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PolitikEuropa

Bundeskanzler Merz erstmals auf europäischem EPG-Gipfel

16. Mai 2025

Bei einem Treffen der "Europäischen Politischen Gemeinschaft" treffen sich europäische Staats- und Regierungschefs. Zum ersten Mal dabei ist der neue deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz.

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Albanien Tirana 2025 | Erdogan und Merz im Gespräch beim Gipfel der Europäischen Politischen Gemeinschaft
Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz im Gespräch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Bild: Armend Nimani/AFP

Das Treffen der "Europäischen Politischen Gemeinschaft" ging am Freitagabend planmäßig ohne Beschlüsse zu Ende. Es ist bereits das sechste Mal, dass sich die rund 47 Länder in dieser Konstellation zu einem solchen Gipfel einfinden, bei dem der Austausch im Vordergrund steht. Albanien hatte als erstes Westbalkan-Land diesen Gipfel ausgerichtet. 

Neben den 27 EU-Staaten nehmen auch andere europäische Länder wie die des Westbalkans, die Türkei oder das Vereinigte Königreich teil. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj war am Freitag in Tirana. Explizit nicht eingeladen waren Russland und dessen Verbündeter Belarus.

Unter dem Motto: "Neues Europa in einer neuen Welt: Einheit - Zusammenarbeit - Gemeinsam handeln" diskutierten rund 50 europäische Spitzenpolitiker über europäische Sicherheit, den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, Wettbewerbsfähigkeit und Migration.

Europäische Spitzenpolitiker unterhalten sich beim EPC-Gipfel an einem langen, bunt geschmückten Konferenztisch
Neben EU-Staaten nahmen auch andere europäische Staaten wie die Türkei oder das Vereinigte Königreich an dem Treffen teil. Bild: Ludovic Marin/AFP

Erstes großes Gipfeltreffen mit Merz

 "Das ist eine gute Gelegenheit viele der europäischen Staats- und Regierungschefs persönlich zu treffen," sagte Friedrich Merz, als er an dem regnerischen Freitag in Tirana zu seinem ersten großen europäischen Gipfel eintraf. Einige Teilnehmer haben "ziemlich hohe" Erwartungen an den deutschen Bundeskanzler, so wie die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen. Sie freue sich auf die Zusammenarbeit, sagte sie, vor allem in den Bereichen Sicherheit und Aufrüstung, sowie bei der Migration. Der litauische Premierminister Gintautas Paluckas erwartet wichtigen wirtschaftlichen und politischen Input und sieht Deutschland auf dem richtigen Kurs.

Hohe Erwartungen an den Bundeskanzler

Vor allem mit seinen Reisen nach Paris, Warschau, Brüssel und Kyjw sei Friedrich Merz bislang "sehr stark" auf der europäischen Bühne aufgetreten, sagt der Politikwissenschaftler Janis Emmanouilidis von der Brüsseler Denkfabrik "European Policy Center." Doch sei die Erwartungshaltung an ihn und seine Regierung "extrem hoch." Viele EU-Mitgliedstaaten fänden Deutschland solle auf europäischer Ebene mehr mitführen, Entscheidungen treffen und Dinge vorantreiben, so Emmanouilidis im Gespräch mit der DW. 

Ob Merz diese Erwartungen erfüllen könne, hänge jedoch auch damit zusammen, wie stark er als Kanzler national sei, betont der Politikwissenschaftler. Denn so müsse er erst noch das Vertrauen der Bevölkerung und in den eigenen Reihen gewinnen. Manchmal frage er sich, so Emmanouilidis, ob man nicht zu viel von einem Bundeskanzler erwarte, der sich ja auch erst mal in seiner neuen Rolle einfinden müsse. 

Ukraine im Zentrum der Gespräche

Mit seinem Platz auf der europäischer Bühne schien Merz jedenfalls nicht zu hadern. Am frühen Nachmittag trat er gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Macron, dem polnischen Premier Tusk und dem britischen Premier Starmer vor die Presse. Bereits am Wochenende zuvor waren die vier Politiker gemeinsam in die Ukraine gereist.

Albanien Tirana 2025 | Gipfeltreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft
Beim Gipfeltreffen in Albanien unterhalten sich der polnische Premier Tusk, mit dem urkainischen Präsidenten Wolodymyr Selesnkyj, dem französischen Präsidenten Macron und dem britischen Premier Starmer. Bild: Leon Neal/AFP/Getty Images

Nach einem Gespräch mit Wolodymyr Selenskyj hätten die vier Regierungschefs mit dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump telefoniert, teilte Keir Starmer mit. Der britische Premier hält die russische Position für "inakzeptabel". Bezüglich einer Reaktion sei man in enger Abstimmung. 

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte die Frist für einen 30-tägigen Waffenstillstand verstreichen lassen und kam nicht nach Istanbul, um direkte Gespräche über einen Waffenstillstand mit Selenskyis zu führen. Diese Entscheidung wurde in Tirana mehrfach kritisiert. NATO-Generalsekretär Mark Rutte, nannte die Entsendung einer niederrangigen russischen Delegation zu den Gesprächen einen "Fehler."

Auch der deutsche Bundeskanzler zeigte sich "sehr enttäuscht" von dem Ausgang der Gespräche. Man werde weitere Gesprächsangebote machen und sich auf europäischer Seite absprechen sowie sich mit den Amerikanern koordinieren. Die Beziehung zu den USA war ein wichtiges Thema des Kanzlers bei der Konferenz. "Wir müssen alles tun, um die Amerikaner auf unserer Seite zu halten," rief er seine europäischen Kollegen auf. Denn das, was die USA für die Sicherheit des europäischen Kontinents täten, sei nicht ersetzbar.  

Weitere Sanktionen im Gespräch

Der ukrainische Präsident Selenskyj plädierte für weitere Sanktionen gegen den russischen Energie- und Bankensektor, sollte sich herausstellen, dass es die russische Delegation mit den Verhandlungen nicht ernst meine. "Der Druck muss weiter aufgebaut werden, bis echte Fortschritte erreicht sind," forderte Selenskyj die anwesenden Staats- und Regierungschefs auf.

Bereits am Morgen hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigt, weitere Sanktionen gegen Russland zu erarbeiten. Diese sollen sich gegen die  Erdgas-Pipelines Nordstream 1 und 2 und den Finanzsektor richten. Auch wolle man die Preisobergrenze für Rohöl weiter senken. Ob diese Sanktionen mit den USA abgestimmt werden oder wurden, ist bislang nicht bekannt. Laut der Nachrichtenagentur dpa wurden die USA darauf hingewiesen, dass der Sanktionsdruck auf Russland aufrechterhalten werden müsse. 

Grundsätzlich versuche die neue Bundesregierung mehr Druck auf Russland auszuüben, erläutert Janis Emmanouilidis im Gespräch mit der DW. Allerdings, warnt der Politologe, solle man die Einflussmöglichkeiten der Europäer nicht überschätzen. Er schreibt den USA, der Türkei und China einen größeren Einfluss zu.

DW Mitarbeiterin Lucia Schulten
Lucia Schulten Korrespondentin in Brüssel