Die Lage im Kosovo vor dem Amtsantritt des UN-Sonderbeauftragten Michael Steiner
1. Februar 2002Köln, 31.1.2002, DW-radio,
Im Kosovo gibt es viel zu tun für den neuen UN-Verwalter Michael Steiner. Dem deutschen Diplomaten, der Mitte Februar die Nachfolge des Dänen Hans Häkkerup antreten wird, steht eine Fülle von Problemen und Schwierigkeiten bevor. So gibt es zwei Monate nach den Wahlen in der südserbischen Provinz noch immer keine Regierung, da sich die zwei albanischen Parteien, die Demokratische Liga des Kosovo von Ibrahim Rugova und die Demokratische Partei um den früheren UCK-Führer Hashim Thaci gegenseitig blockieren.
Steiner hatte die Parteien zu Kompromissbereitschaft und Verantwortungsgefühl aufgerufen. In seiner Umgebung weist man aber darauf hin, dass dies ein Problem sei, dass die Kosovaren allein bewältigen müssten. Diese Aufgabe könne ihnen niemand abnehmen. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten will die UNO-Verwaltung im Kosovo aber darauf drängen, dass die Region nicht im Status quo verharrt. Es sei an der Zeit für Fortschritte - auch mit Blick auf die Entwicklung in Mazedonien, wo der Konflikt zwischen Albanern und Mazedoniern unter der Oberfläche noch immer weiter schwelt.
Zu den wichtigsten Aufgaben des neuen UN-Sonderbeauftragten im Kosovo gehört nach Einschätzung von Diplomaten die Rückkehr der serbischen Flüchtlinge. Parallel dazu müssten aber auch die Lebensbedingungen für die dort noch lebenden Serben verbessert werden. Denn derzeit wanderten noch immer mehr Serben aus dem Kosovo ab, als dass serbische Flüchtlinge zurückkehrten. Tausende verließen die Provinz aus Angst vor der albanischen Bevölkerungsmehrheit, während nur Hunderte zurückkamen.
In diesem Zusammenhang sei auch der Dialog mit Belgrad von großer Bedeutung, heißt es in UN-Kreisen. Er dürfe jedoch nicht dazu führen, dass die jugoslawische Regierung ihrerseits parallele Strukturen im Kosovo aufbaue. Legitime Sprecher der serbischen Bevölkerung seien deren gewählte Vertreter und nicht die
Zentralregierung in Belgrad.
Neben diesen politischen Problemen stehen für den neuen UN-Verwalter aber auch ganz praktische Fragen auf der Tagesordnung. Dazu gehört zum Beispiel die Verbesserung der Bewegungsfreiheit für die Kosovaren. Voraussetzung dafür: die Anerkennung ihrer Auto-Nummernschilder über die Grenzen hinaus. Bewegungsfreiheit und Fortschritte bei der Energieversorgung und dem Aufbau der Telekommunikation sind wichtige Voraussetzungen dafür, das die Wirtschaft im Kosovo wieder in Schwung kommen kann. Von zentraler Bedeutung für die Zukunft des Kosovo ist schließlich die Ausbildung der überwiegend jungen Bevölkerung. Auch hier müssen nach Einschätzung von Diplomaten dringend Fortschritte erzielt werden.
Nicht unmittelbar zu lösen ist dagegen die Frage des Status der Provinz Kosovo im jugoslawischen Staatsverband. Derzeit ist noch kein Ende der internationalen Präsenz im Kosovo abzusehen. Sowohl die zivile UN-Verwaltung als auch die KFOR-Truppen stellen sich auf einen dauerhaften Einsatz ein. Entscheidend sei es nicht, schon jetzt eine Lösung für alle anstehenden Fragen zu haben. Wichtig sei es viel mehr, dass die weitere politische Entwicklung friedlich und kooperativ verlaufe. In diplomatischen Kreisen in Berlin kursiert dazu das Sprichwort "Der Weg ist das Ziel". (fp)