Boykott USA! Antworten auf Trumps Zolldrohungen
18. März 2025Kanada und einige skandinavische Länder stehen an der Spitze eines wachsenden internationalen Trends: Weltweit wollen immer mehr Verbraucher US-Waren meiden, weil Präsident Donald Trump beschlossen hat, Zölle auf eine Reihe von Produkten aus aller Welt zu erheben.
In den letzten Wochen wurden mehrere Facebook-Gruppen gegründet, um Boykotte und Kampagnen zu organisieren. Eine schwedische Gruppe namens "Bojkotta varor fran USA" (schwedisch für "Boykottiert Waren aus den USA") hatte zum 14. März schon fast 80.000 Mitglieder. Sie beschreibt ihren Zweck als "Schutz von Demokratie, Selbstbestimmung und Sicherheit" und hofft, dass Boykotte Druck auf die Trump-Regierung ausüben werden.
Die Nutzung der amerikanischen Plattform Facebook dafür sei gerechtfertigt, da sie "die beste Waffe" sei, hieß es weiter. Mehrere ähnliche kanadische Gruppen wurden gleichfalls auf Facebook gegründet. Eine französische Gruppe namens "BOYCOTT USA: Achetez Francais et Europeen!" (dt: Kauft französische und europäische Produkte!) hat bereits über 20.000 Mitglieder.
Verbraucher haben Einfluss
Auch in Deutschland scheint es Unterstützung für so eine Haltung zu geben. Eine Umfrage des Marktforschungsunternehmens Civey im Auftrag der Wirtschaftszeitung Handelsblatt ergab, dass 64 Prozent der Deutschen US-Produkte nach Möglichkeit meiden würden. Eine knappe Mehrheit gab an, dass Trumps Politik ihre Kaufentscheidungen bereits beeinflusst.
Garritt van Dyk, Geschichtsdozent an der University of Waikato in Neuseeland, hat zu Verbraucherboykotten publiziert. Sie seien in den letzten Jahren populär geworden, da sie neben der Stimmabgabe bei Wahlen eine zusätzliche Möglichkeit zur politischen Meinungsäußerung darstellen.
Tesla leidet unter seinem Chef
Bisher liegen nur wenige Daten vor, die belegen, ob solche Kampagnen Wirkung zeigen. Ein Beispiel jedoch lässt eine genauere Betrachtung zu: die E-Autos von Elon Musks Tesla-Produktion. Bei ihnen gibt es eine deutliche Verbindung zur Trump-Regierung. Die Elektroautomarke wird von Elon Musk geführt, einem hochrangigen Berater Trumps, der faktisch das neu gegründete Behörde für Regierungseffizienz (DOGE) leitet.
Laut Daten des Verbands der Europäischen Automobilhersteller brachen die Tesla-Verkäufe in Europa im Januar ein und sanken im Vergleich zum gleichen Vorjahreszeitraum um 45 Prozent. In Europa waren die Verkäufe schon im gesamten Vorjahr zurückgegangen, und zwar in der Europäischen Union um 13 Prozent.
Boykotte seien über alle politischen Lager hinweg populär geworden, so der Historiker Van Dyk zur DW. Er verwies auf das Beispiel des US-Bierherstellers Bud Light, der ab April 2023 mit Boykottaufrufen konservativer Kunden in den USA zu kämpfen hatte. Der Boykott war die Reaktion auf eine Werbekampagne von Bud Light, in der auch eine Transgender-Person vorkam. In der Folge gingen die Bierverkäufe des Unternehmens deutlich zurück. "Es kann von überall her kommen", sagte van Dyk dazu: "Es ist nicht nur ein progressives Instrument."
Kanada als US-Bundesstaat? Nicht mit uns!
Die Stimmung gegen US-Waren scheint in Kanada besonders stark zu sein. Trump hat 25-prozentige Zölle gegen Kanada durchgesetzt, obwohl die beiden Länder langjährige Verbündete sind und eine fast 9.000 Kilometer lange Grenze teilen. Trump hat außerdem wiederholt davon gesprochen, Kanada zum 51. Bundesstaat der USA zu machen, und den scheidenden Premierminister Justin Trudeau - offenbar öffentlich und bewusst - als "Gouverneur Trudeau" bezeichnet.
All dies führte zu heftigen Reaktionen der Kanadier. Die zunehmende Anti-Trump-Stimmung hat dazu geführt, dass die Liberale Partei, die zuvor von Trudeau und nun vom neuen Premierminister Mark Carney geführt wurde, in den Umfragen dramatisch zulegte. Anfang 2025 lag sie noch 25 Prozent hinter der Konservativen Partei, doch nach einer überraschenden Wende liegt sie nun in vielen Umfragen vorn.
