"Die Regierung muss für eine tolerante Koexistenz der Volksgruppen im Kosovo sorgen"
13. Juni 2002Köln, 12.6.2002, DW-radio / Albanisch
Frage
: Herr Radosavlevic, Sie sind zuständig bei der UNMIK für die Rückkehr der Flüchtlinge. Was beinhaltet diese Aufgabe?Antwort:
Ich gehöre zu dem Team der UNMIK-Behörde für die Rückkehr der Flüchtlinge. Erst jetzt bin ich dazu gekommen. Jeder hat eine Aufgabe. Ich glaube, unsere Arbeit wird Erfolg haben.Frage:
Mit den Rückführungen soll am 28 Juni angefangen werden. Gestern (11.6.) verlangte der serbische Politiker Oliver Ivanovic, dass die Rückkehr erst im September beginnen soll. Wie ist der aktuelle Stand?Antwort:
Ich kann persönlich sagen, dass alles, was nicht zu den von dem Koordinationszentrum oder der UNMIK ausgearbeiteten Programmen passt, keinen Erfolg bringt. Alles andere schadet der Rückkehr. Das würde zu einer allgemeinen Verwirrung führen. Wir müssen lernen, dass nur die staatlichen Organe und die Organe der UNO diejenigen sind, die die Arbeit machen müssen. Alles andere bringt keine Ergebnisse. Ich erwarte davon keinen Erfolg, sondern nur kontraproduktive Auswirkungen.Frage
: Gibt es in der Frage der Rückkehr eine gemeinsame Haltung bei den serbischen politischen Kräften?Antwort: Es gibt natürlich bei den reformorientierten politischen Kräften eine Tendenz, die Rückkehr gemäß den Regeln zu gestalten. Dadurch können die Serben, die den größten Teil der Flüchtlinge ausmachen, in das Territorium zurückkehren, in dem sie früher in ihren Häusern gelebt haben; in einer multiethnischen Umgebung, wo jeder in seinem Eigentum, seinem Haus leben kann, wo jeder ohne Konflikte mit der Umgebung oder mit den Menschen anderer ethnischen Gemeinschaften, Religionen und Nationalitäten, seiner Arbeit nachgehen kann.
Frage: Sind die Flüchtlinge bereit zurückzukehren und gibt es Sicherheitsgarantien?
Antwort
: Viele Organisationen und Institutionen haben sich mit der Bewertung dieser Frage befasst. Die Ergebnisse der Umfragen sind unterschiedlich. Ich persönlich glaube, dass die Menschen interessiert wären, wenn die Rückkehr gut und ordnungsgemäß organisiert wird. Wir müssen die Bedingungen schaffen, dass die Menschen zurückkehren können und etwas mehr haben als nur ihre nackte Existenz.Frage
: Wird die Rückkehr nur da stattfinden, wo überwiegend Serben leben, oder auch an Orten, wo die Mehrheit albanisch ist?Antwort:
Die Serben werden nicht zurückkehren, um alleine zu sein. Ich denke, eine Rückkehr ist in den Gebieten, wo es größere Gruppen von Häusern gibt, realistischer. Was danach kommen muss, ist die Schaffung der Bedingungen, damit alle in die Häuser zurückkommen, in denen sie vor dem Krieg gelebt haben. Dazu müssen alle Institutionen, die Regierung Kosovos, natürlich auch die Bundesrepublik Jugoslawien und alle, die der UNMIK helfen, einen Beitrag leisten, um die Arbeit zu Ende zu bringen.Frage
: Wie steht es mit Akzeptanz für serbische Flüchtlinge in der albanischen Bevölkerung?Antwort:
Ich muss sagen, dass es eine bedeutende Entwicklung in dieser Richtung gibt. Die Mehrheit der albanischen Bevölkerung sieht die Rückkehr ihrer Nachbarn als unvermeidlich an, als etwas, das helfen wird, zusammen in Europa integriert zu werden, was auch in der Meinung der politischen Partein in Kosovo reflektiert wird.Frage:
Was können die albanischen Organe unternehmen, um eine sichere und ordnungsgemäße Rückkehr zu gewährleisten?Antwort
: Ich muss erst einmal darauf hinweisen, dass das keine albanischen Organe sind. Das sind gemeinsame Organe und für alle Bürger in Kosovo zuständig. Sie müssen für eine tolerante Koexistenz der ethnischen Gruppen sorgen, damit es morgen nicht mehr wichtig ist, ob jemand Serbe, Albaner, Ashkali oder Roma ist. Sie müssen miteinander zum Wohle der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung zusammenarbeiten.Frage
: Ist für Sie ein Zusammenleben zwischen der albanischen Bevölkerung und den Zurückgekehrten vorstellbar?Antwort: Das ist die einzige Zukunft. Oder besser gesagt, die einzige wahre Zukunft. Falls es anders wird, dann heißt das, dass wir unsere Aufgaben nicht erfüllt haben, was auch immer in der Vergangenheit passiert ist. Sei es, weil die Lösung entweder in der Trennung, oder bei einer erzwungenen Einigung nach dem Moto ‚Einigung und Verbrüderung‘ gesucht wurde. Das ist nicht möglich. Die Volksgruppen in Kosovo können nebeneinander leben und dabei muss es keine Probleme geben. (Interview: Angjelina Verbica (MK)