Brasilien: Wolkenkratzer statt Wildkatzen
Der Lebensraum der brasilianischen Großkatzen schrumpft - Schuld ist die zunehmende Verstädterung. In der Auffangstation Mata Ciliar erholen sich Pumas und Jaguare von Verletzungen, die sie durch Menschen erlitten haben.
Wilde Vielfalt
Ein Jaguar rollt sich im hohen Gras des Mata Ciliar-Schutzzentrums, gelegen im riesigen Mata-Atlantica-Wald im brasilianischen Bundesstaat São Paulo; an kaum einem anderen Ort der Welt gibt es eine so große Wildkatzenvielfalt wie hier. Die Auffangstation erstreckt sich über eine Fläche von 40 Fußballfeldern und beherbergt momentan 25 Pumas und zehn Jaguare.
Grüne Grenze
Wald trifft auf Großstadtdschungel: Wie Pilze schießen Wohnblocks und Einkaufszentren rund um die Wildkatzenauffangstation aus dem Boden. Sie befindet sich nur rund 90 Kilometer entfernt von São Paulo, der größten Metropole Lateinamerikas, die den Spitznamen "steinerner Dschungel" trägt. Fast im Gleichschritt mit der menschliche Expansion schrumpft der Lebensraum von Wildtieren.
Pflaster für den Puma
Neben Großkatzen beherbergt die Station auch Affen, Wildhunde, Mähnenwölfe, Ozelots und andere Wildtiere, die sich hier von Verletzungen erholen. Eines davon ist Barreiro: Der fünfjährige Puma wurde in einer Falle mit einem Stahlseil gefangen. Dabei zog er sich eine tiefe Schnittwunde an der Hüfte zu, die Mitarbeitende der Auffangstation behandeln.
Gefährlich - und gefährdet
Glück gehabt: In der Auffangstation sind die Großkatzen in Sicherheit. In freier Wildbahn sieht das inzwischen anders aus: "Aufgrund der fortschreitenden Verstädterung in seinem natürlichen Lebensraum verläuft sich der Puma bei seinen Wanderungen zwischen Straßen und Wohnsiedlungen", erklärt Jorge Bellix, Präsident des Refugiums, der Nachrichtenagentur AFP.
Beschränkter Freiraum
Die Beschneidung ihres Lebensraumes zwingt die Puma dazu, näher an menschliche Siedlungen heranzurücken, um Nahrung zu finden - das können auch Haus- und Nutztiere sein, da ihre natürliche Nahrung aus Rehen und kleineren Wildtieren immer weniger wird. Doch dabei laufen Großkatzen Gefahr, von Autos überfahren zu werden oder Stromschläge durch Sicherheitszäune zu erleiden.
Vom Jäger zum Gejagten
Auch andere Gefahren lauern: Wie Puma Barreiro können sich die Tiere in Schlingen verfangen, die von Jägern auf der Jagd nach Wildschweinen, aber auch von Anwohnern zur Abwehr von Raubtieren ausgelegt werden. Raubkatzen werden zudem wegen ihrer Felle gewildert. "Wenn das so weitergeht, werden wir leider innerhalb weniger Jahre das Aussterben mehrerer Tierarten erleben", so Bellix.
Zurück in die Freiheit?
"Die Situation ist kritisch: Die Tiere von Sao Paulo verlieren den Krieg gegen die Urbanisierung", sagt Tierärztin Cristina Harumi, die bei der Behandlung von Puma Barreiro geholfen hat und hofft, dass er wieder ausgewildert werden kann. Der Puma, der an der Spitze der Nahrungskette steht, gilt als Bioindikator: Sein Verschwinden wäre ein alarmierendes Zeichen für das Ausmaß der Umweltzerstörung.