Bäumchen schmücke dich!
Über zwei Punkte streiten sich deutsche Nachbarn am meisten: kleine Kinder - denn die machen Lärm und große Bäume - denn die werfen Schatten und machen Schmutz. Nur im Mai kommen die Nachbarn in manchen Gegenden Deutschlands durch Bäume näher.
Geschmücktes Gerippe
Dünn und hochgewachsen ist er, geschmückt mit leuchtenden Bändern und Fahnen und in mancherorts behängt mit salzigen Brezeln und deftigen Würsten. Der Maibaum erfreut besonders im Rheinland die Herzen der Frauen.
Seit vielen Jahrhunderten schon ist es in Deutschland Brauch, der Allerliebsten in der Nacht zum 1. Mai eine geschmückte Birke vor die Tür zu stellen. Nicht immer gelingt dies, denn - auch das ist alter Brauch - manchmal wird er kurzerhand von männlichen Konkurrenten gestohlen. Mit bisweilen fatalen Auswirkungen.
Maibaum-Stehlen: ein Volksrecht
Früher prügelten sich die jungen Männer mit viel Gebrüll, heute ziehen sie manchmal vor Gericht. So geschehen in Bayern, wo zwei Männer einen Maibaum entwendet hatten. Doch Justitia entschied zugunsten der Burschen: Ein derartiges Maibaum-Stehlen - wer hätte es nicht schon längst gewusst - ist ein Volksrecht.
Auch den deutschen Umweltschützern blieb da nur eins: Einen Tag einzuführen, an dem gepflanzt statt gestohlen wird. Der "Tag des Baumes" ist zwar längst nicht so alt wie der Maibaum-Brauch, aber immerhin schon eine Idee des vorletzten Jahrhunderts.
Tag des Baumes
Im Jahr 1872 setzte ein amerikanischer Journalist bei seiner Regierung in Nebraska durch, jährlich den "Tag des Baumes" zu begehen. Er machte sich gleich daran, mit etlichen Bürgern und Farmern eine Million Bäume zu pflanzen.
In die Bundesrepublik kam dieser Brauch zwar erst achtzig Jahre später, dafür aber wurde er vom ersten Bundespräsidenten höchstpersönlich eingeführt. Am 25. April 1952 pflanzte Theodor Heuss auf dem Bonner Hofgarten einen Ahornbaum.
Luthers Anti-Weltuntergangs-Motto
Seitdem wird in Deutschland jedes Jahr der "Tag des Baumes" begangen. Getreu dem Motto Martin Luthers: Wenn morgen die Welt unterginge, ich würde heute noch ein Bäumchen pflanzen. Dem Kirchenmann war damals wohl nicht klar, was sich heute abzeichnet: Irgendwann könnte die Welt tatsächlich untergehen, weil es nicht mehr genug Pflanzen gibt.
Vor allem die Luftverschmutzung hat die Wälder kaputt gemacht. Zahlreiche Baumarten sind mittlerweile vom Aussterben bedroht. Dauersorgenkinder bleiben die Eiche und die Buche. Dabei spielt das Alter der Bäume auch eine große Rolle für das gesamte Ökosystem. Eine hundert Jahre alte Eiche etwa produziert Tag für Tag den Sauerstoffbedarf von 64 Menschen.
Sichtschutz zum Feind
Ganz zu schweigen von noch älteren Pflanzen. Der nachweislich älteste Baum der Welt stand in Kalifornien und konnte auf stolze 4900 Jahre zurückblicken. 1963 wurde er trotz vieler Bürgerproteste gefällt.
Ob auch er ein Zankapfel der Nachbarn war? Schattig wird es in seiner Umgebung sicher gewesen sein. Doch, wie heißt es so schön in einem Urteil des Frankfurter Landgerichts, große Bäume seien nicht nur gesund für den Menschen. Sie dienten auch als Sichtschutz zum Nachbarn. Deshalb dürfte es unklug sein, einen Baum zu fällen, der einem den Anblick des Feindes erspart.
Baum des Monats
Und die Birken? Im Jahre 2000 wurde die Sandbirke zum "Baum des Jahres" in Deutschland auserkoren. Schon der deutsche Dichter Wilhelm Busch hatte ihre Vielseitigkeit gepriesen: Für Schuhe oder Tabakdosen sei sie gut, als Anti-Glatzenmittel genauso wie als Rute.
Birken gelten als unverwüstlich. Sie braucht man nicht extra anzupflanzen. Sie gehören zu den Pionieren unter den Bäumen. Millionenfach segeln ihre Samen im Frühjahr durch die Lüfte, lassen sich nieder, wo sie sich wohl fühlen - und keimen.
Tod und Leben
Bis sie den Birkentod sterben - im Mai. Als Maibaum vor dem Haus der Angebeteten. Wird dieser jedoch mit einem Band für einen Bund auf's Leben geschmückt, dann hat die Birke letztendlich ja doch ihren Zweck erfüllt.
Fragen zum Text
Der Tag des Baumes findet in Deutschland jedes Jahr statt am …
1. 15. Mai
2. 25. April
3. 10. März
Bäume produzieren …
1. Stickstoff
2. Kohlenstoffdioxid
3. Sauerstoff
Birkensaft soll gut sein …
1. als Klebstoff.
2. für den Haarwuchs.
3. als Färbemittel.
Arbeitsauftrag
Viele Staaten haben mit Erosion zu kämpfen, weil Wälder abgeholzt werden. Suchen Sie sich ein Land, das mit entsprechenden Aufforstungsprogrammen erfolgreich dagegen vorgeht. Stellen Sie in einem Referat dieses Land und seinen Kampf gegen die Bodenerosion vor.
Autorin: Sabine Damaschke
Redaktion: Beatrice Warken