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EU-Hilfe für Afghanistan

Gerda Meuer, Brüssel10. Oktober 2001

Nachdenken über Zeit nach der Taliban-Herrschaft

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Anfang September in Brüssel: Paul Nielsson, dänischer EU-Kommissar für Entwicklungspolitik, zeigt sich unbeeindruckt. Ja, er werde nach Afghanistan fahren, sagt er. Ja, die Kommission werde Afghanistan mit ein paar Millionen Euro helfen. Die Verhaftung von acht Entwicklungshelfern von "Shelter now", die ihnen drohende Todesstrafe wegen Missionsarbeit, das mittelalterliche Regime der Taliban - das alles halte ihn nicht von seiner Reise nach Afghanistan ab. Ein paar Tage später war das alles hinfällig. Denn die Reise Nielssons hätte Mitte September stattfinden sollen.

Die Europäische Kommission und die Staats- und Regierungschefs der Europäische Union haben sich von der ersten Minute an solidarisch mit den USA und ihrem Kampf gegen den Terrorismus gezeigt. Sie haben aber auch immer gesagt, es handele sich um einen Kampf an vielen Fronten: an der militärischen, an der politischen, an der diplomatischen, an der geheimdienstlichen, an der ökonomischen und schließlich an der humanitären Front.

Die EU beteiligt sich an allen diesen "Kämpfen". So haben die Außenminister gerade auf ihrer Luxemburger Ratstagung 315 Millionen Euro (umgerechnet rund 630 Millionen Mark) finanzielle Hilfe für Afghanistan und für die angrenzenden Länder zur Verfügung gestellt. Zwei Drittel dieser Summe kommen aus den nationalen Haushalten, ein Drittel stellt die Kommission aus ihrem Etat bereit. Darüber hinaus wird Brüssel aus der Haushaltsreserve sofort 25 Millionen Euro freigeben. Das alles soll den Anrainerstaaten wie Iran, Pakistan, Usbekistan und Tadschikistan helfen, die Last der Flüchtlinge besser tragen zu können.

Diese Afghanistan-Hilfe koordiniert der für Außenbeziehungen zuständige EU-Kommissar Chris Patten. Zusammenarbeiten will die Europäische Union mit dem Roten Kreuz, mit der UNO und mit nicht-staatlichen Entwicklungs- und Hilfsorganisationen: z.B. mit ACTED (Agency for technical cooperation and development), die seit langem die Flüchtlinge im Norden Afghanistans unterstützt, deren Bedürfnisse kennt und den Menschen nicht nur Weizen bringt, sondern ihnen auch hilft, Straßen zu bauen.

Die EU setzt auf ihr Netzwerk in Pakistan, das seit Jahren als Ausgangspunkt für die Afghanistan-Hilfe dient. Hier sitzen alle Hilfsorganisationen, die auch vor den Gegenangriffen der Amerikaner beeindruckende Hilfe für die Menschen in Afghanistan leisteten, so EU Kommissar Nielsson. In Brüssel glaubt man, mit Lastwagenkonvois Lebensmittel ins Land bringen zu können.

Die EU denkt aber auch an die Zeit nach der Talibanherrschaft. Die Außenminister würden dann gerne eine Übergangsregierung unter der Führung des 86-jährigen früheren afghanischen Königs Zahir Schah sehen. Die neue Regierung müsse auf den historischen Strukturen der afghanischen Stammesgesellschaft aufbauen und von allen Ethnien getragen werden, heißt es in Brüssel. Ein europäisches Protektorat lehnen die Außenminister ab. Doch zur Zeit geht es nicht um den Tag danach, sondern um Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus und um Hilfe für die notleidende Zivilbevölkerung. Beides will die EU leisten.