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Europa und Zentralasien

31. Juli 2002

- "Die Zusammenarbeit entwickelt sich praktisch in allen Bereichen"

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Köln, 31.7.2002, DW-radio / Russisch, Darja Brjanzewa

Im Japanisch-Deutschen Zentrum Berlin hat vor kurzem ein zweitägiges Symposium unter dem Motto "Der Beitrag Deutschlands und Japans zu einer nachhaltigen Entwicklung in Zentralasien" stattgefunden. Einer der Teilnehmer, Thomas Matussek vom Bundesaußenministerium, erklärte, "Der Westen erschließt für sich heute Zentralasien aufs Neue" (Rückübersetzung aus dem Russischen - MD). Und in der Tat - seit dem Mittelalter, genauer gesagt seit der Zeit der berühmten Seidenstraße, befasste man sich mit dem Raum der ehemaligen Sowjetrepubliken nicht mehr so eingehend wie heute. Der Direktor des kasachischen Instituts für strategische Forschungen Bulat Sultanow sagte, "die ökonomische und politische Präsenz der USA in Zentralasien ist nach den Ereignissen vom 11. September des vergangenen Jahres wesentlich stärker geworden. Wichtig ist aber, dass auch ein weiteres politisches und wirtschaftliches Zentrum der heutigen Welt - die Europäische Union - in Zentralasien präsent ist."

Vor einigen Tagen fand in Brüssel eine Sitzung des Kooperationsrates "EU-Kasachstan" und "EU-Kirgisien" statt. Aus der belgischen Hauptstadt berichtet Natalija Wikulina:

Die Europäische Kommission schlägt vor, die Hilfe für Zentralasien auf 50 Millionen Euro jährlich zu verdoppeln. Das teilte auf dem Forum in Brüssel der Vorsitzende der Europäischen Kommission, Guy Legrand, mit. Seiner Ansicht nach sollten die EU-Mitgliedsländer diesen Vorschlag prüfen. Die EU zeigt sich gleichzeitig immer stärker daran interessiert, wie die Zusammenarbeit in Wirtschaft und Handel mit den Ländern Zentralasiens erweitert werden kann. Kirgisiens Vizepremier Dschoomarm Otorbajew hat zugegeben, dass Bischkek bisher diesbezüglich keinen Grund hat, stolz zu sein, auch wenn es zwischen der Europäischen Union und Kirgisien kleine gemeinsame Projekte bei der Herstellung von Textilien, der Verarbeitung von Agrarrohstoffen gibt und eine Zusammenarbeit im Bereich der Hydroenergetik und im Bergbau geplant ist. Sehr viel hat bis heute das deutsche Unternehmen "Reemtsma" investiert, das in Kirgisien eine Tabakfabrik eröffnet hat.

Warum investiert das Ausland nur sehr ungern in die kirgisische Wirtschaft? Der EU-Vertreter Guy Legrand:

"Bei Gesprächen mit der kirgisischen Delegation ging es darum, wie die Direktinvestitionen in Kirgisien verstärkt werden können. Wir haben erklärt, dass wir bereit sind, die Hilfe zu gewähren, die für Gesetzesreformen erforderlich ist. Die Gesetze in Kirgisien müssen flexibler werden."

Nach Legrands Worten haben die derzeitigen Handelsumsätze zwischen der Europäischen Union und Kirgisien einen Wert von etwa 100 Millionen Euro.

Eine angenehme Nachricht aus der Europäischen Union erreichte vor kurzem Kasachstan: Die EU wird die Importquote für kasachischen Stahl um ein Drittel erhöhen. Auf der Sitzung des Kooperationsrates "Kasachstan-EU" sprach die kasachische Delegation auch die Frage von Lieferquoten für Fischereierzeugnisse, Getreide und Fleisch an. Angestrebt wird die Zusammenarbeit im Öl- und Gassektor sowie im Transportwesen. Darüber hinaus will die Europäische Union Astana bei den Vorbereitungen auf den Beitritt zur Welthandelsorganisation unterstützen. EU-Vertreter Guy Legrand:

"Der Weg in die Welthandelsorganisation ist stets beschwerlich. Wir sind der Ansicht, dass für Kasachstan die Mitgliedschaft in dieser Organisation sehr wichtig ist. Vor kurzem ist China aufgenommen worden, und Russland ist ebenfalls sehr um den Beitritt bemüht."

