Es muss nicht immer Hochdeutsch sein
In Dr. Bernd Hambüchens Kurs in der "Akademie för uns kölsche Sproch" sitzen alte Damen neben Geschäftsleuten und Studenten. Alle Teilnehmer haben etwas gemeinsam: die Lust auf Kölsch - den Kölner Dialekt. Wer möchte, kann nach zwei Semestern eine Sprachprüfung machen und das sogenannte "Kölsche Abitur" bekommen.
Dr. Hambüchen sagt, dass man Kölsch lernen kann, und erklärt, wie das geht: "Sie müssen ein gutes 'L' sprechen, ein gutes 'ääääi', und am besten mit dem 'sch' und dem 'ch' nicht so wirklich Bescheid wissen." Er glaubt, dass die meisten Leute Kölsch lernen, um sich in Köln besser unterhalten zu können.
Der Leiter der Akademie, Professor Hans-Georg Bögner, hat eine andere These: In Zeiten der Globalisierung, so Bögner, suchen immer mehr Menschen eine Verbindung zu ihrer Heimat. Dr. Georg Cornelissen, der in einem Sprachforschungsinstitut im Rheinland arbeitet, unterstützt diese These. Er weist aber auch darauf hin, dass Dialekte in Deutschland immer weniger gesprochen werden. Besonders in Norddeutschland sind viele fast ausgestorben.
Um die kölsche Sprache zu retten, organisiert die Akademie sogar "Kölsch-AGs" an Kölner Schulen. Bögner sagt: "Wir wollen mit solchen Programmen Kölsch lebendig halten. Ansonsten fällt unser Dialekt auseinander." In Köln heißt es nämlich: "Wat fott es, es fott."
Glossar
Hochdeutsch, das - die überregionale Form der deutschen Sprache, die in der Schule unterrichtet und in den Medien gesprochen wird
Dialekt, der - die Art und Weise, wie man eine Sprache in einer bestimmten Region spricht, die sich vom → Hochdeutschen unterscheidet
aussterben - hier: nicht mehr gebraucht werden; verschwinden; weniger werden
Kölsch, das - hier: der Kölner → Dialekt (auch: eine Biersorte, die in Köln gebraut wird)
för uns kölsche Sproch (Kölner Dialekt) - für unsere Kölner Sprache
Semester, das - das Studienhalbjahr (ein Studienjahr dauert zwei Semester; es gibt ein Wintersemester und ein Sommersemester)
Abitur, das - höchster Schulabschluss in Deutschland, mit dem man berechtigt ist, an einer Universität zu studieren
mit etwas Bescheid wissen - richtig: über etwas Bescheid wissen; etwas gut kennen
Globalisierung, die - das moderne Phänomen der weltweiten Kommunikation und Vernetzung
Sprachforschungsinstitut, das - wissenschaftliche Institution, in der Sprachen untersucht werden
Rheinland, das - die Region um den Mittel- und Niederrhein, in der auch die rheinischen Dialekte gesprochen werden
auf etwas hinweisen - auf etwas aufmerksam machen; dafür sorgen, dass etwas beachtet wird
AG, die - hier Abkürzung für: die Arbeitsgruppe, an der Schüler freiwillig teilnehmen
etwas fällt auseinander - etwas verschwindet; etwas wird weniger; etwas geht verloren
es heißt - man sagt
Wat fott es, es fott. (Kölner Dialekt) - Redewendung: Was weg ist, ist weg. Wenn etwas verschwunden ist, dann ist es für immer weg.
Fragen zum Text
1. Welche Aussage ist richtig? "För uns kölsche Sproch" ist …
a) ein Gymnasium, an dem man das Abitur machen kann.
b) eine Institution, die den Kölner Dialekt unterrichtet.
c) ein Institut, das Sprachen erforscht.
2. Dr. Bernd Hambüchen glaubt, dass die meisten Kölsch lernen, …
a) damit sie sich in Köln besser verständigen können.
b) weil sie eine Verbindung zu ihrer Heimat suchen.
c) um zu verhindern, dass Kölsch ausstirbt.
3. Wenn man "mit dem 'sch' und dem 'ch' nicht so wirklich Bescheid" weiß, …
a) dann macht man viele Rechtschreibfehler.
b) dann ist man Kölner.
c) dann sagt man zum Beispiel "Mädschen" statt "Mädchen".
4. Eine These kann man nicht nur haben, sondern auch …
a) unterstützen.
b) meinen.
c) halten.
5. Welche Aussage stimmt gar nicht? Bögner sagt: …
a) Wenn wir den Kölner Dialekt nicht lebendig halten, fällt er auseinander.
b) Nicht die Dialekte sollen auseinanderfallen, sondern die Hochsprache.
c) Wer die Dialekte am Leben halten will, sollte sie auch lernen.
Arbeitsauftrag
Wählen Sie drei der fünf angegeben kölschen Sprüche aus und versuchen Sie (auch mit Hilfe des Internets) herauszufinden, was sie bedeuten. Schreiben Sie zusammen mit einem Partner einen Dialog, in dem einer dieser Sprüche auftaucht.
a) Et kütt, wie et kütt.
b) Et hätt noch immer jot jejange.
c) Wat wellste maache?
d) Leever rich un jesund als ärm un krank.
e) Kenne mer nit, bruche mer net, fott domet.
Autoren: André Leslie/Natali Petala
Redaktion: Shirin Kasraeian