CDU/CSU, SPD, Grüne: Milliarden-Paket für Deutschland steht
14. März 2025Die Union aus CDU und CSU sowie die SPD haben sich mit den Grünen auf einen Kompromiss beim schuldenfinanzierten Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur verständigt. Konkret geht es um die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben und um ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen, mit dem über zwölf Jahre hinweg die Infrastruktur in Deutschland modernisiert werden soll. Der Begriff Sondervermögen bezeichnet dabei ein spezielles Schuldenpaket, für das eine Änderung des Grundgesetzes mit einer Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat nötig ist.
Die konservativen Schwesterparteien CDU und CSU und die Sozialdemokraten kamen den Grünen bei mehreren Forderungen entgegen. CDU-Chef Friedrich Merz betonte, Investitionen aus dem Sondervermögen müssten zusätzlich erfolgen. Das bedeutet, sie dürfen nicht für laufende Projekte oder Konsumausgaben verwendet werden. Die Grünen hatten befürchtet, eine künftige Koalition aus CDU/CSU und SPD könnte das Geld nutzen, um Ausgaben aus dem regulären Haushalt auszulagern - und sich damit Spielraum zu verschaffen für Wahlgeschenke wie die Mütterrente oder geringere Steuern für die Gastronomie.
Um Klima-Mittel wurde "hart gerungen"
100 Milliarden Euro des Sondervermögens sollen in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) fließen. Vor allem um diesen Punkt sei mit den Grünen "hart gerungen" worden, sagte Merz, der sich mit dem Ergebnis "sehr zufrieden" zeigte.
Weitere 100 Milliarden Euro aus diesem Topf gehen an die Bundesländer. Das Geld wird Merz zufolge vor allem in die anstehende kommunale Wärme- und Energieplanung fließen. Überdies sollen die Länder, die gemäß der Schuldenbremse bisher keine Kredite aufnehmen dürfen, fortan die Möglichkeit haben, sich zu verschulden: jedes Jahr mit bis zu 0,35 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung. Das seien für alle Länder zusammen derzeit etwa 16 Milliarden Euro, sagte Merz. Dieser Punkt indes sei in den Verhandlungen unstrittig gewesen.
Ausgaben für Verteidigung, die ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts übersteigen, werden künftig von der Schuldenbremse ausgenommen - sind damit also praktisch unbegrenzt möglich. Die Grünen konnten aushandeln, dass der Verteidigungsbegriff dabei weit gefasst wird und auch den Zivil- und Bevölkerungsschutz, die Geheimdienste und die Unterstützung von völkerrechtswidrig angegriffenen Staaten einschließt.
Merz: "Deutschland ist zurück"
Die beteiligten Parteien verständigten sich zudem darauf, die Ukraine-Hilfe um drei Milliarden Euro aufzustocken. Merz, der aller Voraussicht nach künftiger Regierungschef wird, sagte, der noch amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz habe sich zur Freigabe der Mittel bereiterklärt, sobald das Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur beschlossen sei, also nach der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat. "Deutschland ist zurück. Deutschland leistet seinen großen Beitrag zur Verteidigung der Freiheit und des Friedens in Europa", betonte der CDU-Vorsitzende.
SPD-Co-Chef Lars Klingbeil lobte das beschlossene Paket als "kraftvollen Anschub für Deutschland". Dabei sei es gelungen, "in der demokratischen Mitte Brücken zu bauen", erklärte er vor der Presse. Sein Parteikollege, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, bezeichnete die Einigung als "starkes Signal für unsere Sicherheit, für die Wirtschaftskraft und die Arbeitsplätze in Deutschland".
Grüne: Haben Geld "in die richtige Richtung gelenkt"
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge sagte, sie und ihre Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann hätten es in den Verhandlungen mit den anderen Parteien geschafft, "dass das Geld in die richtige Richtung gelenkt wird". Der Klima und Transformationsfonds sei jetzt so aufgestellt, dass ein künftiger Wirtschafts- und Energieminister "das Richtige tun kann". In der kommenden Legislaturperiode werden die Grünen, die mit Robert Habeck derzeit den Ressortchef stellen, nicht mehr der Regierung angehören.
AfD und Linke kritisierten den Beschluss dagegen scharf. "100 Milliarden Euro aus dem Schuldenpaket werden für klimaideologische Projekte verbrannt", ließ AfD-Chefin Alice Weidel verlauten. Dafür, dass CDU-Chef Merz Kanzler werden könne, müssten "Generationen teuer bezahlen".
Linke: Wird "noch mehr Menschen in die Arme der AfD treiben"
Die Parteichefin der Linken, Ines Schwerdtner, erklärte wiederum, der Kompromiss helfe vor allem den Rechtspopulisten. Es werde ein zentraler Fehler der rot-grün-gelben Regierung wiederholt, "nämlich Klimaschutz und Aufrüstung ohne sozialen Ausgleich". Schwerdtner sagte den Funke-Medien, das werde "noch mehr Menschen in die Arme der AfD treiben".
CDU, CSU und SPD hatten in ihren Sondierungen für eine Koalition vereinbart, die Schuldenbremse für höhere Verteidigungsausgaben zu lockern und ein schuldenfinanziertes Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur zu schaffen. Die Grünen hatten jedoch zunächst ihre - für einen Beschluss in der Zusammensetzung des alten Bundestages nötige - Zustimmung verweigert.
Bundesverfassungsgericht macht den Weg frei
Nun könnten die Änderungen am Sonntag im Haushaltsausschuss des Bundestages und am Dienstag im Plenum gebilligt werden. Das Bundesverfassungsgericht räumte eine letzte Hürde dafür aus dem Weg, indem es Eilanträge von AfD und Linken zurückwies, mit der die Einberufung des alten Parlaments verhindert werden sollte.
Das vereinbarte Paket benötigt sowohl im Bundestag als auch in der Länderkammer, dem Bundesrat, eine Zweidrittelmehrheit, weil die Schuldenbremse im Grundgesetz - der deutschen Verfassung - festgeschrieben ist. Grundgesetz-Änderungen sind nicht mit einfacher Mehrheit, sondern nur mit einer Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern möglich. Im Bundesrat dürfte die Entscheidung am Freitag fallen.
jj/AR (dpa, afp, rtr)