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DW-Korrespondentin in Usbekistan festgenommen

2. Mai 2003

- Liste verhafteter Journalisten und geschlossener Medien wird in Zentralasien immer länger

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Köln, 2.5.2003, DW-radio / Russisch, Darja Brjanzewa, Oras Saryjew, Saida Jusupchanowa

Am 3. Mai wird wie bekannt der internationale Tag der Pressefreiheit begangen. Davon, wie frei die Journalisten in Zentralasien sind, zeugt bereits die Tatsache, dass am Donnerstag (1.5.) im Zentrum von Taschkent die Korrespondentin der "Deutschen Welle" Natalja Buschujewa festgenommen wurde. Grund der Festnahme? Buschujewa hatte ein Aufnahmegerät in der Hand und wollte Interviews mit Passanten und Zeitungshändlern führen. Natalja bereitete Material für die heutige Sendung vor. Die Korrespondentin wurde nach Verhandlungen mit Vertretern des Innenministeriums freigelassen. Sie hat jedoch, wovon man ausgehen muss, einige nicht gerade angenehme Stunden im Polizeirevier verbracht. So sieht das Geschenk aus, das die usbekischen Machtorgane der Journalistin Natalja Buschujewa im Vorfeld ihres Berufsfeiertages machten.

Wie der Journalist Alischer Dschurajew in seinem Material über die Freiheit des Wortes in Usbekistan schreibt, werden Mitarbeiter der Massenmedien dieser Republik Repressionen unterzogen. Beliebte Druckmittel seien das Unterschieben von Drogen, Patronen und Wahhabiten-Flugblättern, die Schließung von Zeitungen, Verleumdung, Telefondrohungen, die sowohl an die Reporter persönlich als auch an deren Familienangehörige gerichtet werden. Zu den kürzlich festgenommenen oder bereits verurteilten Journalisten gehören Gajrat Michlibojew, Tuchtamurad Toschew (Chefredakteur der Zeitung "Adolat"), Lutfillo Mamasolijew (Korrespondent der Zeitung "Golos Usbekistana"), der Journalist aus Kaschka-Darja Olim Toschew. Die Liste kann endlos fortgesetzt werden, so Dschurajew.

Ähnlich ist die Situation auch in Kasachstan. Zur Zeit sitzt der bekannte Journalist Sergej Duwanow eine Haftstrafe ab, der seinerzeit im Internet einen kritischen Artikel über ausländische Bankkonten der Präsidentenfamilie veröffentlichte. Ihm wird vorgeworfen, eine Minderjährige vergewaltigt zu haben. Die Kollegen von Duwanow sind jedoch überzeugt, dass die Anklage fabriziert wurde und Duwanow selbst ein politischer Gefangener ist. Die Präsidentin der unabhängigen gesellschaftlichen Stiftung "Journalisten in Gefahr" Roslana Taukina berichtete der "Deutschen Welle", wie die Kampfgefährten und Freunde von Duwanow den internationalen Tag der Pressefreiheit begehen wollen:

"Den 3. Mai betrachten wir als Tag der Solidarität der Journalisten. Wir bereiten jetzt ein Päckchen für Sergej Duwanow vor. Wir wollen ihm einen Brief schreiben, ihm Bücher und Zeitungen schicken. Seinen letzten Brief haben wir erst kürzlich bekommen. Darin dankt er allen für die Unterstützung. Das Wichtigste sei, schreibt er, dass die Gefangenen ihn gut, mit Verständnis aufgenommen hätten. Sie wüssten, dass er ein politischer Gefangener sei. Man verhalte sich ihm gegenüber gut. Wir befürchten, dass die Gefängnisleitung dort irgend etwas provozieren könnte, er genießt jedoch bereits bestimmtes Ansehen. Er schreibt: ‚Ich halte durch. Alles in Ordnung.‘ Innerlich ist er immer noch so stark wie früher. Auch schreibt er: ‚Ich bin noch erboster geworden. Ich laufe hin und her und denke stets darüber nach, was ich noch alles schreiben werde.‘"

Im Vorfeld des internationalen Tages der Pressefreiheit äußerte Roslana Taukina ihre Hoffnungen bezüglich der Freiheit des Wortes in Kasachstan:

"In Kasachstan kann es unter den Journalisten keine große Solidarität geben, da alle Medien von den Gründern abhängen und Gründer von 80 Prozent der nicht staatlichen Medien die Präsidentenfamilie ist. Deshalb können die Journalisten lediglich an bestellten Themen, offiziellen Versionen arbeiten. Aus diesem Grund sind wir eben auf internationale Solidarität angewiesen. Deshalb rufen wir die internationale Gemeinschaft auf, Kasachstan nicht zu vergessen und Solidarität mit den kasachischen Medien zu äußern, die versuchen, die derzeitigen Machtorgane zu kritisieren, eine Opposition darzustellen."

