"Eine Regierung ohne die Demokratische Union für Integration wäre ein großer Fehler"
19. September 2002Köln, 19.9.2002, DW-radio / Albanisch
Ali Ahmeti, der frühere Kommandeur der inzwischen offiziell aufgelösten albanischen Nationalen Befreiungsarmee, hat mit seiner erst im Juni registrierten Partei bei den Parlamentswahlen in Mazedonien am Sonntag die meisten Stimmen bei der albanischen Bevölkerung des Landes errungen. Nach dem gestern (18.9.) bekannt gegebenen offiziellen Endergebnis gewann die Demokratische Union für Integration 16 Mandate im neuen Parlament. Seit der Unabhängigkeit Mazedoniens vom Vielvölkerstaat Jugoslawien waren die Albaner mit verschiedenen Parteien an jeder Regierung des Landes beteiligt. Angesichts der Vergangenheit des inzwischen moderat auftretenden Ali Ahmeti und seiner Partei stellt sich derzeit die Frage, wie stark diese neue Albaner-Partei in der neuen Regierung vertreten sein wird.
Frage
: Herr Ahmeti, wo liegt der Schlüssel des Wahlerfolgs Ihrer jungen Partei gegenüber den anderen etablierten albanischen Parteien?Antwort:
Wir haben gehalten, was wir den Albanern versprochen hatten, das heißt, wir haben die Albanische Frage auf die Internationale Tagesordnung gebracht. Dieser Erfolg ist nicht durch einen Kompromiss zwischen den politischen Parteien hier im Lande erreicht worden, sondern durch internationale Unterstützung und Vermittlung, und er wird von drei internationalen Beschlusszentren, von der USA, der Europäischen Union und der NATO abgesichert. Wir sind zuversichtlich, dass das Abkommen von Ohër (Ohrid – MD) als Ganzes umgesetzt wird, man braucht dafür jedoch viel Engagement, Seriosität und Aufrichtigkeit, sowohl von den Parteien, die das Abkommen unterzeichnet haben, als auch von uns, als politische Kraft, die den Segen der albanischen Wählerschaft bekommen hat.Frage:
Hat Ihre Partei mittlerweile eine Einladung von (dem Vorsitzenden der Sozialdemokraten – MD) Branko Crvenkovski und seinem politischen Bündnis zu Regierungsverhandlungen bekommen?Antwort
: Nein, wir haben noch keine Gespräche in dieser Richtung geführt, weil alle Parteien noch, sagen wir, die festliche Stimmung nach den Wahlen genießen, aber solche Gespräche werden sicherlich in den nächsten Tagen stattfinden. Es würde sich als ein großer Fehler erweisen, wenn Herr Crvenkovski die künftige Regierung ohne die Demokratische Union für Integration bilden würde. Sollte Herr Cervenkoski diesen Schritt tatsächlich tun, dann würde er den Willen von 150 000 albanischen Wählern nicht respektieren. Herr Crvenkovski sollte darauf achten, die Fehler der Vergangenheit nicht zu begehen, als der Wille der Mehrheit nicht respektiert wurde und Beschlüsse gefasst wurden, die weder zugunsten der Albaner noch der anderen Ethnien hier in Mazedonien waren.Frage:
Herr Ahmeti, Sie haben die albanischen politischen Kräfte zu einer gemeinsamen Beteiligung an der neuen Regierung aufgerufen. Verstehen Sie darunter auch eine Aufteilung der möglichen Regierungsposten, die Ihre Partei bekommen könnte?Antwort:
Nein, wir denken daran, direkt und nicht über Vermittler Verhandlungen mit der Partei aufzunehmen, die die Mehrheit der Stimmen bei der mazedonischen Bevölkerung errungen hat, in diesem Fall mit dem Sozialdemokratischen Bund Mazedoniens und seiner Koalition "Gemeinsam für Mazedonien" aufzunehmen. Es wäre für uns wünschenswert, dass auch die albanischen Parteien, die weniger Stimmen als unsere Partei bekommen haben, den Willen der Albaner Mazedoniens und unsere Partei respektieren, damit wir die Verhandlungen zur Regierungsbildung aufnehmen können.Frage:
Im Kosovo, wo es auch eine Befreiungsarme gab, haben die bekanntesten Kriegsexponenten freiwillig oder widerwillig darauf verzichtet, Posten an der späteren Kosovo-Regierung zu übernehmen. Der Vorsitzende der Demokratischen Partei Kosovas, Hashim Thaçi, zum Beispiel, wurde nicht Ministerpräsident. Können Sie sich vorstellen, dass dies auf Wunsch Ihrer Partei auch in Mazedonien geschieht, dass heißt, dass diejenigen, die sich im Krieg exponiert haben, nicht in die Regierung eintreten?Antwort:
Wenn der Wille der Demokratischen Union für Integration missachtet wird, dann werden sicherlich neue Situationen entstehen. Wir sind nicht gewillt, mit dem Vertrauen der albanischen Wähler zu spielen, denn wir haben uns nicht engagiert, um nur einen Sessel im Parlament Mazedoniens zu besetzen, sondern um die Ideale der Albaner und der anderen Ethnien, der Vlachen, Roma, Bosnier, die uns während des Krieges, aber auch bei diesen Wahlen unterstützt haben, umzusetzen. (...)Frage:
Es ist immer noch ein Haftbefehl gegen Sie in Kraft, erlassen vom mazedonischen Innenministerium. Laut dieser Anordnung sind Sie zu verhaften, wenn man feststellt, wo Sie sich befinden. Können Sie sich trotzdem frei bewegen?Antwort
: Ich habe in meinem Heimatdorf Zajaz in der Gemeinde Kerçova (mazed. Kicevo – MD), meine Stimme für diese Wahlen abgegeben. Dieser Ort befindet sich etwa 50 km von Tetova (mazed. Tetovo – MD). Ich war so oft ich konnte bei allen zentralen Kundgebungen meiner Partei, von Struga bis Kumanova (mazed. Kumanovo – MD), dabei. Es ist sehr schwierig für Herrn Boskovski (den amtierenden Innenminister - MD) oder für die Staatanwaltschaft, den äußerst unfairen Haftbefehl gegen mich zu vollstrecken, denn ich bewege mich immer in Begleitung von tausenden von Bürgern. Sie müssen verstehen, dass wir eine Vereinbarung getroffen haben, und zwar mit internationaler Vermittlung. Wir als Nationale Befreiungsarmee haben die Genfer Konvention über den Krieg und das Haager Tribunal respektiert. Aufgrund der von uns unterzeichneten Vereinbarung werden alle Kriegsparteien amnestiert. Wenn Verstöße (gegen die Genfer – Konvention - MD) festgestellt werden, dann ist dafür das Haager Tribunal zuständig. Und wir werden jeden Beschluss des Haager Tribunals respektieren. Eine Anklage gegen mich oder meine Mitkämpfer liegt außerhalb der Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft Mazedoniens und des Innenministers. (Interview: Auron Dodi) (MK)