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Deutschland: Schlechte Noten für die Bundesregierung

3. September 2025

Seit Mai regieren CDU/CSU und SPD - und sind bereits fast so unbeliebt wie ihre Vorgänger. Das zeigt der aktuelle ARD-Deutschlandtrend. Es gibt viel Streit, vor allem über die künftige Sozialpolitik.

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Deutschland Berlin 2025 | Friedrich Merz bei der Kanzlerwahl Anfang Mai im Bundestag. Er bläst Luft durch die Lippen und macht einen ratlosen Eindruck
CDU-Kanzler Friedrich Merz und seine Koalition sind fast so unbeliebt wie die Vorgängerregierung, die AmpelBild: Ralf Hirschberger/AFP

Haushaltsstreitigkeiten und Uneinigkeit bei der Finanzierung von Sozialleistungen und Klimaprojekten - daran scheiterte im November 2024 die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP. CDU-Chef Friedrich Merz, damals Oppositionsführer im Deutschen Bundestag, hatte im Vorfeld keine Gelegenheit ausgelassen, die Koalition für ihre Streitereien zu kritisieren. Sie befinde sich in einer "Regierungskrise", die das Vertrauen der Bürger in die Politik untergrabe.

Kein Jahr später ist Merz als Kanzler mit seiner Koalition aus den konservativen Parteien CDU/CSU und den Sozialdemokraten ähnlich streitend unterwegs. Und wieder geht es um Löcher im Haushalt und um die Sozialpolitik. Deutschland könne sich seinen Sozialstaat wirtschaftlich nicht mehr leisten, sagt der CDU-Chef und bekommt Zustimmung von der CSU. Das sei "Bullshit", antwortet SPD-Co-Chefin und Arbeitsministerin Bärbel Bas

Der Umgang in der Koalition gefällt den Bürgern nicht

Wörtlich übersetzt heißt "Bullshit" Kuhdung. Umgangssprachlich benutzt wird der Begriff für Unsinn, Blödsinn, weiß der Duden, das Rechtschreibwörterbuch der deutschen Sprache. Eine derbe Wortwahl für eine Ministerin gegenüber ihrem Kanzler.

Wie CDU/CSU und SPD in der Koalition miteinander umgehen, damit sind 77 Prozent der Deutschen nicht zufrieden. Das geht aus dem aktuellen ARD-Deutschlandtrend hervor. Am 1. und 2. September hat das Meinungsforschungsinstitut infratest-dimap dafür 1342 wahlberechtigte Deutsche repräsentativ befragt. Ins Auge fällt, dass auch die Anhänger von Union und SPD unzufrieden sind, wie es in der Koalition läuft.  

Schlechte Noten auch für die Arbeit

Auch an der inhaltlichen Arbeit lassen die Bürger kaum ein gutes Haar. 75 Prozent der Befragten geben an, dass sie nicht gut finden, was die Regierung leistet. Ähnlich unzufrieden waren die Bürger zuletzt mit der sogenannten Ampel, der Vorgängerregierung unter SPD-Kanzler Olaf Scholz. Eine Ausnahme: die Parteianhänger von CDU/CSU. Von ihnen sind 57 Prozent mit der Arbeit der aktuellen Regierung zufrieden. Bei den Wählern der SPD sind es nur 25 Prozent. 

Das ist damit zu erklären, dass die Regierung bislang vor allem mit einer schärferen Gangart in der Migrationspolitik aufgefallen ist und Erleichterungen für die Wirtschaft beschlossen hat. Das sind Themen, die vor allem den Wählern von CDU/CSU wichtig sind.  

Wer soll es schwerer haben, wer leichter?

Im Herbst soll es nun um Reformen in der Sozial-, Arbeitsmarkt- und Steuerpolitik gehen. CDU/CSU drängen auf Kürzungen beim sogenannten Bürgergeld, wie die Grundsicherung für Arbeitslose heißt. Die SPD hält dagegen und würde gerne die Steuern für Reiche und Spitzenverdiener erhöhen. Was denken die Bürger über die Pläne?  

Schärfere Sanktionen für Bürgergeld-Empfänger bei mehrfachem Fehlverhalten würden 80 Prozent der Befragten begrüßen. Deutliche Sympathien gäbe es auch für Steuererhöhungen auf hohe Einkommen und größere Erbschaften. Auf der anderen Seite fänden die Bürger mehrheitlich gut, wenn Überstundenzuschläge und Einkommen von Rentnern, die weiterarbeiten, steuerlich entlastet würden. Weniger euphorisch werden Pläne zur Umstellung der täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit begrüßt. Das Renteneintrittsalter auf 70 Jahre zu erhöhen, lehnen 84 Prozent der Befragten ab.  

Union fordert Einschnitte bei den Sozialleistungen

Fakt ist: Reformen sind dringend nötig. Trotz der milliardenschweren Schulden, die Deutschland in den kommenden Jahren aufnehmen will, klaffen im Haushalt große Löcher. 2027 werden es absehbar 30 Milliarden Euro sein, die eingespart werden müssen. Es werde Einschnitte im Sozialstaat geben müssen, sagt Kanzler Merz.  

Im Klartext kann das heißen, dass im Krankheitsfall, bei der Pflege, aber auch mit Blick auf die Rente der Staat nicht mehr so viel leisten wird wie bisher. Mehr und länger arbeiten, im Alter weniger Geld zur Verfügung haben, mit diesem Gedanken müssen sich die Deutschen vermutlich anfreunden. Wie sehen die Bürger selbst in die Zukunft? 

Wenn es um den eigenen Wohlstand und Geldprobleme im Alter geht, sind die Ansichten geteilt. Nach wie vor hoch ist die Sorge um den Wirtschaftsstandort Deutschland. Hier hat die Regierung noch keinen Stimmungsumschwung erreichen können. 

AfD holt weiter auf

Gefragt wurde im Deutschlandtrend auch nach den Kompetenzen der Parteien. Der Union wird in der Außen- und Verteidigungspolitik, in der Wirtschafts-, Steuer- und Finanzpolitik am ehesten zugetraut, anstehende Probleme zu lösen. Die SPD liegt allein auf den Feldern Altersversorgung und soziale Gerechtigkeit vorne.  

Der oppositionellen Alternative für Deutschland (AfD) wird in der Zuwanderungspolitik die größte Kompetenz von allen Parteien zugerechnet. Trotz rückläufiger Flüchtlingszahlen lässt sie bei dem Thema inzwischen die Union hinter sich. Auch in der allgemeinen Wählergunst kann sich die in Teilen rechtsextreme Partei verbessern. 

CDU/CSU liegen unverändert mit 27 Prozent vorne. Die AfD verkürzt den Rückstand auf die Union und erzielt mit 25 Prozent (+1) einen neuen Bestwert. Die SPD verbessert sich mit 14 Prozent (+1) leicht. Die Partei der Grünen schneidet mit elf Prozent (-1) etwas schlechter ab als zuletzt. Die Linke käme wie im Vormonat auf zehn Prozent. Andere Parteien, darunter das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mit vier Prozent (+1) und die FDP mit drei Prozent (-1), wären derzeit ohne Chance auf einen Einzug in den Bundestag.