Ehemaliger jugoslawischer Generalstabschef Momcilo Perisic wegen Spionage vor Gericht
1. Juni 2004Belgrad, 1.6.2004, BETA, serb.
Die Gerichtsverhandlung gegen den ehemaligen stellvertretenden Ministerpräsidenten Serbiens, Momcilo Perisic, beginnt heute vor dem Militärgericht in Belgrad. Perisic ist wegen Spionage für die USA angeklagt. Er wurde am 14. März 2002 in einem Motel an der Ibar-Landstraße zusammen mit einem hohen Mitarbeiter der amerikanischen Botschaft in Serbien und Montenegro, John David Neighbor, festgenommen.
Gegen Perisic wurde am 30. September 2002 Anklage erhoben, allerdings wurde das Verfahren eingestellt, weil der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt noch als Abgeordneter diplomatische Immunität genoss. Perisic war auch Generalsstabschef der Armee Jugoslawiens. Zum Zeitpunkt seiner Verhaftung war er indes stellvertretender Ministerpräsident Serbiens, Abgeordneter der DOS im Parlament der Bundesrepublik Jugoslawien und Vorsitzender des Sicherheitsausschusses im Republikrat des Parlaments der Staatengemeinschaft.
Außer Perisic und Neighbor sind auch das ehemalige Mitglied des Generalstabs-Büros der Armee Jugoslawiens, Oberstleutnant Miodrag Sekulic, und der Zivilist, Vladan Vlajkovic, angeklagt. Die Anklage beschuldigt Oberstleutnant Miodrag Sekulic des Verrats von Militärgeheimnissen und Vladan Vlajkovic der Beihilfe dazu.
Der Anwalt von Perisic, Nemanja Aleksic, erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur BETA, sein Mandant werde heute vor Gericht erscheinen. Seiner Einschätzung nach handle es sich jedoch um "ein nicht-existentes Gericht eines mehr oder minder nicht-existenten Staates". Perisic zweifelte zuvor die Legitimität des Militärgerichts an, da es sich ihm zufolge um ein Gericht handle, das nicht existiert und dessen Richter "unter politischem Einfluss bestimmter Machtzentren stehen".
Die Verfassungscharta von Serbien und Montenegro sieht vor, dass die Militärgerichte abgeschafft werden und ihre Zuständigkeit sowie alle Verfahren an Zivilgerichte fallen, was bislang noch nicht geschehen ist.
Für die Straftat Spionage droht eine Haftstrafe 15 Jahren, und für die Sekulic und Vlajkovic zur Last gelegten Straftaten Haft bis zu fünf Jahren. (md)