Jetzt zu Turkmenistan. Es berichtet unser Sonderkorrespondent Oras Saryjew:

"Der Tag der Presse unterscheidet sich in Turkmenistan durch nichts von anderen Tagen. Gründer aller zentralen und Gebietszeitungen ist der Präsident des Landes Saparmurad Nijasow. An der Spitze des Journalistenverbandes steht dessen Kampfgenosse. Der Morgen beginnt auf den Bildschirmen mit einem Eid. Es wird Treue dem Präsidenten gegenüber bekundet. Die Listen der unter ungeklärten Umständen verschwundenen Journalisten werden immer länger."

Darüber, wie es mit der Pressefreiheit in Kirgisistan steht, berichtet Saida Jusupchanowa:

"In offiziellen Ansprachen verkündet die Führung Kirgisistans die Prinzipien der Demokratie, der Freiheit des Wortes und der Medien. In Kirgisistan wurde ein Gesetz über Massenmedien angenommen, in dem es heißt, dass diese nicht der Zensur unterzogen werden. Wie sieht es jedoch in Wirklichkeit aus? Hier die Meinung des Chefredakteurs der unabhängigen Zeitung "Tribuna" Yrys Omurasakow:

"Natürlich gibt es bei uns die Freiheit des Wortes, das ist jedoch eine Freiheit mit Maulkorb. Kommt die Kritik seitens der Machthaber, so nutzen diese die Gerichtsorgane, um die Freiheit des Wortes einzuschränken, dem Journalisten zu zeigen, dass Freiheit gut ist, dass die Machtorgane jedoch nicht angetastet werden dürfen. Was die Klagen gegen unabhängige Zeitungen und Journalisten angeht, so liegen wir wahrscheinlich auf dem ersten Platz."

Die Massenmedien Kirgisistans wurden von einer Welle von Gerichtsklagen überschüttet. Die meisten Klagen entfallen auf die Zeitung "Moja stoliza" (Meine Hauptstadt – MD). Die letzte Klage stammt vom Premierminister Kirgisistans Nikolaj Tanajew. Er verlangt von der Zeitung etwa 340 000 Dollar Schmerzensgeld. Die Mitarbeiter der Zeitung sind der Meinung, dass die Machthaber eine gezielte Kampagne führen, um die Zeitung zu zerstören. Dazu der Mitarbeiter von "Moja stoliza" Samir Osorow: "Das ist eine bereits getestete Methode der Machthaber im Kampf gegen unabhängige Journalisten."

Derzeit ist das Bankkonto der Zeitung gesperrt. Das gleiche Schicksal hat auch die unabhängige Zeitung "Kyrgys Ordo" heimgesucht. Gegen diese klagt der Direktor des Zollamtes der Republik, Ajdar Djujschalijew. Er fühlt sich beleidigt, weil die Zeitung einen Artikel veröffentlicht hat, in dem es heißt, dass die Doktorarbeit von Djujschalijew ein Plagiat ist. "Die Zeitung ‚Kyrgys Ordo‘ wurde, weil sie die Wahrheit geschrieben hat, vor etwa vier Monaten von einem Gericht geschlossen. Und das obwohl alle Fakten, die der Artikel enthält, durch Aufnahmen und Zeugenaussagen bestätigt wurden", so Omurasakow.

Klagen wurden in letzter Zeit ferner gegen die Zeitungen "Respublika", "Kyrgys Ruchu", "Delo Nr." usw. eingereicht. Im Zusammenhang damit, dass unabhängige Massenmedien immer häufiger verfolgt werden, haben kirgisische Rechtsschützer einen Appell zum Schutz der Freiheit des Wortes veröffentlicht. Darin heißt es, dass die Machtorgane Kirgisistans aus politischen Motiven den Journalisten nicht die Möglichkeit gewähren, sich frei und ehrlich zu äußern. Das mache der Führung des Landes nicht gerade Ehre und stelle die demokratischen Werte in Kirgisistan in Frage. (lr)