Bulgarische "SS-23"-Raketen sollen vernichtet werden
15. Juli 2002Sofia, 12.7.2002, 1015, GMT, RADIO BULGARIEN, deutsch
Eine der Forderungen an Bulgarien auf dem Weg zu einer NATO-Vollmitgliedschaft soll die Vernichtung der Raketen "SS-23" sein, die zu der noch vorhandenen Bewaffnung der bulgarischen Armee gehören. Sie sollen laut einem Beschluss des bulgarischen Parlaments nach Möglichkeit bis zum 30. Oktober dieses Jahres vernichtet werden. Als Vorbereitung dazu wurde auf dem Militärgelände Koren bei der südbulgarischen Stadt Haskowo durch die Sprengung von Fliegerbomben eine stärkere Explosion simuliert, als sie bei der Vernichtung der Raketen entstehen könnte. Diese Vorführung sollte die Bevölkerung des Dorfes Smejowo bei Stara Zagora beruhigen, in dessen Nähe die Raketen-Komplexe vernichtet werden sollen. Trotz der Versicherungen der Militärs und der Vorführung ist die Unruhe unter der Bevölkerung in diesem Gebiet sehr groß. Es begannen Proteste- und Unterschriftsammlungen zum Schutz der Umwelt in der Region. Die Bürgermeister von Stara Zagora und des Dorfes Smejowo stellten sich hinter der Forderungen der Bevölkerung und trafen sich mit dem bulgarischen Staatspräsidenten, dem Verteidigungsminister und der Umweltministerin. Sie fordern weitere Aufklärung über die Entscheidung der Volksversammlung oder ein Gutachten über die Auswirkungen der Vernichtung der Raketen "SS-23" auf die Umwelt sowie über mögliche Risiken dieser Operation. Wie ist die Stimmung in Smejowo, in dessen Nähe die Waffen vernichtet werden sollen? Der Bürgermeister des Dorfes, Slawe Nikolow, dazu:
"Es gibt Spannungen und sie wachsen. Wegen der Sommerferien steigt die Zahl der Einwohner auf mehr als 1000, da alle Schüler aus dem Dorf, aus dem ganzen Land nach Hause kommen - aus Plowdiw, Sofia und anderen Großstädten. Sie machen sich Sorgen und haben guten Grund dazu. Aber sie wissen, dass ich als Bürgermeister des Dorfes, der Bürgermeister von Stara Zagora, der Vorsitzende der Gemeinde Prof. Boschkow und die gesamte Öffentlichkeit von Stara Zagora sich zum Schutz unserer Region erhoben haben, da die Gefahr keineswegs gering ist. Wir bekommen Informationen darüber, was es an Auswirkungen auf die Luft, die Pflanzen, die Tiere und die Menschen geben wird. Wir streben keine heldenhafte Haltung oder Populismus an, und haben keine politischen Hintergedanken. Wir suchen einfach nach Wegen, die Verseuchung einer Region mit sauberer Umwelt zu vermeiden. Wir müssen ein erstes Experiment durchführen, das von Umweltschützern, Ärzten, Geologen und seine Einwirkung auf die Umwelt eingeschätzt werden soll. Es ist ein Monat für die Vorbereitung des Geländes erforderlich, spezieller Zement und temperaturbeständige Armaturen. Außerdem ist die Zufahrt zu dem Ort im Sredna-Gora-Gebirge, wo die Raketen vernichtet werden sollen, noch nicht fertig. Es sollen Gleise und Asphalt- oder Betonstraßen gebaut werden, über die die Sprengköpfe und andere Bestandteile der Raketen transportiert werden. Das heißt, wir haben noch einen Monat Zeit zur Vorbereitung".
Vor der probeweisen Vernichtung der Rakete "SS-23" muss die Einwirkung auf die Umwelt geklärt sein, fordert kategorisch auch die Leitung der Stadt Stara Zagora. Der Vorsitzende des Gemeinderates, Professor Iwan Boschkow sagt, dass es zu Massenprotesten auf den Straßen der Stadt und der Region kommen könnte. Die Frage an Professor Boschkow lautete, welche Rolle die Militärs bei der Lösung dieses Problems spielen?
"Die Militärs müssen laut dem Gesetz diese Einschätzung der Umweltauswirkung durchführen, da es im Gesetz heißt, dass, wer eine Aktion durchführt, auch für die Einschätzung der Folgen zu sorgen hat, auch mit Hilfe von unabhängigen ausländischen Fachleuten, falls es solche in Bulgarien nicht geben sollte. Ich glaube, dass Bulgarien solche Fachleute hat. Aber, falls erforderlich, könnten solche aus dem Ausland geholt werden. Wir sind nicht gegen die Entscheidung, die Rakete zu vernichten, das ist die Haltung des Gemeinderates, der Gemeindeverwaltung und aller politischen Parteien in Stara Zagora ohne Ausnahme. Aber es geht um die Sicherheit der Bürger in dieser Region und in Bulgarien, um die Erhaltung der Umwelt, sowohl gleich nach der Vernichtung der Raketen als auch Monate und Jahre später. Das muss von den entsprechenden Fachleuten mit ihren Unterschriften verbürgt werden. Die Einschätzung der Umweltfolgen soll darstellen, welche eventuellen negativen Folgen zu erwarten sind und welche Maßnahmen von den Bürgern und den zuständigen Organen ergriffen werden müssen." (fp)