mit ihm erhielt das Land eine eigene nationale sinfonische Musik, die auch international große Anerkennung fand. Angesichts der überragenden Komponistenpersönlichkeit hatten es jedoch nachfolgende Künstler nicht ganz leicht. Der Komponist Einojuhani Rautavaara, dessen Oeuvre von der Kammermusik über die Sinfonie bis zur Oper reicht, steht für eine neue Generation, die das musikalische Geschehen Finnlands seit Sibelius bestimmt hat.
Von Bedeutung war in den 70er Jahren dazu die "Ohren auf"-Gruppe, die sich zum Ziel setzte, die zeitgenössische Musik mit Konzerten, Seminaren und Debatten zu fördern. Aus dieser Gruppe junger Komponisten ging unter anderem Magnus Lindberg hervor, dessen provokante und klangstarke Komposition "Kraft" gemeinsam mit einer Sibelius-Aufführung den Auftakt des Finnland-Programms auf dem Musikfestival bildete. "Kraft" wurde im Berlin der späten 80er Jahre komponiert, wo Lindberg damals als Stipendiat lebte und viele Inspirationen aus dem musikalischen Underground aufnahm.
Die Sibelius-Akademie
Eine Rolle bei der Entdeckung großer Talente spielte vor allem die hervorragende musikpädagogische Arbeit der Sibelius-Akademie in Helsinki. Zu nennen wären unter anderem Esa-Pekka Salonen, Direktor des Los Angeles Philharmonic Orchestra, Sakari Oramo, Chefdirigent des City of Birmingham Orchestra, und Jukka-Pekka Saraste, Erster Gastdirigent des Finnish Radio Symphony Orchestra, die als Dirigenten und Komponisten auf dem Schleswig-Holstein Musik Festival auftraten. Alle drei waren Schüler von Jorma Panula, Helsinkis legendärem "Dirigentenmacher".
Zu den spannendsten Ereignissen des Festivals zählte daher ein Workshop mit Panula und Salonen, in dem die Meister ihre Erfahrungen an junge Komponisten aus 27 Nationen weitergaben. Damit lebte die Idee der Dirigenten-Meisterklasse wieder auf, die Leonard Bernstein in den 80er Jahren auf Schloß Salzau, Sitz des Landeskulturzentrums und der Orchesterakademie des Schleswig-Holstein Musikfestivals, initiiert hatte. So erhielten blutjunge Komponisten auf dem Weg zum Pult, junge Musikerinnen und Musiker die seltene Chance, von den großen Dirigenten zu lernen.
Der Meisterkurs "Dirigieren" auf Schloss Salzau
Die Probe von Esa-Pekka Salonen, der salopp gekleidet in T-Shirt und Jeans in Salzaus berühmter Probenscheune Sibelius' "Finlandia" dirigierte, besuchte ein Kritiker: "Salonen dirigiert zunächst mit einer sehr zurückgenommenen Sparsamkeit, meidet die ausladend-dekorative Gebärde, kommt aber bald heraus aus dieser Sachlichkeit. Um 'mehr Mezzopiano als Mezzoforte' bitteet er beim Eiinsatz des schweren Blechs und treibt die Streicher in ein expressives Crescendo. Und weil nun auch das Blech nicht mehr brütet, sondern mitjubiliert, entwirft Salonen eine Klanglandschaft von epischer Dringlichkeit."
Dazu wird den jungen Leuten der Auftritt des 71-jährigen Jorma Panula in Erinnerung bleiben. Klein und unauffällig im Auftreten, entpuppte sich dieser ganz und gar nicht als "Zuchtmeister", "Alleswisser" und "strudelnder Born dirigentischer Kniffe und Rezepte".
Sänger und Instrumentalisten
Das Finnland-Programm bot dazu Gesangstars auf wie die Sopranistinnen Camilla Nylund und Soile Isokoski, oder die Bassisten Matti Salminen und Jaakko Ryhänen. Daneben waren in den letzten Tagen Instrumentalsolisten zu hören, darunter Olli Mustonen, der zu den originellsten Pianisten der internationalen Szene gehört. Mustonen spielte Griegs Klavierkonzert und trat zusammen mit dem Pekka Kuusisto auf, um ein kombinatorisch ungewöhnliches Bach-Schostakowitsch-Programm vorzustellen. Eine schillernde Künstlerfigur Finnlands ist ohne Zweifel der Klarinettist Kari Kriikku, der in Mozarts berühmtem Klarinettenkonzert brillierte.
Das 15 Millionen Mark teure Schleswig-Holstein Musik Festival ist das größte in Deutschland. Geboten wurden in diesem Jahr 129 Konzerte an 58 Spielstätten, darunter Schlösser, Scheunen und private Herrenhäuser, in 41 Orten. Noch bis zum 2. September stehen Konzerte auf dem Programm.