Das Balkan-Team des neuen, alten US-Präsidenten
13. Februar 2025Die ersten Wochen der zweiten Präsidentschaft des Donald J. Trump haben die Schlagzeile der New York Times vom Tage seines Amtsantrittes bereits bestätigt: "The Deal Maker in Chief Is Back" - der Chef-Dealmaker ist zurück. Auch bei seiner Außenpolitik scheint sich herauszukristallisieren, dass "geliebte Deals" Trumps Leitmotiv bleiben werden.
Das heißt etwa: Die Ukraine soll weiterhin US-Militärhilfe erhalten - wenn sie im Gegenzug den USA den Zugang zu ihren Rohstoffvorkommen wie Seltene Erden und Lithium gewährt. Oder die "Übernahme" des Gaza-Streifens zur Schaffung einer "nahöstlichen Riviera". Oder Trumps Klassiker: Ein neuer "Trump Tower", diesmal in Serbiens Hauptstadt Belgrad.
Das Projekt, das 2012 gescheitert war, steht nun vor Baubeginn. Dass dies 13 Jahre später doch noch geklappt hat, ist maßgeblich Trumps engstem Berater zu verdanken: Richard "Ric" Grenell, bereits während der ersten Amtszeit des Präsidenten dessen Sondergesandter für den Westbalkan, den der Präsident nun zu seinem "Gesandten für Spezialmissionen" machte.
Ein serbischer Orden für einen US-Gesandten
Grenell verfügt über enge, geradezu freundschaftliche Beziehungen zu Serbiens Präsident Aleksandar Vucic und seinem Außenminister Marko Djuric, der vorher serbischer Botschafter in Washington war. Von Vucic erhielt Grenell 2023 einen Orden - wegen seiner "ausgewogenen Herangehensweise" an Europas jüngsten Staat, der Republik Kosovo, die Serbien auch 26 Jahre nach dem Ende des Kosovo-Krieges noch immer für sich beansprucht.
Im März 2024 wurde der Deal über den Trump Tower Belgrad - Kosten laut New York Times: eine halbe Milliarde Dollar - zwischen der serbischen Regierung, Trumps Schwiegersohn Jared Kushner und arabischen Investoren geschlossen. Der Plan: Das ehemalige Generalstabsgebäude der Streitkräfte Serbiens bzw. vormals Jugoslawiens soll zu einen Hotelkomplex mit Luxusapartments umgebaut werden - zuzüglich einer Gedenkstätte für die Opfer des NATO-Luftangriffs von 1999, bei dem der Bau getroffen worden war. Neben New York City, Chicago, Manila und Istanbul wäre dies der weltweit fünfte Trump Tower.
"Der perfekte Mann für Belgrad"
Rod "Blago" Blagojevich ist selbst für Trumps Standards eine schillernde Politfigur. Das Magazin Politico verbreitete vergangene Woche, Trump erwäge, den ehemaligen demokratischen Gouverneur des Bundesstaates Illinois zum US-Botschafter in Belgrad zu ernennen. Blagojevich, Sohn serbischer Einwanderer, wurde 2009 seines Amtes enthoben und drei Jahre später wegen Korruption zu einer Haftstrafe von 14 Jahren verurteilt.
Trump hatte Blagojevichs Strafe während seiner ersten Amtszeit verkürzt, woraufhin dieser 2020 vorzeitig entlassen wurde. Das macht den Demokraten zum idealen Mitstreiter des republikanischen Präsidenten, sagt Daniel Serwer, Balkan-Experte der renommierten Johns Hopkins University und unter Präsident Bill Clinton US-Unterhändler für den Balkan, der DW: "Blago ist der perfekte Mann für Belgrad: ein zutiefst korrupter Politiker, der bereit ist, alles zu tun, was Trump will, um rehabilitiert zu werden."
Hohe Zustimmung bei US-Serben
Tatsächlich hat Blagojevich nach seiner Amtsenthebung 2010 an Trumps damaliger Prominenten-TV-Show "Celebrity Apprentice" teilgenommen. Nach dem Republikanischen Parteitag, der Trump im Juli 2024 zum Präsidentschaftskandidaten kürte, absolvierte er zusammen mit Grenell Wahlkampf-Auftritte insbesondere in starken serbisch-stämmigen Gemeinden der USA, wo Trump hohe Zustimmungswerte erreichte - genauso wie unter nationalistischen serbischen Politikern in Serbien und den benachbarten Westbalkan-Staaten Bosnien und Herzegowina und Kosovo, wo ebenfalls Serben leben.
Im Frühjahr 2024 nahmen fünf serbisch-stämmige US-Geschäftsmänner an einem Empfang in Trumps Residenz Mar-a-Lago in Florida teil, unter ihnen Ranko Ristic, der Gründer der Firma Zastava Arms USA, die exklusiv Schusswaffen der serbischen Firma Zastava Oruzje in die Vereinigten Staaten importiert. Während der Veranstaltung hätte Trump Blagojevich als "großen Freund" und "engen Mitarbeiter" vorgestellt, so Ristic. Er selbst hätte Trump berichtet, wie sich die bosnischen Serben im Bosnien-Krieg 1991-1995 gegen 3.000 Mudschaheddin hätten verteidigen müssen.
