Deutschland unterstützt EU-Annäherung Mazedoniens
19. November 2003Anzeige
Berlin/Skopje, 18.11.2003, UTRINSKI VESNIK, Erol Rizaov, mazed.
Frage:
Die Bundesrepublik Deutschland ist einer der führenden politischen und wirtschaftlichen Faktoren, die die EU-Annäherung der südosteuropäischen Länder befürworten. Was ist der Grund dieser deutschen Politik? Stecken dahinter nur geschichtliche Interessen?Gerhard Schröder:
Die geschichtliche Verantwortung spielt selbstverständlich eine Rolle. Wir engagieren uns deshalb für eine aktivere EU-Politik im südosteuropäischen Raum sowie für die Annäherung der dortigen Länder an die EU. Dabei handelt es sich um die Stabilität in Europa, die ohne die dauerhafte Stabilität in Südosteuropa nicht möglich ist. Gerade diese Position hat unsere Beziehung gegenüber Mazedonien bestimmt. Wir als eines der führenden Geberländer unterstützen Mazedonien in seinen Bemühungen zur weiteren Entwicklung der Demokratie und der Markwirtschaft. Zusammen mit unseren europäischen Partnern arbeiten wir mit der jetzigen Militärmission "Concordia" und der nachfolgenden Polizeimission "Proxima", die die "Concodia" im Dezember ablösen wird, maßgebend an der Stabilität Mazedoniens.Frage:
Vor einigen Tagen haben Sie Belgrad und Zagreb besucht. Die Unterstützung für Slowenien und Kroatien ist nicht zu übersehen. Die anderen Balkanländer, aber auch Mazedonien, hegen große Erwartungen nach Ihrem Besuch in Belgrad. Wird Deutschland auch den Ländern des Westbalkans helfen, wie es das im Falle Slowenien und Kroatien tut?Gerhard Schröder:
Die Europäische Union hat vor zehn Jahren die Kriterien zur EU-Mitgliedschaft definiert. Aufgabe der Kandidaten ist die Erfüllung der aufgestellten Kriterien. Deutschland und die Europäische Union können hier natürlich helfen, und dies geschieht. Mit Mazedonien als erstem Land des Westbalkans wurde ein Abkommen über Stabilisierung und Assoziierung mit der EU unterzeichnet. Der Europäische Rat hat im Juni in Thessaloniki beschlossen, die Finanzhilfen zur Annäherung der West-Balkanstaaten an die EU zu erhöhen. Der Europäische Rat hat noch einmal die europäische Perspektive dieser Länder hervorgehoben.Frage:
Hat Mazedonien reelle Chancen, Teil der Europäischen Union vor 2015 zu werden?Gerhard Schröder:
Wir haben gesehen, dass viele Kandidaten-Länder Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Kriterien von Kopenhagen haben. Von den Bürgern werden große Anstrengungen bei der Umsetzung der unausweichlichen Reformen verlangt. Dies bedeutet auch eine große Chance, weil die Länder es selber in der Hand haben, wie schnell sie sich an die EU anbinden wollen. Hier kann die Europäische Kommission maßgebend helfen. Sie ist dabei, konkrete Pläne für diese Länder zu erarbeiten. Wir werden Mazedonien weiterhin auf diesem Weg helfen.Frage:
Mazedonien setzt die Punkte des Ohrider Abkommens als Bedingung zur EU- und NATO-Mitgliedschaft eifrig um. Einige europäische Länder zeigen trotzdem eine betonte Zurückhaltung gegenüber Mazedonien, Serbien und Montenegro und Albanien. Wie maßgebend ist hier die Kosovo-Frage und der endgültige Status des Kosovo?Gerhard Schröder:
Ich kann hier wirklich keine Zurückhaltung feststellen. Ich denke, alle EU-Länder sind einstimmig bezüglich der europäischen Perspektiven des Westbalkans. Das bestätigte auch der EU-Gipfel in Thessaloniki. Die Umsetzung der Ohrider Beschlüsse ist ein wichtiger Schritt für die mazedonische Annäherung an die EU. Die Kosovo-Frage sollte hier abgetrennt werden. Dort werden keine für den Nachbarn bedrohlichen Beschlüsse gefasst werden. Ziel der internationalen Gemeinschaft ist es, Kosovo an die europäischen Standards anzunähern. Der Dialog zwischen Belgrad und Pristina könnte hier vor allem für die Menschen in Kosovo einen guten Beitrag leisten. (...) (fp)Anzeige