China und "America First" - Polemik um Panamakanal
29. Januar 2025US-Außenminister Marco Rubio reist diese Woche nach Panama - seine erste Auslandsreise seit dem Amtsantritt. Auf der Tagesordnung: illegale Einwanderung aus Lateinamerika in die USA und die Behauptung seines Dienstherrn Donald Trump, Panama habe die Kontrolle über den Panamakanal an China abgetreten. "Wir holen uns den Kanal zurück", hatte der US-Präsident in seiner Antrittsrede angekündigt.
Die Aussage zur Kontrolle über den Panamakanal wurde sowohl von Peking als auch vom panamaischen Präsidenten José Raúl Mulino zurückgewiesen. "Unser Kanal ist ausschließlich in panamaischer Hand. Und er wird für immer in unserer Hand bleiben", schrieb Mulino.
Betreibergesellschaft aus Hongkong
Der Panamakanal ist eine 82 Kilometer lange Wasserstraße und verbindet den Pazifik mit dem Atlantik. Nach seiner Fertigstellung durch die USA im Jahr 1914 wurde er jahrzehntelang von den Vereinigten Staaten verwaltet. Die volle Kontrolle über den Kanal wurde jedoch 1999 an Panama zurückgegeben. Aber Washington behält sich weiter das Recht vor, militärische Gewalt anzuwenden, sollte die Neutralität der Wasserstraße auf dem Spiel stehen. Etwa 40 Prozent des gesamten US-Containerverkehrs werden jedes Jahr durch den Kanal geleitet. Der zweitgrößte Nutzer des Kanals ist China.
Trumps Behauptung, China kontrolliere den Panamakanal, ist jedoch falsch. Der Panamakanal wird von der panamaischen Regierung durch ihre Kanalbehörde ACP verwaltet. Die Behörden in Panama haben wiederholt erklärt, dass es keine chinesische Verwaltung gebe.
China hat aber seine Präsenz rund um den Kanal in den letzten Jahren erheblich ausgeweitet, insbesondere seit Panama 2017 die diplomatischen Beziehungen zu Taiwan beendete und seither die chinesische Regierung in Peking anerkennt. Im selben Jahr trat Panama als das erste lateinamerikanische Land Chinas Seidenstraßeninitiative (Belt and Road Initiative) bei.
Die Besorgnis über eine chinesische Vormacht an der Wasserstraße konzentriert sich auf zwei Häfen in Balboa und Cristóbal. Der erste liegt auf der pazifischen, der zweite auf der atlantischen Seite des Kanals. Seit 1997 werden sie von einer Tochtergesellschaft der Hutchison Port Holdings betrieben, die wiederum eine Tochtergesellschaft der in Hongkong ansässigen CK Hutchison Holdings ist. Der Eigentümer ist der Hongkonger Milliardär Li Ka-shing.
Kurz nach Trumps Amtsantritt kündigten die panamaischen Behörden an, den Betreiber mit Verbindung nach Hongkong zu überprüfen. Analysten meinen jedoch, selbst wenn Trumps Drohungen nur Schall und Rauch seien, habe die scharfe Rhetorik des neuen Präsidenten Methode. "Wir sehen, dass Trump Panama als Präzedenzfall benutzt", sagt Will Freeman, Lateinamerika-Experte der unabhängigen New Yorker Denkfabrik Council on Foreign Relations. "Er will damit sagen: 'Glaubt nicht, dass ihr in Lateinamerika unter meiner Aufsicht mit engeren Beziehungen zu China durchkommen könnt.'"
Kann der Betreiber kontrollieren?
Washington ist besorgt, dass die Aktivitäten rund um den Panamakanal China immer mehr in die Lage versetzen könnten, eine der wichtigsten Handelsrouten der Welt zu kontrollieren, insbesondere wenn es zu einem bewaffneten Konflikt zwischen beiden Supermächten kommen sollte.
