Pistorius bleibt in Haft
19. August 2015Zwei Tage vor der geplanten Haftentlassung von Oscar Pistorius auf Bewährung hat das südafrikanische Justizministerium die Entscheidung vorläufig ausgesetzt. Damit muss der beinamputierte frühere Sprinter vermutlich im Gefängnis bleiben. Der Beschluss des Bewährungskomitees, ihn nach nur zehn Monaten Haft in den Hausarrest zu entlassen, sei verfrüht gewesen und bedürfe einer neuen Überprüfung, erklärte Justizminister Michael Masutha. Pistorius war im vergangenen Jahr wegen fahrlässiger Tötung seiner damaligen Freundin Reeva Steenkamp zu fünf Jahren Haft verurteilt worden.
Ministeriumssprecher Mthunzi Mhaga sagte dem Nachrichtensender eNCA, es gebe noch keinen Termin für die Überprüfung der Bewährungsentscheidung durch die ranghöhere Instanz. Damit schien die geplante Entlassung des beinamputierten Ex-Sprinters in den Hausarrest am Freitag sehr unwahrscheinlich. Südafrikanische Juristen sagten, in normalen Fällen sei es undenkbar, die Überprüfung einer solchen Entscheidung innerhalb eines Tages zu organisieren.
Das Justizministerium erklärte, die Entscheidung, ihm schon im Juni die Entlassung in den Hausarrest zu gewähren, stehe im Widerspruch zu geltendem Recht. Demnach kann eine solche Entscheidung erst getroffen werden, wenn ein Straftäter ein Sechstel der Haftstrafe abgeleistet hat. Bei Pistorius wird dies erst am Freitag der Fall sein, wenn er zehn Monate seiner fünfjährigen Haftstrafe im Gefängnis Kgosi Mampuru II abgesessen haben wird.
Rassistische Entscheidung?
Der Minister ordnete die Überprüfung der Entscheidung nach einer Petition einer Gruppe von Frauenrechtlerinnen an. Viele Südafrikaner sind überzeugt, dass der wohlhabende weiße Pistorius von der Justiz eine Vorzugsbehandlung bekam - was Druck auf die Regierung ausübte.
Die Staatsanwaltschaft legte Berufung gegen das Urteil von 2014 ein, um eine Verurteilung zu einer längeren Haftstrafe zu erreichen. Das oberste Berufungsgericht in Bloemfontein wird sich den Fall im November vornehmen. Experten halten es für wahrscheinlich, dass Pistorius eine längere Gefängnisstrafe bekommen wird.
Der heute 28-jährige Pistorius hatte Reeva Steenkamp - die am Mittwoch ihren 32. Geburtstag gefeiert hätte - durch eine geschlossene Toilettentür erschossen. Er sagt, er habe hinter der Tür einen Einbrecher befürchtet.
Pistorius wurden als Kind wegen eines Gendefekts beide Beine unterhalb der Knie amputiert. Als Sprinter wurde er weltweit bekannt, als er mit seinen J-förmigen High-Tech-Prothesen aus elastischem Carbon bei den Paralympics Rekorde brach. Auch bei den Olympischen Spielen 2012 in London machte er Furore. Ganz Südafrika war stolz auf den zähen, wild-entschlossenen Sportler. Seine Beziehung zu Reeva Steenkamp brachte die beiden auch in die Klatschspalten der Zeitungen. Doch nach den Todesschüssen vom Valentinstag 2013 war es jäh vorbei mit "Oscar Superstar". Er wurde noch am gleichen Tag verhaftet, seine Sponsoren kündigten schnell alle Verträge.
stu/sp (afp, dpa, sid)