Kritik an Kosovos Premier
Blagojevich wiederum traf sich vergangene Woche mit Vucic in Belgrad. Dort kritisierte er Kosovos Premier Albin Kurti scharf in den Medien - und warf diesem vor, in Kosovo fänden "ethnische Säuberungen" statt, die sich gegen die dortigen Serben richteten. 1999 hatten die USA zusammen mit anderen NATO-Staaten Serbien durch Luftangriffe gezwungen, seine Sicherheitskräfte aus seiner damaligen Südprovinz abzuziehen, um eine Vertreibung der albanischen Mehrheitsbevölkerung aus Kosovo zu verhindern.
Nun entschuldigte sich Blagojevich bei Vucic ausdrücklich für die US-Beteiligung am Kosovo-Krieg. "Mein Land hat Ihrem Land in den 1990er Jahren etwas Schreckliches angetan", so Trumps potenzieller Botschafter in Serbien an die Adresse des serbischen Präsidenten. "Es ist nichts anderes als das, was Russland in der Ukraine tut (…) Präsident Trump wird daran arbeiten, die Beziehungen unserer Länder zu verbessern."
Auch Trump-Intimus Grenell hat Kosovos heutigen Premier Kurti bereits mehrfach kritisiert. Zudem empfing er am Vortag von Trumps Amtseinführung einen Intimfeind des Regierungschefs, Ex-Premier Ramush Haradinaj, in Washington. Der postete später über den X-Kanal von KosovoOnline, es sei "nicht gut für Kosovo, wenn Kurti an der Macht bleibt". Kurti hatte 2020 Grenells Groll auf sich gezogen, da er einen ethnisch-motivierten Tausch von Gebieten zwischen Kosovo und Serbien ablehnte, den der US-Unterhändler vorgeschlagen hatte.
Positive Entwicklungen für Serbiens Präsident Vucic
Diese für Vucic überaus positiven Entwicklungen werden konterkariert durch die Massenproteste, die Serbien seit Anfang November erschüttern. In den vergangenen Wochen ist denn auch die Rhetorik des serbischen Präsidenten bezüglich Kosovos radikaler geworden - wohl, um von offensichtlichen innenpolitischen Problemen abzulenken.
Vucis Außenminister Djuric bezeichnete Kosovo gegenüber der Berliner Zeitung derweil als "unsere Südprovinz", in der Serben einer "ständigen Diskriminierung und Schikanierung" ausgesetzt seien. Generalstabschef Milan Mojsilovic sagte gegenüber der serbischen Tageszeitung "Vecernje novosti", Serbiens Streitkräfte stünden bereit, um "die Serben und andere Nichtalbaner auf dem Territorium unserer südlichen Provinz zu beschützen". In Kosovo gäbe es "Indikatoren für potenzielle Destabilisierung". Vucic, der Kurti bereits "terroristischen Abschaum" genannt hatte, bezeichnete ihn nun im serbischen Sender Happy TV als "Schurken", der "Serben hasse".
Es geht auch um Bosnien
Kurt Bassuener, Direktor des Berlin Think-Tanks Democratization Policy Council, warnt gegenüber der DW, nicht nur die territoriale Integrität Kosovos sei durch großserbische Aspirationen gefährdet, sondern auch die Bosnien und Herzegowinas. Die EU könnte auf Belgrads Aggressionen gegenüber den Nachbarländern reagieren, indem sie die EUFOR Althea-Truppe, die den Frieden in Bosnien schützt, "signifikant ausstocke" - mit Kampftruppen.
In dieser Situation wäre ein US-Balkan-Team Grenell-Kushner-Blagojevich ein Geschenk für Belgrad - inklusive eines direkten Drahtes ins Weiße Haus. Eine - ohnehin unwahrscheinliche - Verbesserung im Verhältnis Serbiens zu Kosovo würde in noch weitere Ferne rücken.
Die letzten Angriffe von Kosovo-Serben gegen NATO- und kosovarische Sicherheitskräfte sowie einen serbischen Truppenaufmarsch an der gemeinsamen Grenze beantwortete die EU 2023 mit Sanktionen - paradoxerweise gegen Kosovo. Nur die persönliche Intervention des damaligen US-Außenministers Antony Blinken bei Präsident Vucic und enormer Druck der NATO konnten Serbiens Panzer zum Umkehren bewegen.
Heute bezweifeln die Westbalkan-Experten Serwer und Bassuener, dass die USA Vucics Armee im Ernstfall militärisch stoppen würden. Serwer warnt zudem, dass allein schon die Diskussion über eine Teilung Kosovos oder auch der Ukraine die serbischen Sezessionisten in Bosnien zu entsprechenden Aktionen animieren würde.
"Es läge dann an den Bosniern, darauf zu reagieren. Und in Kosovo wären die Javelins dann die beste Verteidigung", so Serwer zur DW. Ohne die Lieferung der hocheffektiven US-Panzerabwehrraketen vom Typ "Javelin" ist die erfolgreiche Abwehr der russischen Vollinvasion in der Ukraine 2022 nicht denkbar. Eine Eskalation der potenziellen Konfliktherde auf dem Westbalkan, dem von allen Seiten von EU-Staaten umgebenen "Innenhof" der EU, wird angesichts der derzeitigen sicherheitspolitischen Gemengelage jedenfalls wahrscheinlicher.