Bulgarische Unternehmer betrachten Korruption als "neue, legitime Steuer"
14. Januar 2004Sofia, Januar 2004, WIRTSCHAFTSBLATT, deutsch
Die Unternehmer sind immer eher geneigt, Schmiergeld zu zahlen, um im Geschäft zu bleiben. Dies zeigen die Ergebnisse einer Meinungsumfrage, die von Witosha Research im November d. J. unter 421 bulgarischen Unternehmen aus verschiedenen Branchen durchgeführt wurde. "Die Firmen befinden sich in einer zwiespältigen Situation: Ihre Mitarbeiter tolerieren zwar nicht die Korruption, zeigen aber eine immer größere Bereitschaft, von solchen Praktiken Gebrauch zu machen", erklärt Alexander Stojanow, Direktor der Meinungsforschungsagentur. Nach seinen Worten neigen immer mehr Unternehmer dazu, die Korruption als eine neue, legitime Steuer zu akzeptieren.
Nach den von der Koalition 2000 präsentierten Angaben haben mehr als 42,1 Prozent der bulgarischen Firmen Schmiergeld gezahlt, um einen öffentlichen Auftrag zu ergattern. Jeder zehnte Unternehmer hat zum Mittel der Bestechung gegriffen, um die Zahlung einer gegen ihn verhängten Geldstrafe zu vermeiden. Laut der Studie hat die Zahl der Schmiergeldzahlungen unter 250 Lewa (ca. 125 Euro – MD) im letzten Quartal zugenommen. Was die höheren Korruptionsbeträge betrifft, so hat sich ihre Zahl verringert, jedoch nur geringfügig.
Der Anteil der Schmiergelder, die zum Zwecke der Steuerreduzierung bzw. der Steuervermeidung gezahlt werden, hat sich nach Angaben der Soziologen verdoppelt. Die Umfrage hat gezeigt, dass jeder zweite Firmeneigentümer das Wirtschaftsumfeld als ungünstig für die Entwicklung des Privatunternehmertums bewertet und Zweifel an der Lauterkeit von Ministern, Steuerbeamten und Polizisten hegt. (...) (fp)