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Doppelt diskriminiert: Transgender Amerikaner aus Asien

Andrew Zi-Qi Fang
18. Februar 2025

US-Bürger mit asiatischen Wurzeln befürchten, unter Präsident Trump sowohl wegen ihrer Herkunft als auch wegen ihrer Geschlechtsidentität diskriminiert zu werden. Die DW hat mit einigen von ihnen gesprochen.

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Demonstranten mit Transgender-Flagge bei LA Pride Parade in Hollywood
In den USA geraten Transgender-Rechte unter DruckBild: Robyn Beck/AFP/Getty Images

US-Präsident Donald Trump war gerade drei Wochen im Amt, da unterzeichnete er mehrere Dekrete, um die Rechte von Transmenschen einzuschränken. Die harte Linie der neuen Regierung in Genderfragen hat gemeinsam mit Maßnahmen, die den geopolitischen Wettbewerb mit China anheizen, zu einer starken Verunsicherung in der Gruppe von transgender Amerikanern und Amerikanerinnen asiatischer Herkunft geführt.

"Ich habe diesem Land 20 Jahre lang gedient. Ich war auf Einsätzen und trug eine Waffe", erzählt Alexandria Holder der DW. "Vielleicht beschließen sie, dass ich nicht länger dienen darf, aber diese 20 Jahre können sie mir nicht nehmen."

Holder, Chefpilotin und Master Sergeant der US Luftwaffe, ist stolz auf ihre Identität als Amerikanerin koreanischer Herkunft und bisexuelle Transfrau. Doch sie zählt zu den rund 15.000 US-Militärangehörigen mit Transidentität, gegen die sich Trumps Dekret richtet. Es soll die Politik des Pentagons in Bezug auf Transgender-Soldaten und -Soldatinnen ändern und dazu führen, sie vom Dienst auszuschließen.

Weitere von Trump zu Beginn seiner zweiten Amtszeit unterzeichnete Dekrete haben bereits die affirmative Gesundheitsversorgung von minderjährigen Transpersonen und die Rechte von Trans-Sportlern und -Sportlerinnen eingeschränkt.

Ein 26-jähriger Transmann aus Pennsylvania, der Albert genannt werden möchte, macht sich jedoch für die kommenden vier Jahre mehr Sorgen wegen seiner ethnischen Zugehörigkeit als seinem Geschlecht, wie er der DW erzählt.

"Wenn man mich anguckt, denkt man 'Asiate', stimmt's?" fragt er. "Weil ich eher als Asiate zu erkennen bin als als trans. Wenn ich irgendwo bin, bin ich erst mal der Asiate. Das kann ich nicht ändern oder verstecken."

Albert wurde im chinesischen Wuhan geboren und im Alter von einem Jahr von einer weißen US-amerikanischen Familie adoptiert. Die harte Linie Washingtons gegenüber China und die geopolitischen Spannungen würden manchmal "das Schlechteste in den Menschen zu Tage bringen", meint er. Das könne zu Hassverbrechen führen, wie während der Corona-Pandemie zu beobachten war. "Vorurteile sind nicht rational", bedauert er. "Also projizieren manche Menschen ihre Ängste auf Amerikaner mit asiatischen Wurzeln."

Identität sollte keine Rolle spielen

Holder trat in die Fußstapfen ihres Vaters und trat 2004 in die Luftwaffe ein. "Als ich mich damals verpflichtete, durften Personen, die offen trans waren, nicht im Militär dienen", erzählt sie. "Transmenschen konnten also nur unter dem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht dienen."

Als Holder ihren Dienst antrat, galt der Grundsatz "Frag nicht, sag nichts", der im Jahr 1993 eingeführt wurde und Nachforschungen über die sexuelle Orientierung von Militärangehörigen einschränkte. Soldaten und Soldatinnen mit LGBTQ+-Identität war es jedoch auch untersagt, diese öffentlich zu machen. 

Während der Regierungszeit von Barack Obama änderte sich das. 2011 wurde der Grundsatz "Frag nicht, sag nichts" abgeschafft und Ash Carter, der damalige Verteidigungsminister, gab Transpersonen die Möglichkeiten, im Dienst offen mit ihrer Identität umzugehen.

Alexandria Holder in Uniform
Alexandria Holder dient seit 20 Jahren in der US-LuftwaffeBild: Privat

Holder begann ihre Geschlechtsangleichung mithilfe eines Arztes der Luftwaffe nach der Ankündigung von Carter. Als 2016 Trump die Wahl gewann, änderte sich die Haltung der Streitkräfte jedoch wieder. 2017 kündigte Trump auf Twitter an, Transpersonen nicht zu erlauben, in irgendeiner Funktion im US-Militär zu dienen.

