FC-Bayern-Rückzieher zu Ruanda ein strategischer Schachzug?
14. August 2025Für viele Fans und Menschenrechtsaktivisten hatte Bayern München eine moralische Verpflichtung, seine Partnerschaft mit Ruanda zu beenden. Am vergangenen Freitag zog der deutsche Rekordmeister tatsächlich einen Schlussstrich - jedoch ohne sich auf Menschenrechtsbedenken oder den blutigen Konflikt in der Demokratischen Republik Kongo (DRK) zu berufen. Stattdessen sprach der Klub von einer "strategischen Weiterentwicklung".
Laut Sponsoring-Experte Phil Lipperson wurde dieser Schritt maßgeblich durch den Druck von Fans und Medien ausgelöst. "Die Vereine in Deutschland sind stark der Kritik ihrer Anhänger ausgesetzt. Die Fanbasis ist traditionell eingestellt und wenig aufgeschlossen gegenüber rein kommerziellen Deals", sagt Lipperson der DW.
Obwohl das Logo des staatlichen Tourismusprogramms "Visit Rwanda" künftig nicht mehr auf Bayerns Werbebanden erscheinen wird, bleibt die Verbindung bestehen. Der Verein plant eine "engagierte Partnerschaft zur Förderung der Fußballentwicklung in Ruanda" und will dafür die FC-Bayern-Jugendakademie in Kigali ausbauen. Der Regierung Ruandas wird unter anderem die Missachtung von Menschenrechten und die Unterstützung der M23-Rebellen zur Last gelegt, einer Rebellengruppe der Volksgruppe der Tutsi.
Expansion wichtiger als Menschenrechte
Lipperson glaubt, dass die neue Partnerschaft für den FC Bayern langfristig wichtiger ist als die angeblich fünf Millionen Euro pro Jahr, die dem Klub durch den Verzichten auf die "Visit Rwanda"-Werbung entgehen. Große europäische Klubs positionierten sich zunehmend strategisch in neuen Märkten. Afrika sei im Gegensatz zu Asien oder Amerika noch weitgehend unerschlossen, sagt der Experte, der für die Sponsoring-Agentur "DO IT!" arbeitet: "Ich denke, es geht um die strategische Expansion in neue Märkte außerhalb Europas. In den letzten Jahren sahen wir das in Asien - vor allem in Indien, Japan, China - sowie in Nord- und Südamerika. Aber Afrika ist für große europäische Klubs kommerziell noch weitgehend unerschlossen."
Kritik äußert Mohamed Keita, Afrika-Direktor der Human Rights Foundation. Er bezweifelt, dass moralische Erwägungen bei der Entscheidung der Bayern eine Rolle spielten. "Wer sich wirklich um Menschenrechte sorgt, kündigt nicht einen Teil des Ruanda-Deals und unterschreibt zwei Tage zuvor einen Vertrag mit Emirates [Fluglinie der Vereinigten Arabischen Emirate - Anm. d. Red.]", sagt Keita der DW.
Heikle Symbolik für Trainer Kompany
Die Entscheidung sorgt auch aus einem anderen Grund für Diskussionen: Der Vater von Bayern-Trainer Vincent Kompany stammt aus dem Kongo und war der erste kongolesische Bürgermeister Belgiens. In einer Rede im belgischen Parlament hatte Pierre Kompany mit Tränen in den Augen die Gewalt in seiner Heimat angeprangert und das Motto "Visit Rwanda" scharf verurteilt. Keita vergleicht diese Situation mit einem Fußball-Klub, der einen Trainer mit ukrainischen Wurzeln hat und "Visit Russia" bewirbt.
Wettbewerb mit den Superreichen
Der FC Bayern hat einen beträchtlichen finanziellen Vorsprung gegenüber den übrigen Bundesligisten. Doch sorgen die deutsche 50+1-Regel- nach der die Mitglieder die Stimmenmehrheit behalten müssen - und die meist kommerzkritische Fanszene dafür, dass die Münchener möglicherweise Schwierigkeiten bekommen, mit der ausländischen Konkurrenz mitzuhalten. Etwa mit englischen Vereinen, die über enorme TV-Einnahmen verfügen, oder mit staatlich finanzierten Klubs wie Champions-League-Sieger Paris Saint-Germain, der im Besitz Katars ist.
Auch andere Vereine setzen weiter auf umstrittene Partnerschaften: Der FC Barcelona kooperiert neuerdings mit der Demokratischen Republik Kongo. Der FC Arsenal, Atletico Madrid und PSG werben weiterhin für Ruanda. Vor dem Hintergrund der WM-Turniere in Russland und Katar sowie der Annäherung der FIFA an Saudi-Arabien überrascht es wenig, dass moralische Fragen im Fußball oft hinter wirtschaftlichen Interessen zurückstehen. Bayerns Abschwächung des Ruanda-Deals wird von vielen begrüßt - doch sie wirkt eher wie eine Reaktion auf öffentlichen Druck denn als ein Bekenntnis zu den Menschenrechten.
Dieser Artikel wurde aus dem englischen Original "Bayern Munich and Rwanda: A strategic climbdown?" adaptiert.