Ende der Politblockade: Der Libanon hat eine neue Regierung
9. Februar 2025Der krisengeschüttelte Libanon steuert in ruhigeres Fahrwasser. Das Land am östlichen Mittelmeer wird nicht mehr von einer Übergangsverwaltung geführt. Der am 9. Januar vom Parlament in Beirut gewählte Präsident Joseph Aoun hat an diesem Wochenende eine neue Regierung ernannt. Zudem akzeptierte er den Rücktritt von Übergangsregierungschef Nadschib Mikati, der Mitte Januar in einer Parlamentsabstimmung deutlich gegen Nawaf Salam unterlegen war, der nun Ministerpräsident ist.
Nach Angaben des Präsidentenbüros besteht das Kabinett aus 24 Ministern. Dabei handele es sich hauptsächlich um Experten, die überparteilich zusammenarbeiten sollen, um das krisengebeutelte Land wiederaufzubauen, ließ Staatschef Aoun verlauten. Mitglieder der pro-iranischen Schiitenmiliz Hisbollah gehören der neuen Regierung des Nahost-Staats nicht an.
Schwächung der Hisbollah
Der neue Premier ist ein sunnitischer Muslim. Nawaf Salam war zuvor Präsident des Internationalen Gerichtshofs (IGH) in Den Haag. Er gilt bei Unterstützern als unparteiisch. Experten sehen in seiner Wahl eine Schwächung der Hisbollah, deren Vertreter auch im Beiruter Parlament sitzen.
Die UN begrüßten die Regierungsbildung, nachdem der Libanon zuvor mehr als zwei Jahre lang von einem Interimskabinett geführt worden war. "Die heutige Regierungsbildung läutet ein neues und helleres Kapitel für den Libanon ein", sagte die UN-Sondergesandte für den Libanon, Jeanine Hennis-Plasschaert.
Ministerpräsident Salam versprach, den Libanon aus der anhaltenden Wirtschaftskrise zu führen. "Reformen sind der einzige Weg zur Rettung", sagte der 71 Jahre alte Jurist in einer Fernsehansprache.
Er wolle das Vertrauen der Bürger in den Staat sowie das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft und der arabischen Nachbarstaaten in den Libanon wieder herstellen, verkündete Salam. Zudem versicherte er, das Waffenruheabkommen umzusetzen, das Ende November den jüngsten Krieg zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah beendete.
Dauerkonflikt im Süden
Das Land befindet sich seit Jahren in einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise. Seit 2022 herrschte eine politische Blockade und der Libanon wurde von einer Übergangsregierung verwaltet. Ein festgelegter Religionsproporz erwies sich als zusätzliche Hürde. Demnach muss der Staatspräsident maronitischer Christ sein, der Ministerpräsident Sunnit und der Parlamentspräsident Schiit.
Hinzu kamen die heftigen Gefechte zwischen Israel und der Hisbollah. Der Dauerkonflikt war erneut eskaliert, nachdem die mit der Hisbollah verbündete palästinensische Terrororganisation Hamas am 7. Oktober 2023 ein beispielloses Massaker in südisraelischen Ortschaften und auf einem Musikfestival verübt hatte.
AR/haz (kna, afp)