Auf dem tiefen Westen
17. September 2015Deutsche Einheit schön und gut - aber was hat das mit mir zu tun? Das ist der erste, ganz unverblümte Gedanke, der mir zur Einheit einfällt. Als Deutschland wieder eins wurde, war ich noch gar nicht geboren: Ich bin Jahrgang 1993, habe keine Verwandten in der DDR und auch den Mauerfall nicht live miterlebt. Ich bin "tief im Westen" geboren, um es mit Herbert Grönemeyer zu sagen: In Dortmund in Nordrhein-Westfalen und dort bin ich auch aufgewachsen. Weit weg vom "Osten". Ein vereintes Deutschland war für mich immer selbstverständlich. Ich habe es früher nie hinterfragt. Und wie soll man eine Einheit wertschätzen, wenn man die Trennung nicht kannte?
Der 3. Oktober hatte als Feiertag für mich nie eine besondere Bedeutung - eben ein Feiertag wie jeder andere. Gerade in meiner Schulzeit war es einfach ein freier Tag. Alles, was ich heute noch ansatzweise mit der DDR verbinde, ist der Geschichtsunterricht in der Oberstufe. Und mein russischer Vater, der alleine bei dem Wort "Kommunismus" am liebsten fluchtartig den Raum verlässt.
Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich bis auf Berlin selbst nie in Ostdeutschland gewesen bin. Natürlich habe ich von den vielen, heute noch existierenden Unterschieden zwischen Ost und West gehört und gelesen. Aber es ist eben etwas anderes, strukturelle Unterschiede mit den eigenen Augen gesehen zu haben. Vielleicht wäre eine längst überfällige Reise in den Osten Deutschlands ein Anfang, um das alles besser zu verstehen.