Verbraucher reagieren
Diese Stimmung spiegelt sich zunehmend auch bei den Verbrauchern wider. Dylan Lobo betreibt die Website "Made in CA", die ein Online-Verzeichnis kanadischer Waren bietet. Dem Magazin Business Insider erklärte er, dass seine Website in letzter Zeit einen starken Anstieg der Zugriffe verzeichnet habe. "Derzeit herrscht in diesem Land viel Patriotismus", sagte er dem Magazin. "Das Gefühl, dass Kanadier andere Kanadier unterstützen wollen, ist groß."
Es gibt sogar mehrere Apps wie "Buy Beaver" und "Maple Scan", die Kunden dabei helfen, US-Produkte beim Einkauf zu identifizieren. Viele kanadische Unternehmen haben ebenfalls "Buy Canadian"-Kampagnen gestartet. In Ontario kündigte die Alkoholkontrollbehörde der Provinz an, keine US-Produkte wie Bourbon und Wein mehr in ihren Geschäften anzubieten.
Andere Provinzen wie British Columbia und New Brunswick haben ähnliche Maßnahmen ergriffen. Ontarios Premierminister Doug Ford kündigte außerdem einen Vertrag über 100 Millionen kanadische Dollar (63,3 Millionen Euro) mit Starlink, dem Telekommunikationsunternehmen von Elon Musk. "Ontario macht keine Geschäfte mit Leuten, die unsere Wirtschaft unbedingt zerstören wollen", sagte er auf der Social-Media-Plattform X, deren Eigentümer Elon Musk ist.
Reaktionen in Europa
Einige europäische Unternehmen gehen ebenfalls gegen US-Firmen vor. Dänemarks größter Einzelhändler, die Salling Group, hat angekündigt, europäische Produkte in seinen Filialen mit einem schwarzen Stern zu kennzeichnen, damit Kunden sie leichter erkennen können.
Das Unternehmen wird weiterhin US-Produkte verkaufen, doch CEO Anders Hagh schrieb auf LinkedIn, das neue Label sei ein "zusätzlicher Service für Kunden, die Waren europäischer Marken kaufen möchten".
Einige Firmen ergreifen noch entschiedenere Maßnahmen: Das norwegische Unternehmen Haltbakk Bunkers, das Schiffe mit Öl und Treibstoff versorgt, kündigte kürzlich an, die Treibstofflieferung an Schiffe der US-Marine einzustellen.
US-Wirtschaft unter Druck
Auch außerhalb Europas und Kanadas sind sich viele Geschäftsführer der Gegenreaktionen und der möglichen Auswirkungen auf ihre Unternehmen bewusst. Takeshi Niinami, CEO des japanischen Getränkegiganten Suntory Holdings - zu dem auch Marken wie Jim Beam gehören - warnte nur wenige Wochen nach Trumps Rückkehr ins Weiße Haus, dass US-Marken ins Visier internationaler Verbraucher geraten würden.
"Wir haben den Strategie- und Haushaltsplan für 2025 in der Erwartung aufgestellt, dass amerikanische Produkte, einschließlich amerikanischer Whiskeys, in Ländern außerhalb der USA weniger akzeptiert werden, erstens aufgrund von Zöllen und zweitens aus emotionalen Gründen", sagte Niinam der Financial Times. Das deutet darauf hin, dass Boykotte und das Verbraucherverhalten die Umsätze von US-Unternehmen in Kanada, Europa und anderswo beeinträchtigen könnten.
Erheblicher Rufschaden
Daten, die in den kommenden Monaten veröffentlicht werden, dürften auf beiden Seiten des Atlantiks aufmerksam beobachtet werden. Van Dyk erinnert die Gegenreaktion auf US-Waren an die berüchtigte "Freedom Fries"-Kampagne von 2003. Damals wurden Pommes Frites, die in den USA French Fries heißen, in Teilen der USA in Freedom Fries umbenannt. Hintergrund war, dass Frankreich die US-Invasion des Irak kritisiert hatte.
"In der Vergangenheit gab es Zeiten, in denen man diese seltsame Reaktion bekam: 'Wir wollen nicht, dass das weiterhin Teil unserer Kultur ist'", sagte er. Er glaubt, dass der Reputationsschaden für US-Firmen und -Hersteller erheblich sein könnte. "Was Marken- und Rufschäden angeht, kann es Auswirkungen haben, denn auf einem überfüllten Markt können die Menschen Entscheidungen treffen", so van Dyk.
Ein Sprecher des Europäischen Verbraucherverbands, ein Zusammenschluss unabhängiger Verbraucherschutz-Organisationen mit Sitz in Brüssel, sagte, man habe noch keine Position zum Thema Boykotte und konzentriere sich darauf, "herauszuarbeiten, wie sich die Zölle auf die Verbraucher auswirken werden". Der DW gegenüber erklärte der Verband außerdem, man arbeite mit US-Verbraucherschützern daran, "die transatlantische Zusammenarbeit im Interesse der Verbraucher aufrechtzuerhalten".
Dieser Beitrag wurde aus dem Englischen adaptiert.