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Bosniens SFOR durchsucht Räume der Bosnischen Geheimdienste in beiden Entitäten des Staates

15. Oktober 2003

– Ermittler des Internationalen Strafgerichtshofes sind in der Republika Srpska bei Durchsuchungen dabei

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Bonn, 15.10.2003, DW-radio/Bosnisch

DW-radio/Bosnisch, 14.10.2003, Zoran Pirolic

Die SFOR durchsuchte heute die Räume des Innenministeriums der Föderation von Bosnien-Herzegowina. SFOR-Sprecher begründeten die Aktion mit den Ermächtigungen, die die internationale Schutztruppe durch das Daytoner Friedensabkommen erhalten hat. Gleichzeitig spekuliert die Öffentlichkeit darüber, ob die Durchsuchung mit dem jüngsten Abhörskandal des Geheimdienstes zu tun hatte. Auch die Frage, ob es Pläne eines Staatsstreiches gegeben hat und ob der Führer der Sozialdemokratischen Partei darin verwickelt ist, könnte die Durchsuchung aufklären. Aus Sarajevo berichtet Zoran Pirolic:

Im Rahmen von zuvor nicht angekündigten Inspektionen, die Soldaten der Internationalen Schutztruppe, SFOR, bei Institutionen von Bosnien und Herzegowina durchführten, wurden in jüngster Zeit stärker Institutionen in Sarajevo durchsucht. Nach einer Razzia bei der Telekom der Föderation von Bosnien und Herzegowina vor einigen Tagen haben italienische Carabinieri und SFOR-Soldaten heute Räume im Innenministerium der Föderation sowie beim Geheimdienst der Föderation (FOS) durchsucht. Der SFOR-Pressesprecher, der kanadische Kapitän Dave Sullivan, sagte: "Wir suchen nach Informationen über die Einhaltung [bzw. den Bruch] des Daytoner Friedensvertrages." Auf die Frage eines Journalisten, ob denn etwas gefunden wurde, sagte Sullivan: "Wie Sie wissen, sind die Ermittlungen noch im Gange. Ich kann also zu dieser Zeit keine weiteren Details nennen." Auch der Pressesprecher des Innenministeriums Robert Cvrtak nannte keine weiteren Details über diese unangekündigte SFOR-Aktion: "Ich kann in diesem Augenblick nichts sagen."

Bei früheren derartigen Inspektionen waren die SFOR-Ermittler vor allem an illegalen Aktivitäten der durchsuchten Institutionen interessiert, die im Widerspruch zum Daytoner Friedensabkommen stehen, insbesondere an Informationen zu Abhörmaßnahmen gegen internationale Organisationen, aber auch gegen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens von Bosnien und Herzegowina. Gestern verabschiedete das Parlament von Bosnien und Herzegowina einen Beschluss, nach dem eine Sonderkommission eine Untersuchung zu einem angeblich geplanten Staatsstreich durchführen soll. Der Föderationsgeheimdienst, FOS, hatte den Skandal ausgelöst, indem unbekannte FOS-Mitarbeiter angebliche Abhörprotokolle von Gesprächen des ehemaligen Premierministers Zlatko Lagumdzija der Presse zugespielt hatten. Die Protokolle sollten beweisen, dass Lagumdzija einen Staatsstreich geplant hatte. Lagumdzija forderte nun: "Welche Maßnahmen nun ergriffen werden müssen, hängt natürlich davon ab, wer für die Anschuldigungen gegen mich verantwortlich ist, die völlig falsch sind. Es müssen auch Maßnahmen ergriffen werden, um das geschädigte Ansehen des Staates zu schützen."

Darüber, ob der Skandal über den angeblichen Staatsstreich die SFOR-Aktion gegen FOS beschleunigt hat, kann derzeit nur spekuliert werden. Die Opposition wirft FOS vor, illegal Personen abgehört zu haben. Bei früheren ähnlichen SFOR-Razzien hat sich die internationale Schutztruppe nicht besonders bemüht, der Öffentlichkeit die Ergebnisse ihrer Ermittlungen schnell mitzuteilen. (Übersetzung: Fabian Schmidt) (md)

DW-radio/Bosnisch, 15.10.2003, Mladen Sipka

SFOR-Sprecher Ron Carlson bestätigte heute, dass Ermittler des Haager Tribunals (Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien, ICTY – MD) mit Hilfe von SFOR vier Orte in der Republika Srpska durchsuchen. In allen Fällen handelt es sich um Gebäude des hiesigen Geheimdienstes. Die Aktion solle heute oder morgen beendet werden. Aus Banja Luka berichtet Mladen Sipka:

Am Himmel über Banja Luka sind erneut Helikopter aufgetaucht - mit kanadischen und britischen SFOR-Soldaten, die Ermittler des Den Haager Kriegsverbrechertribunals begleiten. Major Ron Carlson, Pressesprecher der Multinationalen Brigade Nordwest, die nahe Banja Luka liegt, bestätigt, dass Ermittler des Den Haager Tribunals eine unangekündigte Inspektion an vier Orten in dieser Region durchführen: "Heute Morgen haben Mitglieder des Internationalen Kriegsverbrechertribunals unterstützt durch Soldaten der Multinationalen Brigade Nordwest unangekündigte Inspektionen durchgeführt, alle Büros gehören zum Geheimdienst der Republika Srpska, eines der Büros befindet sich in Prijedor und Mrkonjic Grad und zwei in Banja Luka."

Außer der Nachricht, dass diese Aktion ein oder zwei Tage dauern wird, haben die Journalisten nichts weiter über die Inspektionen erfahren, die in der Öffentlichkeit großes Interesse geweckt haben. Mehr Glück hatten die Journalisten auch nicht vor dem Gebäude des Geheimdienstes, vor dem derzeit starke britische und kanadische SFOR-Einheiten, Angehörige der hiesigen Polizei sowie Vertreter der Polizeimission der Europäischen Union Stellung bezogen haben. Kameraleuten und Fotografen wurde verboten, die Ermittler des Den Haager Tribunals zu filmen oder zu fotografieren.

Ziel der Ermittlungen sind offensichtlich Dokumente und Beweisstücke, aber auf diese Frage gibt es keine Antwort. Dem können wir nur noch hinzufügen, dass Major Carlson für die Kooperation des Geheimdienstes dankte. (Übersetzung: Fabian Schmidt) (md)