Bei einer Anhörung im US-Kongress 2024 sagte die damalige Befehlshaberin des US-Südkommandos Generalin Laura Richardson: "Die Volksrepublik China stellt ihre Investitionen in Lateinamerika als friedlich dar. Aber viele von ihnen dienen der Volksrepublik künftig als strategischer Zugang für ihre Streitkräfte - die Volksbefreiungsarmee (PLA) - und für deren Marine als Stützpunkt." Das US-Südkommando hat die Befehlsgewalt über alle militärischen Operationen der Vereinigten Staaten in Lateinamerika und in der Karibik.
China selbst strebt nach eigenen Angaben eine sachliche Zusammenarbeit mit Panama an. In einer Botschaft, in der er dem panamaischen Präsidenten José Raúl Mulino zu seinem Wahlsieg 2024 gratulierte, erklärte Chinas Präsident Xi Jinping, die Aufnahme diplomatischer Beziehungen habe "greifbare Vorteile für die Menschen beider Nationen" gebracht.
Evan Ellis, Professor für Lateinamerikastudien am U.S. Army War College, sagt jedoch, dass Peking im Falle einer chinesischen Militäroperation gegen Taiwan seinen bestehenden Einfluss und das technische Wissen nutzen würde, um den Betrieb des Kanals einzuschränken oder gar einzustellen. Ellis sagt, dies könne durch das "Arrangieren" des Versenkens eines Schiffes oder durch physische oder Cyber-Sabotage der Schleusen geschehen.
Ellis fügt hinzu, dass solche Aktivitäten im Kontext eines Krieges im Indopazifik von China genutzt werden könnten, um US-Kampfeinsätze zu verhindern. Und für Taiwan, das in Pekings Auge eine abtrünnige Provinz ist, könnte eine Verzögerung der US-Unterstützung um nur wenige Tage eine außerordentliche Bedrohung sein.
Dreiecksbeziehung
Seit seinem Amtsantritt zielt US-Präsident Trump mit vielen seiner administrativen Anweisungen gegen Länder in Nord- und Südamerika. Auch vielen US-Verbündeten drohte Trump mit Strafzöllen. Ab dem 1. Februar sollen nach Trumps Aussage zum Beispiel alle Importe aus Mexiko und Kanada mit Abgaben in Höhe von 25 Prozent belegt werden.
Am Wochenende gelang es Kolumbien nur knapp, einen Handelskrieg mit Washington zu vermeiden, nachdem es zugestimmt hatte, US-Militärflugzeuge mit abgeschobenen Migranten aufzunehmen. Die honduranische Präsidentin Xiomara Castro hat für Donnerstag eine Dringlichkeitssitzung im Regionalverband der Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten (Celac) einberufen, um über den Umgang mit der neuen US-Regierung zu beraten.
Der "America First"-Ansatz habe unverhältnismäßig stark Washingtons Verbündete ins Visier genommen und nicht Länder, die als Rivalen der Vereinigten Staaten gelten, wie etwa China, glauben einige Politikwissenschaftler. Deswegen sei Peking seit Trumps Amtsantritt relativ ruhig geblieben. Es wird befürchtet, dass China von der sich intensivierenden Feindseligkeit zwischen den USA und ihren südlichen Nachbarn in der Karibik und Lateinamerika profitieren könnte.
Die Unberechenbarkeit im Weißen Haus verstärke den Eindruck, dass Peking der "Erwachsene im Raum" ist, wenn es um die Weltpolitik gehe. "Es baut die Machtpräsenz der USA ab und Chinas politische und wirtschaftliche Engagements in Lateinamerika auf", so Ellis. Allerdings hat Trump auch dem Reich der Mitte mit Strafzöllen bis zu 60 Prozent gedroht. "Im Moment scheinen die Chinesen zu schweigen und zuzulassen, dass Präsident Trump sich selbst ins eigene Knie schießt."
Aus dem Englischen adaptiert von Dang Yuan