Erhard Busek nennt ungelösten Status des Kosovo als Problem für die grenzüberschreitende Kooperation
19. Juli 2002Köln, 17.7.2002, DW-radio / Albanisch
Der Koordinator des Stabilitätspaktes für Südosteuropa, Erhard Busek, hat bekannt gegeben, dass der Stabilitätspakt den Bau der Straßen Prishtina-Nis (serbisch: Pristina) und Prishtina-Shkup (Skopje – MD) unterstützen wird. Unser Kollege Islam Spahiu fragte Busek, was für Vorteile Kosova aus dem Stabilitätspakt ziehen werde. In seiner Antwort sagte Busek unter anderem:
Busek:
Generell gibt es in Südosteuropa ein großes Problem: Wenn ein Land in seiner Stabilität gefährdet ist, hat das Auswirkungen auf die anderen. Das ist quasi eine Interdependenz, das hängt von einander ab. Mir bereitet die Lage in Mazedonien große Sorge. Es ist zu hoffen, dass nach den Wahlen eine Form einer Zusammenarbeit gefunden wird, die eine weitere Entwicklung garantiert. Es hat nämlich zur Folge, dass auch die wirtschaftliche Entwicklung in Mazedonien zurückgefallen ist.In den letzten Tagen macht mich die Situation in Belgrad besorgt - mit den internen Spannungen - wobei man anerkennend sagen muss, dass seit dem Sturz von Milosevic die Entwicklung in Jugoslawien, Serbien eine ganz ausgezeichnete ist, so dass es mir leid täte, wenn wir hier einen Rückfall hätten. Es sind hier zwei Punkte: Ein bleibendes Problem ist die Tatsache, dass wir eine Gefahr nicht gelöst haben. Das ist der Status von Kosovo; die Gefahr ist sehr groß, dass Kosovo quasi ein schwarzes Loch auf der Landkarte wird; nicht intern, sondern in der grenzüberschreitenden Kooperation. Das muss geklärt werden.
Und das zweite ist, dass ich große Hoffnungen habe, dass Lord Ashdown seinen Beitrag dazu leistet, Bosnien-Herzegowina zu reintegrieren; es fehlt uns als Partner. Man kann mit der bisherigen Entwicklung zufrieden sein, wenn wir aus den Schlagzeilen sind. Es ist immer ein gutes Zeichen. Immerhin geht es um Krisen, Kriege, Vertreibungen. Aber das, was wir jetzt erreichen müssen, ist eine stärkere wirtschaftliche und politische Entwicklung. Wirtschaftlich sind eigentlich die leichteren Privatisierungen abgeschlossen, und das, was uns heute fehlt, ist Greenfield Investment, damit die wirtschaftliche Situation besser wird.
Frage
: Speziell zum Kosovo: Wie ist es da mit dem wirtschaftlichen Aufbau?Antwort:
Ich glaube, dass es Kosovo intern gar nicht so schlecht geht. Offensichtlich sind die Kosovoalbaner im Bereich von Klein- und Mittelbetrieben sehr geschickt, genauso wie sie seinerzeit auch den Wiederaufbau ihrer Häuser sehr rasch gelöst haben. Nur Kosovo besteht nicht alleine und wir brauchen die entsprechenden Verbindungen und rechtliche Regelungen. (...)Frage
: Wie kann Kosovo momentan vom Stabilitätspakt profitieren?Antwort:
Das hängt von der Lösung der sogenannten Fragen ab. Wir sind äußerst interessiert, einige Infrastrukturprojekte durchzuführen. So möchte ich darauf verweisen, dass die Straße von Pristina nach Nis und die Strasse von Pristina nach Skopje eine ganz große Bedeutung hat und durchaus verbessert gehört. Ebenso wenn der Freihandel verstärkt wird, genauso wie die Bekämpfung des organisierten Verbrechens. Es wäre zweifellos notwendig, Kosovo vom Odium zu befreien, dass das der Ort ist, wo das organisierte Verbrechen grassiert.Frage:
In Tirana spricht man momentan viel über die Straße von Tirana nach Prizren. Kann man hier vom Westen beziehungsweise vom Stabilitätspakt Hilfe erwarten?Antwort: Straßen lösen keine Probleme. Straßen sind eine Hilfe, Infrastruktur ist eine Hilfe. Das löst keine politischen Probleme. Ich verstehe das Interesse an dieser Straße, muss aber noch deutlich dazu sagen: das ist eine Frage der Prioritäten und man kann nicht alles gleichzeitig bauen.
Frage
: Was ist das Wichtigste, was man vom Stabilitätspakt erwartet?Antwort
: Das Wichtigste ist sicher die europäische Perspektive, die eigentlich auch die Kraft zur Veränderung ist, und das Zweite ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Wenn man den Stabilitätspakt wegrechnet, würde es nicht soviel grenzüberschreitende Zusammenarbeit geben. Das Gefühl, das Sie zitieren, verstehe ich - vom Bürger aus gesehen - mit Recht. Man möchte Straßen sehen, Schienen, Brücken usw., verkennt aber meistens, dass die größten Hindernisse zur Durchführung meistens in den Ländern selber liegen. Also nehmen wir ein kleines Beispiel: Es hat lange gedauert, bis wir Rumänien und Bulgarien überzeugt haben, dass die Donaubrücke notwendig ist.Die Schwierigkeiten, die Donau bei Novi Sad zu räumen, sind bekannt. Wir hängen jetzt daran, dass die serbische Regierung glaubt, mehr als zwei Jahre zu brauchen, um eine Brücke zu bauen. Das spricht gegen alle internationalen Erfahrungen. Die Frage des Eigentums an Grund und Boden und beim Straßenbau ist ein solches Problem. Dort, wo wir Mittel zur Verfügung stellen, gibt es natürlich Staaten, die sich weigern, den Plänen zu folgen, also wie die Gelder abgewickelt werden. Wir sind aber gegenüber dem Staat sorgeverpflichtet, Kontrollen durchzuführen, hier muss man die Regeln akzeptieren. Das Problem des Stabilitätspaktes ist, dass er gleich zu Beginn zu große Erwartungen angeregt hat, und hier kann man nicht alles in kurzer Zeit machen. Ich habe die unangenehme Rolle, die Erwartungen zu senken und auch auf die Schwierigkeiten zu verweisen, die es gibt; die es auch auf der Seite der Geberländer gibt. Das soll überhaupt nicht bestritten werden. Ich muss aber sagen, dass bisher alle zu ihrem Versprechen gestanden sind. Die Schnelligkeit der Abwicklung könnte besser sein, aber das gilt für alle Partner. (Interview: Islam Spahiu) (MK)