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Deutsche Fahnder sehen Russland hinter Sabotage-Serie

5. Februar 2025

Mehr als 270 Autos in Deutschland waren Ziel von Attacken: Auspuffrohre wurden mutwillig verstopft. Nach ersten Erkenntnissen wurden die Täter von Russland bezahlt.

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Der Schriftzug „Polizei“ auf einem Polizeiwagen (22.03.2024)
Polizeiwagen in Brandenburg (Symbolbild): In der Gemeinde Schönefeld fielen den Beamten drei junge Männer aufBild: Soeren Stache/dpa/picture alliance

Die Polizei geht dem konkreten Verdacht nach, dass eine Serie von Sabotage-Akten in Deutschland von Stellen in Russland gesteuert wurde. Ziel waren Autos in mehreren Bundesländern. Nach ersten Ermittlungen sei davon auszugehen, dass die Saboteure für ihre Taten Geld von einem russischen Auftraggeber erhalten hätten, heißt es aus Sicherheitskreisen.

Wie das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtet, geht es um mehr als 270 Fahrzeuge in den Bundesländern Berlin, Baden-Württemberg, Bayern und Brandenburg. Eine Gruppe mutmaßlicher Täter war demzufolge im Dezember einer Polizeistreife in der brandenburgischen Gemeinde Schönefeld vor den Toren Berlins aufgefallen. Drei junge Männer, die mit einem Transporter unterwegs waren, hatten mehrere Kartuschen mit Bauschaum bei sich. Ein Werkstoff, wie er etwa zum Abdichten von Fenster- und Türrahmen verwendet wird.

Kurz nach der Kontrolle seien Anzeigen von Autobesitzern eingegangen. Bei insgesamt 43 Fahrzeugen sei jeweils das Auspuffrohr mit Bauschaum verstopft worden. Ziel der Aktionen sei es gewesen, Hass auf die Grünen zu schüren, berichtete der "Spiegel" unter Berufung auf Informationen aus Sicherheitskreisen.

Gezielte Kampagne gegen Robert Habeck?

An den Tatorten hinterließen die Saboteure demnach Aufkleber mit dem Slogan "Sei grüner!" und einem Foto von Bundeswirtschaftsminister und Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck. Der Taten verdächtigt worden seien demnach zunächst auch Klimaaktivistinnen und -aktivisten.

In Sicherheitskreisen war laut "Spiegel" von einer gezielten Kampagne die Rede mit der Absicht, im Bundestagswahlkampf Hass auf die Grünen und ihren Kanzlerkandidaten Habeck zu schüren. Das Magazin verwies auf Warnungen des Bundesamts für Verfassungsschutz vor einer möglichen Einflussnahme Russlands auf die vorgezogene Wahl am 23. Februar. "Seit Monaten wird durch Spionage und Sabotage gezielt versucht, Verunsicherung zu schüren, bestehende Konflikte anzuheizen und uns als Gesellschaft zu spalten", kommentierte der Grünen-Innenpolitiker Konstantin von Notz die Sabotageserie.

Deutschland | Konstantin von Notz (15.01.2025)
Grünenpolitiker von Notz: "Gezielte Versuche, die Gesellschaft zu spalten"Bild: Bernd Elmenthaler/IMAGO

Die Staatsanwaltschaft in Ulm hat nach eigenen Angaben inzwischen vier Tatverdächtige im Visier. Es handele sich um insgesamt 123 Sachbeschädigungen, sagte ein Sprecher. Die vier Männer seien 17, 18, 20 und 29 Jahre alt. Ihren Ausweispapieren zufolge handelt es sich um einen Deutschen, einen Serben, einen Rumänen und einen Staatsbürger Bosnien-Herzegowinas.

Bauschaum bei Durchsuchungen entdeckt

Bei Wohnungsdurchsuchungen in Ulm, dem Alb-Donau-Kreis sowie im Landkreis Günzburg im Beisein der mutmaßlichen Verdächtigen wurden den Angaben zufolge mehrere Dosen Bauschaum sowie weitere Beweismittel beschlagnahmt. Die drei jungen Männer machten bei der Vernehmung nur wenige Angaben, wie die Polizei damals mitteilte. Sie kamen nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen wieder auf freien Fuß.

Laut "Spiegel" hat einer der Beschuldigten inzwischen ausgepackt. Er soll ausgesagt haben, er und weitere Beteiligte seien von einem Russen zu den Attacken angestiftet worden. Über den Messengerdienst "Viber" habe der Auftraggeber detaillierte Instruktionen für die Sabotageaktionen gegeben, zitiert das Magazin den Mitbeschuldigten weiter. Für jedes beschädigte Fahrzeug sei ihnen ein Honorar von 100 Euro versprochen worden. Mehrere tausend Euro seien dann auch gezahlt worden.

Symbolbild Viber-App und Logo auf Smartphones
Der Auftraggeber kommunizierte offenbar über den Messengerdienst Viber mit den mutmaßlichen SaboteurenBild: Dado Ruvic/REUTERS

Dem Bundesinnenministerium lägen bisher keine konkreten Hinweise auf russische Auftraggeber vor, die Ermittlungen dazu dauerten noch an, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Nach "Spiegel"-Informationen sollen die Verdächtigen per Chat angeworben worden sein.

Aktionen auch in Frankreich

Der Verfassungsschutz sieht bereits seit Monaten eine Tendenz russischer Stellen, Akteure - teils aus dem kleinkriminellen Milieu - anzuwerben, die für Geld Spionage- und Sabotageaktionen durchführen. Ein Grund für diese Entwicklung ist nach Einschätzung deutscher Sicherheitsbehörden, dass der Einsatz professioneller Spione für Russland durch Sanktionen und eine erhöhte Wachsamkeit westlicher Nachrichtendienste erschwert ist. 

Nach Einschätzung westlicher Behörden gibt es verschiedene Beispiele für solche Aktionen. Entsprechende Taten habe es in Frankreich gegeben, bei denen im Auftrag Russlands ein gesellschaftlicher Konflikt zusätzlich befeuert werden sollte. Dazu zählen die Nachrichtendienste eine Tatserie, bei der Davidsterne auf bestimmte Häuserwände in Paris gesprayt wurden. Auch eine Farbattacke auf eine Holocaust-Gedenkstätte in der französischen Hauptstadt zähle dazu.

AR/sti (dpa, afp)

Redaktionsschluss: 17.30 Uhr (MEZ) - dieser Artikel wird nicht weiter aktualisiert.