HSV in der Bundesliga: Der Dinosaurier kehrt zurück
Der Hamburger SV steigt wieder ins deutsche Fußball-Oberhaus auf. Sechsmal war das Bundesliga-Gründungsmitglied nahe daran, in die höchste Spielklasse zurückzukehren. Erst der siebte Anlauf glückt.
Aufstieg geschafft!
Das war ein hartes Stück Arbeit. Ausgerechnet im "verflixten siebten Jahr" gelingt endlich die ersehnte Rückkehr in die Bundesliga. Nicht weil die Hamburger überragen. Vielmehr leisten sich die Konkurrenten im "Schnecken-Rennen" um den Aufstieg einfach mehr Ausrutscher. Schon am vorletzten Spieltag bucht der HSV das Ticket für Liga eins. Immerhin mit einem Torfestival: einem 6:1 gegen den SSV Ulm.
Platzsturm mit Folgen
Nach dem Abpfiff stürmen die Fans den Platz, feiern ihre Mannschaft und nehmen als Aufstiegssouvenir alles mit, was sich tragen lässt. Auch die Tore müssen daran glauben und der Rasen sieht anschließend aus wie ein Schweizer Käse. Bitter: 44 Anhänger verletzen sich, teilweise schwer - die meisten, weil sie beim Sprung von der Tribüne in den Innenraum die Höhe unterschätzen.
Nah dran ist auch vorbei
Allerdings haben die Fans auch lange auf den Aufstieg warten müssen. In den ersten sechs Zweitliga-Saisons wird der HSV viermal Vierter und zweimal Dritter. Ein Muster dabei: starke Hinrunde, schwache Rückrunde. 2022 ist der HSV dem Aufstieg sehr nahe. Das Relegations-Hinspiel in Berlin gegen Hertha gewinnen die Hamburger mit 1:0. Doch im eigenen Stadion verlieren sie 0:2. Aus der Traum.
Wieder nichts
2023 kommt es fast noch schlimmer. Am letzten Spieltag wähnen sich die Hamburger bereits als Aufsteiger, doch mit einem Last-Minute-Sieg schiebt sich der 1. FC Heidenheim noch am HSV vorbei auf Platz zwei. Die Hamburger müssen in die Relegation und sind dort gegen den VfB Stuttgart chancenlos. Nach zwei Niederlagen steht fest: Der HSV bleibt zweitklassig.
Schwarzer Samstag
Der Gang in die 2. Liga im Mai 2018 ist bitter: Der HSV ist nach knapp 55 Jahren das letzte Gründungsmitglied der Bundesliga, das zuvor noch nie abgestiegen ist. Zwar gewinnt Hamburg das letzte Heimspiel gegen Gladbach, aber da Konkurrent Wolfsburg ebenfalls siegt, steht der Abstieg fest. Chaoten sorgen mit Knallkörpern und Pyrotechnik für ein unrühmliches Ende in Deutschlands Fußball-Oberhaus.
Remis zum Bundesliga-Auftakt
Zuvor ist Hamburg eine feste Adresse in Liga eins, auch wenn der Start etwas holprig gerät. Der HSV gilt am ersten Spieltag der neuen Bundesliga am 24. August 1963 bei Preußen Münster als klarer Favorit. Doch Münster geht vor 38.000 Zuschauern durch einen Elfmeter in Führung. HSV-Stürmer "Charly" Dörfel gelingt mit einem Kopfballtor noch der Ausgleich zum 1:1-Endstand.
Uns Uwe
Uwe Seeler prägt mit seinen Toren das erste Bundesliga-Jahrzehnt der Hamburger. In der ersten Saison wird "Uns Uwe" mit 30 Treffern der erste Torschützenkönig der Liga. Die Vormachtstellung im Norden verliert der HSV zunächst an Werder Bremen, das sich 1965 den Meistertitel holt. Chancen auf die Meisterschale haben die Hamburger erstmals 1975, am Ende werden sie Zweiter hinter Mönchengladbach.
Bierkrug zur Meisterschaft
Den ersten von insgesamt drei deutschen Meistertiteln in der Bundesliga feiert der HSV erst 1979. Überragender Spieler und Publikumsliebling ist damals der englische Nationalstürmer Kevin Keegan (Mitte l.). Paul Breitner vom FC Bayern München (Mitte r.) gratuliert Keegan mit einem bayrischen Bierkrug zur Meisterschaft.
Der nächste Meistertitel
Drei Jahre später reckt Manfred Kaltz (4.v.r.), berühmt für seine "Bananenflanken" in den Strafraum, die Meisterschale erneut nach oben. Die Hamburger sind zum zweiten Mal deutscher Meister und drauf und dran, die beste Adresse im deutschen Fußball zu werden. Der spätere Frauen-Bundestrainer Horst Hrubesch (l.) wird mit 27 Treffern Torschützenkönig der Bundesliga.
Gleich zwei Trophäen
Das folgende Jahr ist für den HSV das erfolgreichste der Vereinsgeschichte. Die Mannschaft um Torjäger Hrubesch (Mitte) verteidigt 1983 nicht nur den deutschen Meistertitel, sondern gewinnt auch den Europapokal der Landesmeister, das Pendant zur heutigen Champions League. Der HSV ist an der Spitze des europäischen Fußballs angekommen.
Ende der goldenen Ära (38962034)
Das höchste Niveau kann der HSV in den folgenden Jahren aber nicht halten. Immerhin folgen noch zwei Vizemeisterschaften (1984, 1986) und der vorläufig letzte Titel der Hamburger: 1987 gewinnen "Manni" Kaltz (l.) und Co. durch einen 3:1-Sieg gegen die Stuttgarter Kickers den DFB-Pokal.
Europapokal als Ausnahme
Doch die glorreichen Zeiten verblassen in den Folgejahren. In der Bundesliga landet der Klub häufig im Mittelfeld. Ausnahme 2000: Der HSV qualifiziert sich als Dritter für die Champions League - und erlebt beim 4:4 gegen Juventus Turin ein "Jahrhundertspiel" (Foto). In den 31 Jahren zwischen 1987 und dem Abstieg 2018 spielt der HSV aber nur neunmal europäisch - zweimal in der Champions League.
Stetiger Niedergang
Die letzten Jahre in der Bundesliga werden zur "bleiernen Zeit" für den HSV. Der einstige Topklub ist Dauergast in der unteren Tabellenhälfte und im Abstiegskampf. Mehrfach schrammt der Klub nur knapp am Abstieg vorbei. 2014 und 2015 retten sich die Hamburger erst in der Relegation. Im Mai 2018 ist dann aber nach 1866 Bundesliga-Spielen Schluss.
Zeitenwende?
Wie die Uhr im Hamburger Stadion genau dokumentiert, endet die Bundesliga-Zugehörigkeit exakt nach 54 Jahren, 261 Tagen, null Stunden, 36 Minuten und zwei Sekunden. Mittlerweile ist die Uhr angepasst worden und zählt nun die Zeit seit der Vereinsgründung am 29. September 1887. Ob sie demnächst wieder umgestellt wird?