Auch im Kampf gegen den Terrorismus setzen Brüssel und die Länder Zentralasiens ihre Zusammenarbeit fort. Kirgisien hat vor kurzem der EU vorgeschlagen, sich an der Beendigung des militärischen Teils der Operation in Afghanistan noch aktiver zu beteiligen. Astana unterbreitete der Europäischen Union den Vorschlag, die großen humanitären Hilfslieferungen nach Afghanistan über kasachisches Territorium laufen zu lassen."

Die Europäische Kommission will auch administrative Reformen in Kasachstan unterstützen. Zu diesem Zweck wird in Astana eine Beamten-Bildungsstätte eingerichtet. Aus Alma-Ata berichtet Jewgenija Wyschemirskaja:

"Drei Millionen Euro stellt die Europäische Kommission für die eurasische Beamten-Bildungsstätte in Astana zur Verfügung. Die Gründung der Stätte sieht das Projekt "Technische Hilfe bei der Durchführung der staatlichen Verwaltungsreform" vor, das von der kasachischen Agentur für Staatsdienstangelegenheiten und von TACIS entwickelt worden ist. Das Projekt startete im Juli und sein wichtigstes Ziel besteht darin, die Verwaltungsreform beraterisch zu unterstützen und der Agentur für Staatsdienstangelegenheiten bei der Gründung von Filialen zur Seite zu stehen.

Das Projekt umfasst zwei Programme: Im Rahmen des ersten wird ein so genanntes Bildungssystem für Ausbildende geschaffen werden. Ausgewählte Fachleute werden zur Weiterbildung nach Deutschland, England und Irland geschickt werden, wo sie sich mit der Kunst der staatlichen Verwaltung und mit modernen Lehrmethoden vertraut machen werden. Im Rahmen des zweiten Projektteils sollen europäische Professoren eingeladen werden, um regionale Bildungsseminare abzuhalten.

Die Gründung der Beamten-Bildungsstätte in Astana ist nicht das erste gemeinsame Projekt der Europäischen Kommission und der kasachischen Agentur für Staatsdienstangelegenheiten. Es gab das auf fünf Jahre angelegte Projekt "Hilfe beim Ausbau eines einheitlichen Staatsdienstes"; weiter umgesetzt wird das Projekt "Verwaltungsreform in Kasachstan". Insgesamt werden in der Republik von der Europäischen Union finanzierte Programme im Wert von 111,6 Millionen Euro finanziert.

Außer der Hilfe beim Kampf gegen Terrorismus und Drogenhandel unterstützen die europäischen Länder die Staaten Zentralasiens auch bei der Umsetzung von Projekten, die die Wiederbelebung nationaler Traditionen der Region zum Ziel haben. Vor kurzem stellte die Regierung der Niederlande 7000 Euro für eine tadschikische Nationaltrachten-Sammlung zur Verfügung. Der Leiter des internationalen Verbandes tadschikischer Handwerker, Mukarram Kajumow, erklärte, "dass internationale Organisationen auf die Entwicklung des tadschikischen Kunstgewerbes aufmerksam geworden sind, ist für die Republik, die nach dem Bürgerkrieg wieder zum Leben erweckt wird, sehr wichtig".

Die internationale Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" unterstützt regelmäßig psychiatrische und neurologische Kliniken in Tadschikistan, indem sie die seelisch Kranken mit dem Wichtigsten versorgt: mit Medikamenten, Nahrungsmitteln und Kleidung. Europäische Umweltorganisationen helfen Umweltschützern in Zentralasien. Beispielsweise unterstützt der Naturschutzbund Deutschland, NABU, Projekte zum Schutz von Naturreservaten in Kirgisien, Kasachstan und Usbekistan. Auf Initiative deutscher Umweltschützer ist in Kirgisien die so genannte "Ibris-Gruppe" gebildet worden. Es handelt sich dabei um eine bewaffnete Einheit, die gegen Wilderer ankämpft und zu verhindern versucht, dass die seltenen Schneeleoparden, die zum Symbol Kirgisiens geworden sind, gejagt und verkauft werden.

Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Die Zusammenarbeit zwischen europäischen und zentralasiatischen Ländern entwickelt sich praktisch in allen Bereichen. (TS)