Die Kosovo-Resolution 1244 - Grundlage der serbisch-kosovarischen Gespräche in Wien
13. Oktober 2003Bonn, 13.10.2003, DW-radio / Serbisch, Sasa Bojic
In der Wiener Hofburg finden am Dienstag (14.10.) die ersten Kosovo-Gespräche zwischen Belgrad und Prishtina statt nach dem Krieg im Jahr 1999. Es soll vor allem um Fragen der Infrastruktur und der Rückkehr von Flüchtlingen gehen. Eine Grundlage der Gespräche stellt die UN-Resolution 1244 dar.
Die Kosovo-Resolution 1244 wurde im Sicherheitsrat am 10. Juni 1999 verabschiedet, einen Tag nach dem Ende der Luftangriffe auf Jugoslawien. Sie besteht aus drei Teilen, die nicht zur gleichen Zeit entstanden sind. Im ersten Teil, dem Haupttext der Resolution, werden in einer aus früheren Resolutionen bereits bekannten Form die Gewalt gegen die Bevölkerung Kosovos und alle terroristischen Aktionen verurteilt. Darüber hinaus werden aber diesmal auch die Hauptaufgaben der internationalen Gemeinschaft im Befriedungsprozess definiert: es wird eine UNO-Friedensmission für die Wiederherstellung und den Wiederaufbau des Kosovo eingerichtet (UNMIK – The UN Interim Administration Mission in Kosovo), die die wichtigsten Aufgaben der Zivilverwaltung ausübt. Die Resolution sieht außerdem die Stationierung einer NATO-Sicherheitstruppe (KFOR – Kosovo Force) vor, die den Abzug der jugoslawischen Truppen und die Entmilitarisierung des Kosovo überwachen und solange für Recht und Ordnung sorgen soll, bis eine lokale Kosovo-Polizei und eine zivile Verwaltung aufgebaut worden sind.
Der zweite Teil der Resolution – Annex 1 - ist nichts anderes als die gemeinsame Erklärung der Außenminister der G-8-Gruppe vom 6. Mai 1999, die sich auf dem Petersberg auf einige Grundsätze zur politischen Lösung der Kosovo-Krise geeinigt hatten. Und der dritte Teil – Annex 2 - ist das so genannte Ahtisaari-Tschernomyrdin-Dokument: es handelt sich um ein Papier, das der damalige finnische Präsident Marti Ahtisaari und der Sondergesandte des russischen Präsidenten Boris Jelzin, Viktor Tschernomyrdin, am 2. Juni 1999, nach 70 Tagen Luftangriffen Slobodan Milosevic nach dem Motto "Take it or leave it" zur Unterzeichnung angeboten haben. Von Milosevic tatsächlich unterschrieben und nur einen Tag später auch vom serbischen Parlament ratifiziert, ist dieses Papier lediglich eine weitere Variation dessen, was bereits die Erklärung der G-8 beinhaltet hatte: die Bestimmungen über den Abzug der Jugoslawischen Armee aus dem Kosovo, die Entmilitarisierung der Provinz, die Rückkehr der Flüchtlinge, die Einrichtung einer zivilen Administration der UNO und die Stationierung einer NATO-Truppe.
Nach den Bestimmungen des Annex 2 darf das bis zu 1.000 Mann starke serbische Militär- und Polizeipersonal nur im Zusammenhang mit vier Funktionsaufgaben nach Kosovo zurückkehren. Zwei von diesen betreffen die Anwesenheit des serbischen Militär- und Polizeipersonals an einigen Grenzübergängen und an Orten, die als serbisches Kulturerbe gelten; weitere zwei Funktionen beziehen sich auf Aufrechterhaltung der Kontakte mit der UN-Zivilverwaltung und die Räumung der Minenfelder. Über den Zeitpunkt der Rückkehr dieses "Personals" entscheidet die UNMIK; in der Praxis wird eine solche Entscheidung noch lange nicht erwartet.
Der Annex 2 sieht auch das so genannte militärisch-technische Abkommen vor, das bereits am 11. Juli 1999 von hohen jugoslawischen Armee- und Polizeioffizieren und dem General Michael Jackson seitens der NATO in der mazedonischen Stadt Kumanovo unterzeichnet wurde. So wurden die NATO-Luftangriffe auf Jugoslawien offiziell beendet. Das unterzeichnete Papier ist eigentlich ein klassisches Abkommen über eine bedingungslose Kapitulation, in der Serbien sich quasi der Gnade der NATO unterworfen hat.
Als Verstoß gegen die Resolution 1244 gelten die Verletzung der territorialen Souveränität der Bundesrepublik Jugoslawien und der Unabhängigkeit Kosovos. Im Dokument ist lediglich von einer "substantiellen Autonomie für das kosovarische Volk" die Rede, die hauptsächlich dadurch realisiert wird, dass die UNMIK die Verwaltungskompetenzen an die kosovarischen Institutionen überträgt. Dass aus der Bundesrepublik Jugoslawien im April 2003 eine Föderation namens Serbien und Montenegro entstanden ist, hat die internationale Gemeinschaft bislang noch nicht dazu veranlasst, die Gespräche über den endgültigen Status des Kosovo zu fördern, obwohl Kosovo im neuen "umbenannten" Staat noch schwieriger – oder eher Serbien - einzuordnen ist als früher. (fp)