Deutsche Wirtschaft will in Jugoslawien wieder an alte Beziehungen anknüpfen
21. Januar 2002Köln, 18.1.2002, DW-radio
Lange hat Jugoslawien auf den Besuch eines deutschen Wirtschaftsministers warten müssen, in den letzten zehn Jahren war keiner mehr da. Die Kriege, das Embargo, die internationale Isolation und das Regime des Slobodan Milosevic haben aber nicht alle Kontakte der Unternehmen aus beiden Ländern zerstören können. Schon in den letzten Monaten ist Deutschland wieder zum größten Handelspartner Jugoslawiens geworden - noch knapp vor Russland, woher vor allem Rohstoffe kommen. Bundeswirtschaftsminister Müller machte deutlich, dass die politischen Reformen hier auch aus seiner Sicht gut vorangekommen sind:
"Ich fühle mich hier gut. Ich komme ja auf der Basis einer beeindruckenden demokratischen Entwicklung in diesem Lande. Wir haben vor zehn Jahren mal einen bilateralen Austausch von vier Milliarden Mark gehabt. Die Hälfte davon ist im letzten Jahr schon hier fast erzielt worden."
Müller traf sich am Freitag (18.1.) zuerst mit dem jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica. Er versprach weitere Reformen, um ausländische Investoren ins Land zu bringen. Einige deutsche Unternehmen sind allerdings schon da:
"Konkret sind wir hier, weil der DIHT ein Büro hier eröffnet. Das zeigt an, dass schon genügend Kaufleute, Industrielle vor Ort in Belgrad tätig sind. Sonst wäre das nicht notwendig. Und wir stellen hier die Fragen, wie auch der Mittelstand in diesem Land aktiv werden kann. Wir müssen das weiter erörtern. Aber Perspektiven sind vorhanden."
Schon im letzten Frühjahr waren die Vertreter des Deutschen Industrie- und Handelskammertags nach Belgrad gekommen. Nach Angaben dieser Organisation ist das Büro seitdem für 200 deutsche und mehr als 250 jugoslawische Firmen tätig geworden. Ihr wichtigstes Anliegen war die Suche nach Geschäftspartnern. Die deutschen Verbände schätzen, dass noch zwischen 50 und 70 Prozent aller Maschinen und Anlagen in Jugoslawien aus deutscher Herstellung stammen. Mittelständische Maschinenbau-Unternehmen hoffen deshalb auf gute Geschäfte.
In der deutschen Delegation sind jetzt allerdings nur einige Vertreter von Großunternehmen mit Müller nach Belgrad gekommen. Nach Angaben aus dem Wirtschaftsministerium sollen hier auch einzelne Projekte erörtert worden sein. Schon seit zwei Wochen können deutsche Unternehmen ihre Geschäfte durch Hermes-Bürgschaften sichern lassen - ein wichtiges Signal. Auch nach Müllers Worten ist dieser Beschluss allein aber noch keine umfassende Garantie:
"Der Rechtsrahmen ist schon ganz in Ordnung. Man muss darauf achten, dass er in der praktischen Anwendung auch richtig umgesetzt wird."
Probleme sehen Wirtschaftsexperten für ausländische Unternehmen vor allem im jugoslawischen Bankensystem, genauer in der Verlässlichkeit einzelner Institute. Jugoslawien ist andererseits in die internationalen Finanz-Institutionen zurückgekehrt. Die Rückzahlung der größten Schuldenlast ist ausgehandelt worden. Die Regierungen Jugoslawiens und Serbiens haben die Voraussetzung für die Privatisierung vieler Unternehmen geschaffen. Gerade das interessiert viele deutsche Firmen. (fp)