Frauengemeinschaften boomen in China
In der ostchinesischen Provinz Zhejiang treffen sich Frauen in ländlichen Co-Living-Spaces, um gesellschaftlichem Druck und männlicher Beurteilung zu entkommen. Dort finden sie Austausch und einen geschützten Raum.
Austausch und Unterstützung unter Frauen
"Keke’s Imaginative Space" ist ein Co-Living-Space nur für Frauen in einem Vorort von Hangzhou in der Provinz Zhejiang. Hier kommen sie zusammen, um sich gegenseitig zu unterstützen und "frei über intime Dinge zu sprechen", wie sie es sagen. Währenddessen backen sie in einer Küche mit Blick auf die Berge gemeinsam gedämpfte Brötchen. Die Teilnehmerinnen zahlen knapp vier Euro pro Nacht.
Ruhe und Leichtigkeit am rauschenden Bach
"Ich wurde von Männern in unterschiedlichem Maße belästigt, sodass ich oft nicht mehr normal arbeiten konnte," sagt Gründerin Chen Yani, genannt "Keke" der Agentur AFP. Diese Erfahrung war für sie der Anstoß, einen sicheren Rückzugsort zu schaffen. "Es sollte ein Ort sein, an dem ich mich nicht ängstlich fühlen würde", sagt sie.
Sehnsucht nach einem Ort der Sicherheit
Chen begann mit der Renovierung eines Hauses in Lin'an, etwa 200 Kilometer von Shanghai entfernt. Sie vermutete, dass viele Frauen ihren Wunsch nach einem Ort zum Wohlfühlen teilen, und organisierte einen Aufenthalt über das chinesische Neujahrsfest. Zwölf Frauen kamen - auf der Suche nach Ruhe, Gemeinschaft und Freiheit von gesellschaftlichen Erwartungen.
Bewusste Verbindung mit der Natur
"Innerhalb der Familie müssen Frauen oft für Großeltern, Kinder und den Haushalt sorgen. Ganz zu schweigen von ihren beruflichen Verpflichtungen", sagt Chen Yani. "Sie brauchen einen Ort, an dem sie keine Rolle spielen müssen und einfach sie selbst sein können." Ein weiterer zentraler Aspekt des Aufenthalts ist die bewusste Verbindung zur Natur, die viele der Teilnehmerinnen dabei neu entdecken.
Ein wachsendes Netzwerk von Frauen
"Her Space", wie das Wohngemeinschaftshaus genannt wird, soll all den Frauen, die ihn brauchen, einen geistigen Zufluchtsort bieten. Mit seinen rustikalen Möbeln und Kalligraphien an den Wänden vermittelt das Anwesen den Eindruck eines Boutique-Hotels. Schon 120 Frauen haben die Mitgliedsgebühr von 3.980 Yuan (475 €) gezahlt, um sich der stetig wachsenden Gruppe anzuschließen.
Frauenräume im Aufwind
Beim gemeinsamen Brettspiel und Kaffee herrscht ausgelassene Stimmung. Manche Frauen suchen Austausch, andere Schutz vor Belästigung. Die Nachfrage nach geschlechtergetrennten Räumen wie Bars, Fitnessstudios oder Coworking-Spaces steigt.
Die kritischen Stimmen
Ein Austausch über Probleme ist wichtig - doch Kritiker sehen in gleichgeschlechtlichen Gemeinschaften eine Spaltung der Geschlechter. Chen Yani widerspricht dem und betont das Recht der Frauen auf eigene Räume: "Frauen bilden eine soziale Gruppe mit gemeinsamen Lebenswegen und Problemen. Oft ist es für sie einfacher, einander zu verstehen und Empathie zu zeigen."
Nicht nur Bar: Safe Space nur für Frauen
Neben dem Projekt nahe Hangzhou gibt es bereits ähnliche Initiativen auch in anderen Städten, wie etwa in Peking. Dort hat Lilith Jiang den Kulturraum "Half the Sky" gegründet, einen weiteren Safe Space nur für Frauen. Langfristig könnten solche nicht-traditionellen Lebensmodelle auch eine Alternative für alleinstehende Frauen sein, die sich Sorgen um das Leben im Alter machen.