EU-Krisengipfel macht Weg frei für eine Wiederaufrüstung
7. März 2025Als Reaktion auf den außenpolitischen Kurswechsel der USA unter Präsident Donald Trump haben die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union am Donnerstag bei einem Krisengipfel in Brüssel den Weg für eine Wiederaufrüstung Europas freigemacht. "Wir bewegen uns entschlossen in Richtung eines starken und souveränen Europas der Verteidigung", sagte Ratspräsident António Costa zum Abschluss des Treffens am Donnerstagabend.
Zur Verteidigung Europas verabschiedeten die 27 EU-Länder eine gemeinsame Gipfelerklärung. Darin begrüßten sie den Vorstoß von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für eine Wiederbewaffnung Europas. Die Kommissionschefin wurde beauftragt, zeitnah detaillierte Vorschläge zu unterbreiten.
Investitionen in Milliardenhöhe
Von der Leyen hatte eine Lockerung der EU-Schuldenregeln und weitere Anreize zur Steigerung der nationalen Verteidigungsausgaben vorgeschlagen. Ziel ist es, insgesamt fast 800 Milliarden Euro zu mobilisieren. Unter anderem soll die Europäische Investitionsbank (EIB) ihre Regeln für die Kreditvergabe so ändern, dass mehr Investitionen in Rüstungsprojekte gefördert werden können.
Die Mitgliedsländer nahmen laut der Erklärung zudem "zur Kenntnis", dass von der Leyen ein neues EU-Finanzinstrument von 150 Milliarden Euro schaffen will. Das Geld soll als Darlehen an Mitgliedsländer fließen, die wegen hoher Zinsen Probleme haben, sich Geld am Kapitalmarkt zu beschaffen. Die Finanzminister sollen diesen Vorschlag nun "dringlich" prüfen.
Uneinigkeit in Ukraine-Frage
Keine gemeinsame Linie haben die Mitgliedstaaten in der Ukraine-Politik gefunden. Gegen den Widerstand Ungarns einigten sich die 26 übrigen EU-Länder auf die fortgesetzte Unterstützung der Ukraine und forderten einen dauerhaften Frieden. In einer Erklärung verurteilten sie erneut den russischen Angriffskrieg und bekundeten dem ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj volle Rückendeckung für das Ziel eines gerechten und dauerhaften Friedens. Sie bekräftigten, dass es keine Friedenslösung über die Köpfe der Ukrainer und der Europäer hinweg geben könne.
Der ungarische Regierungschef Viktor Orban weigerte sich als einziger, die Ukraine-Erklärung mitzutragen. Orban hatte den anderen Europäern vorab im Onlinedienst X vorgeworfen, den Krieg in der Ukraine verlängern zu wollen. Er hingegen wolle wie Trump den "Frieden". Orban schrieb von einem "transatlantischen Graben zwischen der Mehrheit Europas und den USA".
Die EU hatte den Krisengipfel nach dem Eklat zwischen US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus vor knapp einer Woche einberufen. Selenskyj nahm als Gast an dem EU-Gipfel teil und dankte den Europäern für ihre Rückendeckung. Es sei "sehr wichtig, dass die Ukrainer nicht allein sind - wir fühlen es und wissen es", betonte er.
Reaktion der deutschen Industrie
Nach der Einigung der EU-Staats- und Regierungschefs auf eine Wiederaufrüstung Europas erklärte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), die Hersteller von Rüstungsgütern seien zu einer raschen Ausweitung ihrer Produktion bereit. "Die europäische Industrie ist in der Lage und bereit, die Produktion rasch weiter zu steigern, schnell zu liefern und den europäischen Bedarf für jedes Szenario zu decken, sobald Aufträge erteilt werden", teilte der BDI am Freitag mit.
ch/se (dpa, afp, rtr)