"Unser Militär muss sich auf den entscheidenden und überwältigen Sieg konzentrieren und kann nicht mit den enormen Kosten und Konflikten belastet werden, die Transpersonen im Militär bedeuten würden", beharrte Trump.

2019 schloss Trump dann Transpersonen vom Dienst an der Waffe aus. Da das Verbot nicht rückwirkend galt, konnte Holder jedoch weiter als Frau dienen. 2021 widerrief Präsident Joe Biden das Verbot, doch mit einem von Trump Ende Januar unterzeichneten Dekret wurde es wieder in Kraft gesetzt.

Holder ist enttäuscht. "Du hebst deine rechte Hand, schwörst, die Verfassung der Vereinigten Staaten zu verteidigen, du setzt dein Leben aufs Spiel, um dieses Land zu verteidigen. Welche Rolle spielt es da, ob du schwul bist oder transgender?", fragt sie. "Solange du tust, was von dir verlangt wird und dich ins Zeug legst, sollte deine Identität egal sein."

Transgenderfeindliche Wahlwerbung

Während des Präsidentschaftswahlkampfs 2024 wurden Trumps Aussagen gegen Transgender immer deutlicher. Laut dem US-amerikanischen öffentlich-rechtlichen Rundfunksender NPR gab Trumps Team mindestens 17 Millionen US-Dollar (16,4 Millionen Euro) für Fernsehwerbung aus, die sich gegen Transgender richtete. In sieben sogenannten Swing States wurde diese Werbung mehr als 30.000 mal ausgestrahlt.

"Du wirst von dieser Werbung überrollt", sagt Albert. "Ich habe das Gefühl, die Menge der Werbung war in diesem Wahlkampf anders." In allen sieben Swing States, in denen die Werbung ausgestrahlt wurde, gewann Trump die Wahl. Einer Umfrage von Associated Press zufolge sind 55 Prozent der Wahlberechtigten landesweit der Überzeugung, die Unterstützung für Transgender-Rechte ginge in der Regierung und in der Gesellschaft "zu weit".

Nicht zum ersten Mal musste Albert erkennen, dass die Gesellschaft Schwierigkeiten hat, seine Identität zu akzeptieren. Während seiner Kindheit als Teil einer weißen Familie in einer konservativen Vorstadt von Philadelphia fühlte sich Albert mit seiner chinesischen Herkunft immer ausgeschlossen. "Wenn du in einer überwiegend weißen Gegend wohnst, bist du immer der Ausländer", sagt er.

Transgender-Demonstration vor Oberstem Gerichtshof
Die medizinische Versorgung für Transgender-Jugendliche ist in einigen US-Staaten bereits eingeschränktBild: Jacquelyn Martin/AP/dpa

Das feindselige politische Klima in Bezug auf China sowie Trumps einwanderungsfeindliche Aussagen könnten nun schnell zu einer Diskriminierung asiatisch-stämmiger US-Amerikaner führen.

Politisierung von Transgender-Themen

Yuan Wang ist Geschäftsführerin von Lavender Phoenix, einem Verband, der die Interessen von LGBTQ+-Personen mit Wurzeln in Asien oder den Pazifikinseln vertritt. Viele Transpersonen und nicht-binäre Menschen seien Flüchtlinge oder die Kinder von Flüchtlingen, hebt sie hervor. "In den vergangenen Jahren ist uns klar geworden, dass Konservative die Transgender-Themen als Hebel sehen, mit dem sie spalten können. Damit können sie Kontroversen lostreten", sagt Wang. "Wir gehen nicht davon aus, dass Trump sein Amt antritt und plötzlich nette Dinge sagt", meint Wang. "Wir wissen, dass dies eines der Themen war, mit denen er die Wahl gewonnen hat."

Laut der US-amerikanischen Menschenrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) befinden sich landesweit 339 gegen LGBTQ+-Rechte gerichtete Gesetzesentwürfe auf dem Weg zur Gesetzgebung. "Ich finde, eine Transidentität sollte nicht unbedingt zu einem politischen Spektakel gemacht werden", sagt Albert. "Die meisten Transmenschen wollen einfach ihr Leben leben und in Ruhe gelassen werden." 

Holder, die wegen Trumps Dekret aus dem Militärdienst entlassen werden könnte, ist offen für den Dialog mit Menschen, die ihr ihre Rechte streitig machen wollen. "Ich würde ihnen liebend gerne meine Geschichte erzählen und von meinen Erfahrungen in Uniform berichten. Ich möchte den Menschen zeigen, dass wir keine Feinde sind, dass wir in Uniform genau so viel leisten können wie andere auch, dass wir in Ehren dienen und unsere Pflicht gegenüber unserem Vaterland erfüllen können."

"Wir sind nicht ansteckend und korrumpieren nicht das Militär", fügt Holder hinzu. "Wir wollen einfach nur dienen."

Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.