"Bulgarien kann auf den sehr guten Fortschritt bei den Verhandlungen stolz sein"
31. Mai 2002Sofia, 31.5.2002, 1005 GMT, RADIO BULGARIEN, deutsch
Der für die Erweiterung zuständige EU-Kommissar Günter Verheugen weilt in Bulgarien zu einem Besuch. Er sprach mit dem bulgarischen Staatspräsidenten Georgi Parwanow, dem Regierungschef Simeon von Sachsen, Coburg und Gotha und dem Außenminister Solomon Passi über die Erfolge bei der Vorbereitung Bulgariens auf einen EU-Beitritt.
Günter Verheugen sprach auch vor dem bulgarischen Parlament und nahm an der Arbeit des Rates für europäische Integration bei der bulgarischen Regierung teil, was neu ist für dieses Gremium. Der Erweiterungskommissar nannte den schnellen Fortschritt Bulgariens bei den Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union eine einzigartige Leistung in der Geschichte der Erweiterung. Dennoch haben seine Worte in Sofia nicht zuviel Erwartungen geweckt, dass Bulgarien mit der ersten Welle in die Europäische Union 2004 aufgenommen werden könnte.
"Bulgarien kann auf den sehr guten Fortschritt bei den Verhandlungen stolz sein", sagte Günter Verheugen. "Wir sollten nicht vergessen, dass das Land die Verhandlungen vor nur zwei Jahren begonnen hat, und inzwischen alle Verhandlungskapitel geöffnet wurden. Das ist wirklich eine einzigartige Leistung in der Geschichte der Erweiterung der Europäischen Union. Es ist ein eindeutiger Ausdruck der Tatsache, dass die politischen und wirtschaftlichen Reformen hier vorankommen. Ich möchte Sie bei diesen Bemühungen mit Nachdruck ermutigen. Ich hoffe, dass die Botschaft, die Ende des Jahres von der Europäischen Union kommt, ermutigend sein wird, und alle Bulgaren überzeugt, dass wir Sie brauchen und möchten, dass Sie zu uns gehören. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern wann Sie der Europäischen Union beitreten werden", sagte Günter Verheugen.
Der Beitrittsprozess Bulgariens ist nach seinen Worten unumkehrbar. Der europäische Kommissar betonte die Tatsache, dass Bulgarien seinen Mehrwert in die Europäische Union bereits einbringt, insbesondere was die Sicherheit in einer Region angeht, die immer noch instabil ist. Die Europäische Union braucht Länder wie Bulgarien mit wichtiger politischer und strategischer Bedeutung für die Stabilität, sagte weiter Günter Verheugen. Er versicherte, dass die positive Rolle, die Bulgarien im Stabilitätspakt für Südosteuropa und im gesamten Prozess der Stabilisierung in der Region spielt, in der Europäischen Union gewürdigt wird. "Ich bin überzeugt, dass Bulgarien Ende des Jahres von der Europäischen Union ein klares und ermutigendes Signal erhalten wird, ein Signal, das es braucht, sagte vor Journalisten der Kommissar Günter Verheugen.
Andererseits gab der Erweiterungskommissar klar zu verstehen, dass keinerlei politische und strategische Überlegungen bei der Erfüllung der konkreten Beitrittskriterien entscheidend sein werden. Er warnte die öffentliche Meinung in Bulgarien, den früheren Beitritt a priori als eine positive und prestigeträchtige Tatsache anzusehen. "Es ist keine Frage des Prestiges, die Frage ist eigentlich, ob die Wirtschaft fähig ist, dem inneren Wettbewerb in der Europäischen Union Stand zu halten oder nicht", sagte Günter Verheugen, "und gegenwärtig ist Ihre Wirtschaft nicht im Stande, in der Konkurrenz zu bestehen. Falls Ihr Land der Europäischen Union unvorbereitet beitritt, könnte das zu einem Wirtschaftskollaps, zu Massenarbeitslosigkeit und zu größerer sozialer Spannung führen. Den Journalisten sagte er, dass die größte Sünde darin bestehen würde, bei den Menschen den Eindruck entstehen zu lassen, dass der Termin des Beitritts zur Europäischen Union eine Frage des nationalen Prestiges ist. "An diese Fragen müssen wir vorsichtig und ausgeglichen im Einklang mit den Interessen der Menschen herangehen. Bevor ein Land der Europäischen Union beitritt, müssen wir sicher sein, dass es politisch, wirtschaftlich und umweltpolitisch überleben kann". (fp)